Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

rvthglühendes Eisen in den Mund. Er aber blieb hoch aufgerichtet vor ihnen
stehen und ließ keinen Laut des Schmerzes hören, so daß sie, um ihn zu be¬
wältigen, andere Mittel versuchten. Sie entkleideten Lalemant, umhüllten seinen
Körper mit Rindenstücken, die sie mit Pech bestrichen hatten, und führten ihn
vor seinen Freund und Oberen. Als er dessen Zustand sah, warf er sich ihm
mit den Worten des Apostels Paulus zu Füßen: "Wir sollen ein Schauspiel
sein der Welt, den Engeln und den Menschen." Die Irokesen rissen ihn empor,
befestigten ihn an einem Baumstamm und zündeten sein Rindenkleid an. Als
die Flamme emporzüngelte, streckte er, zart und schwächlich, wie er war, die
Arme mit einem Schrei um Gnade gen Himmel aus. Dann hingen sie Brebenf
eine Kette von glühenden Beilen um den Hals. Aber der unbezwingbare
Priester stand fest wie ein Felsen. Ein Hurone, der einst Christ gewesen, aber
dann von den Irokesen gefangen genommen und von ihnen adoptirt worden
war, schlug mit der Bosheit eines Abtrünnigen vor, ihnen kochendes Wasser
über die Köpfe zu gießen, da sie so viel kaltes Wasser auf Andere ausgegossen
hätten. So wurde denn ein Kessel über das Feuer gestellt und das Wasser,
als es brodelte, langsam über die Häupter der Missionäre ausgeschüttet, wobei
man ihnen zurief: "Wir taufen euch, denn niemand wird ohne ordentliche
Taufe erlöst." Brebeuf regte sich nicht. In ihrer Wuth schnitten ihm seine
Peiniger Fleischstreifen aus Brust und Armen und verschlangen sie, vor seinen
Augen. Er ließ es geduldig geschehen. Nach einer Reihenfolge anderer Mar¬
tern skalpirten sie ihn, und als sie bemerkten, daß er fast todt war, schnitten
sie ihm die Brust auf, um das hervorquellende Blut zu trinken. Zuletzt riß
ihm ein Häuptling das Herz heraus und verzehrte es.

So endete Jean de Brebeuf, der Begründer der huronischen Mission, ihr
größter Held und ihr standhaftester Märtyrer. Er stammte aus einem edeln
Hause der Bretagne und starb dessen würdig den Ueberwindertod. Der physisch
weit schwächere Lalemant war seiner Naturanlage nach nicht im Stande, eine
so heroische Tapferkeit wie sein Genosse zu entfalten, und er hatte länger zu
leiden. Nach einem Hause gebracht, wurde er die ganze Nacht hindurch ge¬
martert, bis ihn am Morgen ein Irokese, dem diese Unterhaltung langweilig
geworden, mit dem Tomahawk tödtete. Man berichtet, daß er zu Zeiten außer
sich war, dann aber, sich wieder ermannend, mit ausgestreckten Armen seine
Schmerzen dem Himmel als Opfer darbot. Sein starker Freund hatte die
Peinigung 4 Stunden ertragen, er aber hielt sie beinahe 17 Stunden ans.

Die Körper der beiden Märtyrer wurden von den Jesuiten nach Sainte
Marie gebracht und auf dem dortigen Kirchhofe begraben. Der Schädel
Brebeuf's aber wird, in Silber gefaßt, von den Nonnen des Hütel-Dieu in
Quebek als Reliquie noch heute mit frommer Sorgfalt aufbewahrt.


rvthglühendes Eisen in den Mund. Er aber blieb hoch aufgerichtet vor ihnen
stehen und ließ keinen Laut des Schmerzes hören, so daß sie, um ihn zu be¬
wältigen, andere Mittel versuchten. Sie entkleideten Lalemant, umhüllten seinen
Körper mit Rindenstücken, die sie mit Pech bestrichen hatten, und führten ihn
vor seinen Freund und Oberen. Als er dessen Zustand sah, warf er sich ihm
mit den Worten des Apostels Paulus zu Füßen: „Wir sollen ein Schauspiel
sein der Welt, den Engeln und den Menschen." Die Irokesen rissen ihn empor,
befestigten ihn an einem Baumstamm und zündeten sein Rindenkleid an. Als
die Flamme emporzüngelte, streckte er, zart und schwächlich, wie er war, die
Arme mit einem Schrei um Gnade gen Himmel aus. Dann hingen sie Brebenf
eine Kette von glühenden Beilen um den Hals. Aber der unbezwingbare
Priester stand fest wie ein Felsen. Ein Hurone, der einst Christ gewesen, aber
dann von den Irokesen gefangen genommen und von ihnen adoptirt worden
war, schlug mit der Bosheit eines Abtrünnigen vor, ihnen kochendes Wasser
über die Köpfe zu gießen, da sie so viel kaltes Wasser auf Andere ausgegossen
hätten. So wurde denn ein Kessel über das Feuer gestellt und das Wasser,
als es brodelte, langsam über die Häupter der Missionäre ausgeschüttet, wobei
man ihnen zurief: „Wir taufen euch, denn niemand wird ohne ordentliche
Taufe erlöst." Brebeuf regte sich nicht. In ihrer Wuth schnitten ihm seine
Peiniger Fleischstreifen aus Brust und Armen und verschlangen sie, vor seinen
Augen. Er ließ es geduldig geschehen. Nach einer Reihenfolge anderer Mar¬
tern skalpirten sie ihn, und als sie bemerkten, daß er fast todt war, schnitten
sie ihm die Brust auf, um das hervorquellende Blut zu trinken. Zuletzt riß
ihm ein Häuptling das Herz heraus und verzehrte es.

So endete Jean de Brebeuf, der Begründer der huronischen Mission, ihr
größter Held und ihr standhaftester Märtyrer. Er stammte aus einem edeln
Hause der Bretagne und starb dessen würdig den Ueberwindertod. Der physisch
weit schwächere Lalemant war seiner Naturanlage nach nicht im Stande, eine
so heroische Tapferkeit wie sein Genosse zu entfalten, und er hatte länger zu
leiden. Nach einem Hause gebracht, wurde er die ganze Nacht hindurch ge¬
martert, bis ihn am Morgen ein Irokese, dem diese Unterhaltung langweilig
geworden, mit dem Tomahawk tödtete. Man berichtet, daß er zu Zeiten außer
sich war, dann aber, sich wieder ermannend, mit ausgestreckten Armen seine
Schmerzen dem Himmel als Opfer darbot. Sein starker Freund hatte die
Peinigung 4 Stunden ertragen, er aber hielt sie beinahe 17 Stunden ans.

Die Körper der beiden Märtyrer wurden von den Jesuiten nach Sainte
Marie gebracht und auf dem dortigen Kirchhofe begraben. Der Schädel
Brebeuf's aber wird, in Silber gefaßt, von den Nonnen des Hütel-Dieu in
Quebek als Reliquie noch heute mit frommer Sorgfalt aufbewahrt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0422" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142919"/>
          <p xml:id="ID_1244" prev="#ID_1243"> rvthglühendes Eisen in den Mund. Er aber blieb hoch aufgerichtet vor ihnen<lb/>
stehen und ließ keinen Laut des Schmerzes hören, so daß sie, um ihn zu be¬<lb/>
wältigen, andere Mittel versuchten. Sie entkleideten Lalemant, umhüllten seinen<lb/>
Körper mit Rindenstücken, die sie mit Pech bestrichen hatten, und führten ihn<lb/>
vor seinen Freund und Oberen. Als er dessen Zustand sah, warf er sich ihm<lb/>
mit den Worten des Apostels Paulus zu Füßen: &#x201E;Wir sollen ein Schauspiel<lb/>
sein der Welt, den Engeln und den Menschen." Die Irokesen rissen ihn empor,<lb/>
befestigten ihn an einem Baumstamm und zündeten sein Rindenkleid an. Als<lb/>
die Flamme emporzüngelte, streckte er, zart und schwächlich, wie er war, die<lb/>
Arme mit einem Schrei um Gnade gen Himmel aus. Dann hingen sie Brebenf<lb/>
eine Kette von glühenden Beilen um den Hals. Aber der unbezwingbare<lb/>
Priester stand fest wie ein Felsen. Ein Hurone, der einst Christ gewesen, aber<lb/>
dann von den Irokesen gefangen genommen und von ihnen adoptirt worden<lb/>
war, schlug mit der Bosheit eines Abtrünnigen vor, ihnen kochendes Wasser<lb/>
über die Köpfe zu gießen, da sie so viel kaltes Wasser auf Andere ausgegossen<lb/>
hätten. So wurde denn ein Kessel über das Feuer gestellt und das Wasser,<lb/>
als es brodelte, langsam über die Häupter der Missionäre ausgeschüttet, wobei<lb/>
man ihnen zurief: &#x201E;Wir taufen euch, denn niemand wird ohne ordentliche<lb/>
Taufe erlöst." Brebeuf regte sich nicht. In ihrer Wuth schnitten ihm seine<lb/>
Peiniger Fleischstreifen aus Brust und Armen und verschlangen sie, vor seinen<lb/>
Augen. Er ließ es geduldig geschehen. Nach einer Reihenfolge anderer Mar¬<lb/>
tern skalpirten sie ihn, und als sie bemerkten, daß er fast todt war, schnitten<lb/>
sie ihm die Brust auf, um das hervorquellende Blut zu trinken. Zuletzt riß<lb/>
ihm ein Häuptling das Herz heraus und verzehrte es.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1245"> So endete Jean de Brebeuf, der Begründer der huronischen Mission, ihr<lb/>
größter Held und ihr standhaftester Märtyrer. Er stammte aus einem edeln<lb/>
Hause der Bretagne und starb dessen würdig den Ueberwindertod. Der physisch<lb/>
weit schwächere Lalemant war seiner Naturanlage nach nicht im Stande, eine<lb/>
so heroische Tapferkeit wie sein Genosse zu entfalten, und er hatte länger zu<lb/>
leiden. Nach einem Hause gebracht, wurde er die ganze Nacht hindurch ge¬<lb/>
martert, bis ihn am Morgen ein Irokese, dem diese Unterhaltung langweilig<lb/>
geworden, mit dem Tomahawk tödtete. Man berichtet, daß er zu Zeiten außer<lb/>
sich war, dann aber, sich wieder ermannend, mit ausgestreckten Armen seine<lb/>
Schmerzen dem Himmel als Opfer darbot. Sein starker Freund hatte die<lb/>
Peinigung 4 Stunden ertragen, er aber hielt sie beinahe 17 Stunden ans.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1246"> Die Körper der beiden Märtyrer wurden von den Jesuiten nach Sainte<lb/>
Marie gebracht und auf dem dortigen Kirchhofe begraben. Der Schädel<lb/>
Brebeuf's aber wird, in Silber gefaßt, von den Nonnen des Hütel-Dieu in<lb/>
Quebek als Reliquie noch heute mit frommer Sorgfalt aufbewahrt.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0422] rvthglühendes Eisen in den Mund. Er aber blieb hoch aufgerichtet vor ihnen stehen und ließ keinen Laut des Schmerzes hören, so daß sie, um ihn zu be¬ wältigen, andere Mittel versuchten. Sie entkleideten Lalemant, umhüllten seinen Körper mit Rindenstücken, die sie mit Pech bestrichen hatten, und führten ihn vor seinen Freund und Oberen. Als er dessen Zustand sah, warf er sich ihm mit den Worten des Apostels Paulus zu Füßen: „Wir sollen ein Schauspiel sein der Welt, den Engeln und den Menschen." Die Irokesen rissen ihn empor, befestigten ihn an einem Baumstamm und zündeten sein Rindenkleid an. Als die Flamme emporzüngelte, streckte er, zart und schwächlich, wie er war, die Arme mit einem Schrei um Gnade gen Himmel aus. Dann hingen sie Brebenf eine Kette von glühenden Beilen um den Hals. Aber der unbezwingbare Priester stand fest wie ein Felsen. Ein Hurone, der einst Christ gewesen, aber dann von den Irokesen gefangen genommen und von ihnen adoptirt worden war, schlug mit der Bosheit eines Abtrünnigen vor, ihnen kochendes Wasser über die Köpfe zu gießen, da sie so viel kaltes Wasser auf Andere ausgegossen hätten. So wurde denn ein Kessel über das Feuer gestellt und das Wasser, als es brodelte, langsam über die Häupter der Missionäre ausgeschüttet, wobei man ihnen zurief: „Wir taufen euch, denn niemand wird ohne ordentliche Taufe erlöst." Brebeuf regte sich nicht. In ihrer Wuth schnitten ihm seine Peiniger Fleischstreifen aus Brust und Armen und verschlangen sie, vor seinen Augen. Er ließ es geduldig geschehen. Nach einer Reihenfolge anderer Mar¬ tern skalpirten sie ihn, und als sie bemerkten, daß er fast todt war, schnitten sie ihm die Brust auf, um das hervorquellende Blut zu trinken. Zuletzt riß ihm ein Häuptling das Herz heraus und verzehrte es. So endete Jean de Brebeuf, der Begründer der huronischen Mission, ihr größter Held und ihr standhaftester Märtyrer. Er stammte aus einem edeln Hause der Bretagne und starb dessen würdig den Ueberwindertod. Der physisch weit schwächere Lalemant war seiner Naturanlage nach nicht im Stande, eine so heroische Tapferkeit wie sein Genosse zu entfalten, und er hatte länger zu leiden. Nach einem Hause gebracht, wurde er die ganze Nacht hindurch ge¬ martert, bis ihn am Morgen ein Irokese, dem diese Unterhaltung langweilig geworden, mit dem Tomahawk tödtete. Man berichtet, daß er zu Zeiten außer sich war, dann aber, sich wieder ermannend, mit ausgestreckten Armen seine Schmerzen dem Himmel als Opfer darbot. Sein starker Freund hatte die Peinigung 4 Stunden ertragen, er aber hielt sie beinahe 17 Stunden ans. Die Körper der beiden Märtyrer wurden von den Jesuiten nach Sainte Marie gebracht und auf dem dortigen Kirchhofe begraben. Der Schädel Brebeuf's aber wird, in Silber gefaßt, von den Nonnen des Hütel-Dieu in Quebek als Reliquie noch heute mit frommer Sorgfalt aufbewahrt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/422
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/422>, abgerufen am 28.07.2024.