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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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S. 696, und zwar unter der Rubrik: "Goethe's Tischreden" mit dem beige¬
setzten Datum "1. Mai 1805" veröffentlicht; ein neuer Beweis von Riemer's
Gewissenlosigkeit und Leichtfertigkeit bei der Herausgabe der ihm anvertrauten
Schätze. Der Brief ist die Antwort auf Knebel's Schreiben vom 3. Mai 1808
(a. a. O. I. S. 325, Ur. 303), in welchem sich folgende Stellen finden: "-- so
kommen wir doch schon mit einer kleinen Nachbitte und diese ist: ob Du uns
den Prometheus auf etliche Tage zuschicken möchtest -- um aus ihm Deine
Pandora zu fischen." "Auch wollte ich bei dieser Gelegenheit ^an^> das Stein¬
bockshorn erinnern, das wir noch bezahlen müssen und ^dasj 25 Fi. kosten soll."
"So sehr wir Dir Glück zu Deiner Reise und zu Deinem Aufenthalte im
Karlsbade wünschen, so sind wir doch etwas neidisch auf diese Hippokrene, die
uns Deine Gegenwart so lange entziehen wird. Du gehörst nun einmal zu
unserm Schicksal, und da uns die Fäden desselben immer schmaler und kürzer
werden, so können wir eine so wohlnährende Wurzel nicht lange entbehren.
Doch es erhalte sich nur Dein göttlicher "'oss, so wird er doch auch immer
noch zu unsrer Erhaltung beitragen." "Das neuste Stück vom Phöbus, das
ich eben erhalten, ist ein Wunder von Abgeschmacktheit, Geschmacklosigkeit und
Pretension." Man steht, Goethe hat auf alle diese Punkte geantwortet, und
zwar noch am 3. Mai, da der Brief Knebel's aus Jena wahrscheinlich durch
die Botenfrau überbracht und die Antwort nebst Beilage -- Prometheus. Eine
Zeitschrift, herausgegeben von Leo v. Seckendorf und Jos. Lud. Stoll, Wien,
1808. Erstes und zweites Heft (in beiden befindet sich Pandora's Wiederkunft)
-- derselben gleich mitgegeben worden sein wird. Auf dieses Datum, oder
spätestens auf den 4. Mai, weist auch Goethe's Bitte an Knebel, "doch sorge,
daß ich ihn gewiß heut über acht Tage wiederkriege, denn ich möchte ihn doch
mit nach Carlsbad nehmen". Die Abreise nach Karlsbad war auf den 12. Mai
angesetzt, wie Goethe an Zelter (I. 313, Ur. 122) berichtet, und wurde auch
an diesem Tage angetreten, was wir aus dem kurzen schriftlichen Gruß an
Frau Frommann bei der Durchfahrt durch Jena (Das Frommann'sche Haus
S. 44) ersehen. Goethe hatte sich vorgenommen, in Karlsbad an Pandora
weiter zu arbeiten, denn schon am 29. April hat er aus Jena an Riemer
geschrieben (Briefe von und an Goethe, S. 182; der Brief (ganz eigenhändig)
folgt hier genau nach der Handschrift, da der bisherige Druck überaus mangel¬
haft ist):

Indem ich vermeide daß es mir gelungen ist, das Pandorische Wesen u.
Unwesen einigermaßen fortzuschieben; so ersuche ich Sie mir das Schema zu
sechsfüßigen Trochäen wie sie die Alten gebraucht durch die Boten zu senden.
Ich habe das Unglück dergl. immer zu vergessen. Auch wünschte ich, daß


S. 696, und zwar unter der Rubrik: „Goethe's Tischreden" mit dem beige¬
setzten Datum „1. Mai 1805" veröffentlicht; ein neuer Beweis von Riemer's
Gewissenlosigkeit und Leichtfertigkeit bei der Herausgabe der ihm anvertrauten
Schätze. Der Brief ist die Antwort auf Knebel's Schreiben vom 3. Mai 1808
(a. a. O. I. S. 325, Ur. 303), in welchem sich folgende Stellen finden: „— so
kommen wir doch schon mit einer kleinen Nachbitte und diese ist: ob Du uns
den Prometheus auf etliche Tage zuschicken möchtest — um aus ihm Deine
Pandora zu fischen." „Auch wollte ich bei dieser Gelegenheit ^an^> das Stein¬
bockshorn erinnern, das wir noch bezahlen müssen und ^dasj 25 Fi. kosten soll."
„So sehr wir Dir Glück zu Deiner Reise und zu Deinem Aufenthalte im
Karlsbade wünschen, so sind wir doch etwas neidisch auf diese Hippokrene, die
uns Deine Gegenwart so lange entziehen wird. Du gehörst nun einmal zu
unserm Schicksal, und da uns die Fäden desselben immer schmaler und kürzer
werden, so können wir eine so wohlnährende Wurzel nicht lange entbehren.
Doch es erhalte sich nur Dein göttlicher »'oss, so wird er doch auch immer
noch zu unsrer Erhaltung beitragen." „Das neuste Stück vom Phöbus, das
ich eben erhalten, ist ein Wunder von Abgeschmacktheit, Geschmacklosigkeit und
Pretension." Man steht, Goethe hat auf alle diese Punkte geantwortet, und
zwar noch am 3. Mai, da der Brief Knebel's aus Jena wahrscheinlich durch
die Botenfrau überbracht und die Antwort nebst Beilage — Prometheus. Eine
Zeitschrift, herausgegeben von Leo v. Seckendorf und Jos. Lud. Stoll, Wien,
1808. Erstes und zweites Heft (in beiden befindet sich Pandora's Wiederkunft)
— derselben gleich mitgegeben worden sein wird. Auf dieses Datum, oder
spätestens auf den 4. Mai, weist auch Goethe's Bitte an Knebel, „doch sorge,
daß ich ihn gewiß heut über acht Tage wiederkriege, denn ich möchte ihn doch
mit nach Carlsbad nehmen". Die Abreise nach Karlsbad war auf den 12. Mai
angesetzt, wie Goethe an Zelter (I. 313, Ur. 122) berichtet, und wurde auch
an diesem Tage angetreten, was wir aus dem kurzen schriftlichen Gruß an
Frau Frommann bei der Durchfahrt durch Jena (Das Frommann'sche Haus
S. 44) ersehen. Goethe hatte sich vorgenommen, in Karlsbad an Pandora
weiter zu arbeiten, denn schon am 29. April hat er aus Jena an Riemer
geschrieben (Briefe von und an Goethe, S. 182; der Brief (ganz eigenhändig)
folgt hier genau nach der Handschrift, da der bisherige Druck überaus mangel¬
haft ist):

Indem ich vermeide daß es mir gelungen ist, das Pandorische Wesen u.
Unwesen einigermaßen fortzuschieben; so ersuche ich Sie mir das Schema zu
sechsfüßigen Trochäen wie sie die Alten gebraucht durch die Boten zu senden.
Ich habe das Unglück dergl. immer zu vergessen. Auch wünschte ich, daß


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[0354] S. 696, und zwar unter der Rubrik: „Goethe's Tischreden" mit dem beige¬ setzten Datum „1. Mai 1805" veröffentlicht; ein neuer Beweis von Riemer's Gewissenlosigkeit und Leichtfertigkeit bei der Herausgabe der ihm anvertrauten Schätze. Der Brief ist die Antwort auf Knebel's Schreiben vom 3. Mai 1808 (a. a. O. I. S. 325, Ur. 303), in welchem sich folgende Stellen finden: „— so kommen wir doch schon mit einer kleinen Nachbitte und diese ist: ob Du uns den Prometheus auf etliche Tage zuschicken möchtest — um aus ihm Deine Pandora zu fischen." „Auch wollte ich bei dieser Gelegenheit ^an^> das Stein¬ bockshorn erinnern, das wir noch bezahlen müssen und ^dasj 25 Fi. kosten soll." „So sehr wir Dir Glück zu Deiner Reise und zu Deinem Aufenthalte im Karlsbade wünschen, so sind wir doch etwas neidisch auf diese Hippokrene, die uns Deine Gegenwart so lange entziehen wird. Du gehörst nun einmal zu unserm Schicksal, und da uns die Fäden desselben immer schmaler und kürzer werden, so können wir eine so wohlnährende Wurzel nicht lange entbehren. Doch es erhalte sich nur Dein göttlicher »'oss, so wird er doch auch immer noch zu unsrer Erhaltung beitragen." „Das neuste Stück vom Phöbus, das ich eben erhalten, ist ein Wunder von Abgeschmacktheit, Geschmacklosigkeit und Pretension." Man steht, Goethe hat auf alle diese Punkte geantwortet, und zwar noch am 3. Mai, da der Brief Knebel's aus Jena wahrscheinlich durch die Botenfrau überbracht und die Antwort nebst Beilage — Prometheus. Eine Zeitschrift, herausgegeben von Leo v. Seckendorf und Jos. Lud. Stoll, Wien, 1808. Erstes und zweites Heft (in beiden befindet sich Pandora's Wiederkunft) — derselben gleich mitgegeben worden sein wird. Auf dieses Datum, oder spätestens auf den 4. Mai, weist auch Goethe's Bitte an Knebel, „doch sorge, daß ich ihn gewiß heut über acht Tage wiederkriege, denn ich möchte ihn doch mit nach Carlsbad nehmen". Die Abreise nach Karlsbad war auf den 12. Mai angesetzt, wie Goethe an Zelter (I. 313, Ur. 122) berichtet, und wurde auch an diesem Tage angetreten, was wir aus dem kurzen schriftlichen Gruß an Frau Frommann bei der Durchfahrt durch Jena (Das Frommann'sche Haus S. 44) ersehen. Goethe hatte sich vorgenommen, in Karlsbad an Pandora weiter zu arbeiten, denn schon am 29. April hat er aus Jena an Riemer geschrieben (Briefe von und an Goethe, S. 182; der Brief (ganz eigenhändig) folgt hier genau nach der Handschrift, da der bisherige Druck überaus mangel¬ haft ist): Indem ich vermeide daß es mir gelungen ist, das Pandorische Wesen u. Unwesen einigermaßen fortzuschieben; so ersuche ich Sie mir das Schema zu sechsfüßigen Trochäen wie sie die Alten gebraucht durch die Boten zu senden. Ich habe das Unglück dergl. immer zu vergessen. Auch wünschte ich, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/354>, abgerufen am 27.07.2024.