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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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thuender Weise dämpft. Baumeister Heyden, der Erbauer der "Passage" (Kaiser¬
galerie), hat in dem Arrangement dieses Raumes nicht blos ein glänzendes Zeug¬
niß originellen und harmonischen Farbensinns abgelegt, sondern auch den Ruhm
der Berliner Architektur gerettet, die auf der Ausstellung sehr spärlich, nur durch
8 Namen, vertreten ist. Freilich ist diese geringe Betheiligung dadurch zu ent¬
schuldigen, daß unsere baukünstlerische Kräfte durch die Berliner GeWerbeaus¬
stellung stark in Anspruch genommen worden sind. Auch ist die Zeit größeren
Bauprojekten ungünstiger als je.

Auch Graf Harrach's "Verleugnung Petri" fordert zu Vergleichen mit
Werner's verunglücktem Altarbilde heraus. Auch hier ist es wiederum die
Noblesse des Tons und der Haltung, die geistige Belebung, welche gegen Werner
zu Harrach's Gunsten spricht. Durch Energie und Fleiß hat Gras Harrach
die meisten Schwierigkeiten überwunden, welche ihm sein spätes Eintreten in die
künstlerische Laufbahn bereitet hat, und nur hie und da guckt noch aus einem
Winkel der Dilettant hervor, der lieber feinen geistreichen Einfällen, als den
strengen Gesetzen der Kunst folgt. Dagegen ist Graf Harrach durch echt künst¬
lerisches Empfinden vielen feiner Kunstgenossen und zumeist A. v. Werner
überlegen. Die Gestalt Petri, der sich völlig zerknirscht, gebeugten Hauptes,
mit dem Rücken an die Marmorwand des Hofes lehnt, während der Herr von
zwei Kriegsknechten fortgeführt wird, bildet den Mittelpunkt der Komposition.
Auf ihn richtet sich der vorwurfsvolle Blick des Heilands, den ein Kriegs¬
knecht mit rauher Hand an den Schultern packt, auf ihn zeigt höhnend die
Magd, die im Hintergrunde mit dem Kruge auf, dem Haupte die Treppe
hinaufsteigt, welche in das Innere des Palastes führt, ihm wendet sich die
Aufmerksamkeit der Krieger zu, die um das im Erlöschen begriffene Feuer
kauern. Hat der Künstler im physiognomischen Ausdruck der fast lebens¬
großen Figuren eine große Mannigfaltigkeit und Tiefe erreicht, so hat er
nach der koloristischen Seite dnrch eine kräftige Färbung und durch treue
Nachbildung des Stofflichen, der Gewänder, der Waffen, des Marmors
u. f. w. die höchste Realität angestrebt. In den Schilden, die, vom Feuer
bestrahlt, rechts an der Mauer lehnen, ist ihm dies auch in hohem Grade
gelungen, während dem krähenden Hahn auf dem dürren Baume, seinem Hühner¬
volke und dem Pfau auf dem Gemäuer des Hofes eine größere Modellwahr¬
heit zu wünschen wäre.

Wie immer prcivalirt auch in diesem Jahre die Porträtmalerei durch ihren
Durchschnittswerth über die übrigen Fächer. Wir hätten nicht geglaubt, daß
Gustav Richter seine Meisterleistung des vorigen Jahres, das Porträt der
Gräfin Karolyi, das ich vor Jahresfrist an dieser Stelle ausführlich analysirt
habe, noch übertreffen könnte. Und doch hat er dieses Meisterwerk seiner


thuender Weise dämpft. Baumeister Heyden, der Erbauer der „Passage" (Kaiser¬
galerie), hat in dem Arrangement dieses Raumes nicht blos ein glänzendes Zeug¬
niß originellen und harmonischen Farbensinns abgelegt, sondern auch den Ruhm
der Berliner Architektur gerettet, die auf der Ausstellung sehr spärlich, nur durch
8 Namen, vertreten ist. Freilich ist diese geringe Betheiligung dadurch zu ent¬
schuldigen, daß unsere baukünstlerische Kräfte durch die Berliner GeWerbeaus¬
stellung stark in Anspruch genommen worden sind. Auch ist die Zeit größeren
Bauprojekten ungünstiger als je.

Auch Graf Harrach's „Verleugnung Petri" fordert zu Vergleichen mit
Werner's verunglücktem Altarbilde heraus. Auch hier ist es wiederum die
Noblesse des Tons und der Haltung, die geistige Belebung, welche gegen Werner
zu Harrach's Gunsten spricht. Durch Energie und Fleiß hat Gras Harrach
die meisten Schwierigkeiten überwunden, welche ihm sein spätes Eintreten in die
künstlerische Laufbahn bereitet hat, und nur hie und da guckt noch aus einem
Winkel der Dilettant hervor, der lieber feinen geistreichen Einfällen, als den
strengen Gesetzen der Kunst folgt. Dagegen ist Graf Harrach durch echt künst¬
lerisches Empfinden vielen feiner Kunstgenossen und zumeist A. v. Werner
überlegen. Die Gestalt Petri, der sich völlig zerknirscht, gebeugten Hauptes,
mit dem Rücken an die Marmorwand des Hofes lehnt, während der Herr von
zwei Kriegsknechten fortgeführt wird, bildet den Mittelpunkt der Komposition.
Auf ihn richtet sich der vorwurfsvolle Blick des Heilands, den ein Kriegs¬
knecht mit rauher Hand an den Schultern packt, auf ihn zeigt höhnend die
Magd, die im Hintergrunde mit dem Kruge auf, dem Haupte die Treppe
hinaufsteigt, welche in das Innere des Palastes führt, ihm wendet sich die
Aufmerksamkeit der Krieger zu, die um das im Erlöschen begriffene Feuer
kauern. Hat der Künstler im physiognomischen Ausdruck der fast lebens¬
großen Figuren eine große Mannigfaltigkeit und Tiefe erreicht, so hat er
nach der koloristischen Seite dnrch eine kräftige Färbung und durch treue
Nachbildung des Stofflichen, der Gewänder, der Waffen, des Marmors
u. f. w. die höchste Realität angestrebt. In den Schilden, die, vom Feuer
bestrahlt, rechts an der Mauer lehnen, ist ihm dies auch in hohem Grade
gelungen, während dem krähenden Hahn auf dem dürren Baume, seinem Hühner¬
volke und dem Pfau auf dem Gemäuer des Hofes eine größere Modellwahr¬
heit zu wünschen wäre.

Wie immer prcivalirt auch in diesem Jahre die Porträtmalerei durch ihren
Durchschnittswerth über die übrigen Fächer. Wir hätten nicht geglaubt, daß
Gustav Richter seine Meisterleistung des vorigen Jahres, das Porträt der
Gräfin Karolyi, das ich vor Jahresfrist an dieser Stelle ausführlich analysirt
habe, noch übertreffen könnte. Und doch hat er dieses Meisterwerk seiner


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[0464] thuender Weise dämpft. Baumeister Heyden, der Erbauer der „Passage" (Kaiser¬ galerie), hat in dem Arrangement dieses Raumes nicht blos ein glänzendes Zeug¬ niß originellen und harmonischen Farbensinns abgelegt, sondern auch den Ruhm der Berliner Architektur gerettet, die auf der Ausstellung sehr spärlich, nur durch 8 Namen, vertreten ist. Freilich ist diese geringe Betheiligung dadurch zu ent¬ schuldigen, daß unsere baukünstlerische Kräfte durch die Berliner GeWerbeaus¬ stellung stark in Anspruch genommen worden sind. Auch ist die Zeit größeren Bauprojekten ungünstiger als je. Auch Graf Harrach's „Verleugnung Petri" fordert zu Vergleichen mit Werner's verunglücktem Altarbilde heraus. Auch hier ist es wiederum die Noblesse des Tons und der Haltung, die geistige Belebung, welche gegen Werner zu Harrach's Gunsten spricht. Durch Energie und Fleiß hat Gras Harrach die meisten Schwierigkeiten überwunden, welche ihm sein spätes Eintreten in die künstlerische Laufbahn bereitet hat, und nur hie und da guckt noch aus einem Winkel der Dilettant hervor, der lieber feinen geistreichen Einfällen, als den strengen Gesetzen der Kunst folgt. Dagegen ist Graf Harrach durch echt künst¬ lerisches Empfinden vielen feiner Kunstgenossen und zumeist A. v. Werner überlegen. Die Gestalt Petri, der sich völlig zerknirscht, gebeugten Hauptes, mit dem Rücken an die Marmorwand des Hofes lehnt, während der Herr von zwei Kriegsknechten fortgeführt wird, bildet den Mittelpunkt der Komposition. Auf ihn richtet sich der vorwurfsvolle Blick des Heilands, den ein Kriegs¬ knecht mit rauher Hand an den Schultern packt, auf ihn zeigt höhnend die Magd, die im Hintergrunde mit dem Kruge auf, dem Haupte die Treppe hinaufsteigt, welche in das Innere des Palastes führt, ihm wendet sich die Aufmerksamkeit der Krieger zu, die um das im Erlöschen begriffene Feuer kauern. Hat der Künstler im physiognomischen Ausdruck der fast lebens¬ großen Figuren eine große Mannigfaltigkeit und Tiefe erreicht, so hat er nach der koloristischen Seite dnrch eine kräftige Färbung und durch treue Nachbildung des Stofflichen, der Gewänder, der Waffen, des Marmors u. f. w. die höchste Realität angestrebt. In den Schilden, die, vom Feuer bestrahlt, rechts an der Mauer lehnen, ist ihm dies auch in hohem Grade gelungen, während dem krähenden Hahn auf dem dürren Baume, seinem Hühner¬ volke und dem Pfau auf dem Gemäuer des Hofes eine größere Modellwahr¬ heit zu wünschen wäre. Wie immer prcivalirt auch in diesem Jahre die Porträtmalerei durch ihren Durchschnittswerth über die übrigen Fächer. Wir hätten nicht geglaubt, daß Gustav Richter seine Meisterleistung des vorigen Jahres, das Porträt der Gräfin Karolyi, das ich vor Jahresfrist an dieser Stelle ausführlich analysirt habe, noch übertreffen könnte. Und doch hat er dieses Meisterwerk seiner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/464>, abgerufen am 27.11.2024.