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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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als dritter im Bunde die Sonne erscheint, so wird das Bild durch eine Sonnen-
finsterniß oder, wenn die Sonne fehlt und gerade gegenübersteht, durch eine
Mondfinsterniß noch mannigfaltiger. Vom Mars aus den Himmel zu be¬
trachten, wäre in der That ein viel herrlicheres Schauspiel als von der Erde aus.

Was hat nun die Beobachtung für die Oberfläche des Mars ergeben?
Schon seit langer Zeit hat man an den Polen des Planeten glänzend weiße
Flecke bemerkt. Was ist es, das hier das Licht der Sonne so beträchtlich
zurückstrahlt? Ist es ein blendend weißes Gestein, Quarz oder dergleichen?
Ist es Eis oder Schnee, wie an den Polen der Erde? -- Wenn diese Flecke
aus Eis bestehen, so müssen sie im Laufe des Sommers sich verkleinern. Nun
kehrte uns im Jahre 1877 der Mars den größeren, südlichen Polarfleck zu,
und Schiaparelli faud durch genaue Messungen, daß derselbe sich im Laufe
seines Sommers thatsächlich verkleinerte und analog den terrestrischen Verhält¬
nissen einige Zeit nach der Sonnenwende am kleinsten erschien. Da ferner
auf der südlichen Halbkugel der Winter bedeutend länger ist als auf der nörd¬
lichen, so muß auch, wenn die Polarflecke aus Eis bestehen, der südliche eine
größere Ausdehnung erlangen als der nördliche, auch muß er schneller ab¬
schmelzen, da während des Sommers ans der Südhälfte der Planet der Sonne
am nächsten steht. Beides hat die Beobachtung bestätigt, sie hat die Verhältnisse
als den irdischen völlig analog erwiesen. Daß also der Mars Wasser besitzt,
darf nun -- zumal da auch die spektroskopischen Beobachtungen dafür sprechen --
mit Sicherheit angenommen werden. Auch dürfen wir die häufigen Trü¬
bungen nun für Wolken halten, die allerdings nicht so dauernd wie bei der Erde
auftreten, wo sie Tage lang den Anblick des Planeten verhindern würden.

Dies Ergebniß läßt nun aber auch über die dunklen Stellen des Mars
keinen Zweifel mehr. Das Wasser hat sich in Seen und Meere gesammelt,
und da es das Sonnenlicht mehr verschluckt als der feste Boden, so kennzeichnen
sich diese Meere durch die dunkle Schattirung. Schiaparelli hat beobachtet, daß
alle diese dunklen Partieen des Mars in Zusammenhang stehen und die ganze
Kugel als große Flächen oder als Netzwerk umgeben, wie seine Karte zeigt, die
ein treffliches Bild des Beobachteten gibt. Durch diese Karte wurde es möglich,
auch das Größenverhältniß vou Wasser und Land festzustellen. Es beträgt
etwa 4 zu 3, so daß das feste Land auf dem Mars überragt, während auf
der Erde nur ein Viertel der Oberfläche fest ist. Auch befindet sich, wie auf
der Erde, die größte Menge des Wassers auf der südlichen Hälfte. Es strömt
in Kanälen von süd-nördlicher Richtung, eine Thatsache, welche für die Prü¬
fung der Theorieen über die Entstehung der sogenannten Eiszeit auf der Erde
von großer Bedeutung zu werden verspricht.

Am Rande des Mars bemerkt man einen schmalen Lichtring. Offenbar


als dritter im Bunde die Sonne erscheint, so wird das Bild durch eine Sonnen-
finsterniß oder, wenn die Sonne fehlt und gerade gegenübersteht, durch eine
Mondfinsterniß noch mannigfaltiger. Vom Mars aus den Himmel zu be¬
trachten, wäre in der That ein viel herrlicheres Schauspiel als von der Erde aus.

Was hat nun die Beobachtung für die Oberfläche des Mars ergeben?
Schon seit langer Zeit hat man an den Polen des Planeten glänzend weiße
Flecke bemerkt. Was ist es, das hier das Licht der Sonne so beträchtlich
zurückstrahlt? Ist es ein blendend weißes Gestein, Quarz oder dergleichen?
Ist es Eis oder Schnee, wie an den Polen der Erde? — Wenn diese Flecke
aus Eis bestehen, so müssen sie im Laufe des Sommers sich verkleinern. Nun
kehrte uns im Jahre 1877 der Mars den größeren, südlichen Polarfleck zu,
und Schiaparelli faud durch genaue Messungen, daß derselbe sich im Laufe
seines Sommers thatsächlich verkleinerte und analog den terrestrischen Verhält¬
nissen einige Zeit nach der Sonnenwende am kleinsten erschien. Da ferner
auf der südlichen Halbkugel der Winter bedeutend länger ist als auf der nörd¬
lichen, so muß auch, wenn die Polarflecke aus Eis bestehen, der südliche eine
größere Ausdehnung erlangen als der nördliche, auch muß er schneller ab¬
schmelzen, da während des Sommers ans der Südhälfte der Planet der Sonne
am nächsten steht. Beides hat die Beobachtung bestätigt, sie hat die Verhältnisse
als den irdischen völlig analog erwiesen. Daß also der Mars Wasser besitzt,
darf nun — zumal da auch die spektroskopischen Beobachtungen dafür sprechen —
mit Sicherheit angenommen werden. Auch dürfen wir die häufigen Trü¬
bungen nun für Wolken halten, die allerdings nicht so dauernd wie bei der Erde
auftreten, wo sie Tage lang den Anblick des Planeten verhindern würden.

Dies Ergebniß läßt nun aber auch über die dunklen Stellen des Mars
keinen Zweifel mehr. Das Wasser hat sich in Seen und Meere gesammelt,
und da es das Sonnenlicht mehr verschluckt als der feste Boden, so kennzeichnen
sich diese Meere durch die dunkle Schattirung. Schiaparelli hat beobachtet, daß
alle diese dunklen Partieen des Mars in Zusammenhang stehen und die ganze
Kugel als große Flächen oder als Netzwerk umgeben, wie seine Karte zeigt, die
ein treffliches Bild des Beobachteten gibt. Durch diese Karte wurde es möglich,
auch das Größenverhältniß vou Wasser und Land festzustellen. Es beträgt
etwa 4 zu 3, so daß das feste Land auf dem Mars überragt, während auf
der Erde nur ein Viertel der Oberfläche fest ist. Auch befindet sich, wie auf
der Erde, die größte Menge des Wassers auf der südlichen Hälfte. Es strömt
in Kanälen von süd-nördlicher Richtung, eine Thatsache, welche für die Prü¬
fung der Theorieen über die Entstehung der sogenannten Eiszeit auf der Erde
von großer Bedeutung zu werden verspricht.

Am Rande des Mars bemerkt man einen schmalen Lichtring. Offenbar


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[0240] als dritter im Bunde die Sonne erscheint, so wird das Bild durch eine Sonnen- finsterniß oder, wenn die Sonne fehlt und gerade gegenübersteht, durch eine Mondfinsterniß noch mannigfaltiger. Vom Mars aus den Himmel zu be¬ trachten, wäre in der That ein viel herrlicheres Schauspiel als von der Erde aus. Was hat nun die Beobachtung für die Oberfläche des Mars ergeben? Schon seit langer Zeit hat man an den Polen des Planeten glänzend weiße Flecke bemerkt. Was ist es, das hier das Licht der Sonne so beträchtlich zurückstrahlt? Ist es ein blendend weißes Gestein, Quarz oder dergleichen? Ist es Eis oder Schnee, wie an den Polen der Erde? — Wenn diese Flecke aus Eis bestehen, so müssen sie im Laufe des Sommers sich verkleinern. Nun kehrte uns im Jahre 1877 der Mars den größeren, südlichen Polarfleck zu, und Schiaparelli faud durch genaue Messungen, daß derselbe sich im Laufe seines Sommers thatsächlich verkleinerte und analog den terrestrischen Verhält¬ nissen einige Zeit nach der Sonnenwende am kleinsten erschien. Da ferner auf der südlichen Halbkugel der Winter bedeutend länger ist als auf der nörd¬ lichen, so muß auch, wenn die Polarflecke aus Eis bestehen, der südliche eine größere Ausdehnung erlangen als der nördliche, auch muß er schneller ab¬ schmelzen, da während des Sommers ans der Südhälfte der Planet der Sonne am nächsten steht. Beides hat die Beobachtung bestätigt, sie hat die Verhältnisse als den irdischen völlig analog erwiesen. Daß also der Mars Wasser besitzt, darf nun — zumal da auch die spektroskopischen Beobachtungen dafür sprechen — mit Sicherheit angenommen werden. Auch dürfen wir die häufigen Trü¬ bungen nun für Wolken halten, die allerdings nicht so dauernd wie bei der Erde auftreten, wo sie Tage lang den Anblick des Planeten verhindern würden. Dies Ergebniß läßt nun aber auch über die dunklen Stellen des Mars keinen Zweifel mehr. Das Wasser hat sich in Seen und Meere gesammelt, und da es das Sonnenlicht mehr verschluckt als der feste Boden, so kennzeichnen sich diese Meere durch die dunkle Schattirung. Schiaparelli hat beobachtet, daß alle diese dunklen Partieen des Mars in Zusammenhang stehen und die ganze Kugel als große Flächen oder als Netzwerk umgeben, wie seine Karte zeigt, die ein treffliches Bild des Beobachteten gibt. Durch diese Karte wurde es möglich, auch das Größenverhältniß vou Wasser und Land festzustellen. Es beträgt etwa 4 zu 3, so daß das feste Land auf dem Mars überragt, während auf der Erde nur ein Viertel der Oberfläche fest ist. Auch befindet sich, wie auf der Erde, die größte Menge des Wassers auf der südlichen Hälfte. Es strömt in Kanälen von süd-nördlicher Richtung, eine Thatsache, welche für die Prü¬ fung der Theorieen über die Entstehung der sogenannten Eiszeit auf der Erde von großer Bedeutung zu werden verspricht. Am Rande des Mars bemerkt man einen schmalen Lichtring. Offenbar

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/240>, abgerufen am 23.07.2024.