Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.verbunden sind. Der letztere Umstand einerseits, und die Aermlichkeit des "Irchzustcinde im Kerzogthum Mtenöurg. Die Preßverhältnisse im Herzogthum Altenburg sind nicht wohl verständ¬ verbunden sind. Der letztere Umstand einerseits, und die Aermlichkeit des "Irchzustcinde im Kerzogthum Mtenöurg. Die Preßverhältnisse im Herzogthum Altenburg sind nicht wohl verständ¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143306"/> <p xml:id="ID_736" prev="#ID_735"> verbunden sind. Der letztere Umstand einerseits, und die Aermlichkeit des<lb/> Volkswohlstandes andrerseits haben es zu Wege gebracht, daß die Geldbußen<lb/> in der Praxis der deutscheu Gerichte fast bedeutungslos geblieben sind." Frankreich<lb/> und England sind uns darin weit voraus. Wir haben uns so vollständig in<lb/> die Arithmetik der Freiheitseutziehungen verrannt, daß wir übersehen haben,<lb/> wie gerade in unserm Zeitalter des Materialismus und Jndustrialismus, der<lb/> leidenschaftlichen Gewinnsucht und des rücksichtslosen wirthschaftlichen Wettbe¬<lb/> werbes empfindliche Bußen an Geld die eigentlich wirkenden Motive zahlreicher<lb/> strafbarer Handlungen viel unmittelbarer und fühlbarer treffen, als kurze Haft.<lb/> Aber freilich, will man von den Geldstrafen ernstlicher Gebrauch machen, als<lb/> bisher üblich war, so muß man sie auch so zumessen und vollziehen, daß sie<lb/> das Vermögen des Verurtheilten wesentlich vermindern, daß dessen Besitz, dessen<lb/> wirthschaftliche Existenz wirklich gefährdet wird, und daß die bequeme, für den<lb/> Werth der Freiheitsstrafen recht charakteristische Neigung, die Geldbußen „abzu¬<lb/> sitzen", nicht mehr diese Wahl treffen kann. „Wer durch die Mri saviA lÄrnss<lb/> gesündigt hat, mag fortan in Armuth und Entbehrung am eignen Leibe erfahren,<lb/> was Hunger leiden heißt."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> "Irchzustcinde im Kerzogthum Mtenöurg.</head><lb/> <p xml:id="ID_737" next="#ID_738"> Die Preßverhältnisse im Herzogthum Altenburg sind nicht wohl verständ¬<lb/> lich ohne Kenntniß des Bodens, ans dem sie erwachsen sind. Das Herzog¬<lb/> thum, einer der gesegnetsten Striche Deutschlands, war bis zum Jahre 1826<lb/> nur ein Theil des Gesammtherzogthums Gotha mit einem besondern Regie¬<lb/> rungskollegium in der Stadt Altenburg. Bei der Abwesenheit des Monarchen,<lb/> welcher in Gotha residirte, machten sich an dem Sitze dieses Regierungskolle¬<lb/> giums bald einzelne Familien und Kreise geltend, die, mehr oder weniger be¬<lb/> merkt, die Leitung des Landes in der Hand hatten, und die „unter sich" über<lb/> die wichtigsten Posten des kleinen, äußerst gesegneten Landes verfügten. Etwas<lb/> zurückgebannt wurde dieser Einfluß, als das Herzogthum 1826 von Gotha<lb/> abgelöst wurde und eine eigene Regentenfamilie bekam; aber immer noch blieben<lb/> die Patrizierfamilien im Besitze der wichtigsten Posten, und in der Hauptstadt<lb/> Altenburg insbesondere ließ man nicht leicht Persönlichkeiten eindringen, die<lb/> nicht zur Coterie gehörten, oder deren unbedingter Anhänglichkeit an dieselbe<lb/> man nicht sicher war. Bei der Abgeschlossenheit des Landes wurden diese Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
verbunden sind. Der letztere Umstand einerseits, und die Aermlichkeit des
Volkswohlstandes andrerseits haben es zu Wege gebracht, daß die Geldbußen
in der Praxis der deutscheu Gerichte fast bedeutungslos geblieben sind." Frankreich
und England sind uns darin weit voraus. Wir haben uns so vollständig in
die Arithmetik der Freiheitseutziehungen verrannt, daß wir übersehen haben,
wie gerade in unserm Zeitalter des Materialismus und Jndustrialismus, der
leidenschaftlichen Gewinnsucht und des rücksichtslosen wirthschaftlichen Wettbe¬
werbes empfindliche Bußen an Geld die eigentlich wirkenden Motive zahlreicher
strafbarer Handlungen viel unmittelbarer und fühlbarer treffen, als kurze Haft.
Aber freilich, will man von den Geldstrafen ernstlicher Gebrauch machen, als
bisher üblich war, so muß man sie auch so zumessen und vollziehen, daß sie
das Vermögen des Verurtheilten wesentlich vermindern, daß dessen Besitz, dessen
wirthschaftliche Existenz wirklich gefährdet wird, und daß die bequeme, für den
Werth der Freiheitsstrafen recht charakteristische Neigung, die Geldbußen „abzu¬
sitzen", nicht mehr diese Wahl treffen kann. „Wer durch die Mri saviA lÄrnss
gesündigt hat, mag fortan in Armuth und Entbehrung am eignen Leibe erfahren,
was Hunger leiden heißt."
"Irchzustcinde im Kerzogthum Mtenöurg.
Die Preßverhältnisse im Herzogthum Altenburg sind nicht wohl verständ¬
lich ohne Kenntniß des Bodens, ans dem sie erwachsen sind. Das Herzog¬
thum, einer der gesegnetsten Striche Deutschlands, war bis zum Jahre 1826
nur ein Theil des Gesammtherzogthums Gotha mit einem besondern Regie¬
rungskollegium in der Stadt Altenburg. Bei der Abwesenheit des Monarchen,
welcher in Gotha residirte, machten sich an dem Sitze dieses Regierungskolle¬
giums bald einzelne Familien und Kreise geltend, die, mehr oder weniger be¬
merkt, die Leitung des Landes in der Hand hatten, und die „unter sich" über
die wichtigsten Posten des kleinen, äußerst gesegneten Landes verfügten. Etwas
zurückgebannt wurde dieser Einfluß, als das Herzogthum 1826 von Gotha
abgelöst wurde und eine eigene Regentenfamilie bekam; aber immer noch blieben
die Patrizierfamilien im Besitze der wichtigsten Posten, und in der Hauptstadt
Altenburg insbesondere ließ man nicht leicht Persönlichkeiten eindringen, die
nicht zur Coterie gehörten, oder deren unbedingter Anhänglichkeit an dieselbe
man nicht sicher war. Bei der Abgeschlossenheit des Landes wurden diese Ver-
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