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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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Literatur, als der siebenjährige Krieg sich seinem Ende zuneigte. Durch ein
halbes Wunder war Friedrich gerettet. Der Tod der Kaiserin Elisabeth
von Rußland, am 5. Januar 1762, befreite ihn aus seiner verzweifelten Lage,
und wenn auch das russische Bündniß mit der Ermordung des neuen Kaisers,
am 18. Juli, sich zerschlug, so war doch von dieser Seite nichts weiter zu
fürchten. Ein glänzende strategische Leistung des Prinzen Heinrich, bei
Schweiduitz, am 29. Oktober, entschied den Feldzug zu Gunsten Preußen's; am
28. Januar 1763 wurde der Friede zu Hubertsburg geschlossen. Das Land war
ausgesogen und verarmt, aber das Nationalgefühl hatte einen ungeheuern
Schatz gewonnen.




Me UleMndersage nach jüdischen Huellen.

Die Alexandersage unterscheidet sich von allen anderen Sagen schon dadurch,
daß ihr Held nicht blos der Liebling des Volkes ist, aus dessen Schooße er
entsprossen, sondern auch diejenigen Nationen ihn zu dem ihrigen gemacht haben,
welche die Siegesgewalt seines Armes niedergeworfen und sein Szepter dienst¬
bar gemacht hat. Die Alexandersage ist ebenso Eigenthum der Griechen wie
der Perser und Armenier, der Juden und Samaritaner, der Aegypter und
Aethiopier, der Araber und Türken. Ja noch mehr, ihr Zauberreiz durchzittert
das ganze Mittelalter und begeistert die romanischen, germanischen und slavi¬
schen Völker, und so ist sie schließlich ein Gemeingut der gestimmten zivilisirten
Menschheit geworden. Natürlich ist sie dabei nach den nationalen Eigenthüm¬
lichkeiten jedes Volkes umgestaltet worden: in den Alexander-Dichtungen deutscher
Sänger erscheint der kühne Makedonier als ein deutscher Held mit deutschen
Sitten und Anschauungen.

Es ist nicht unsre Absicht, hier neue Untersuchungen über die Alexander¬
sage im allgemeinen oder über die Form, die sie speziell bei den Persern und
Arabern annahm, anzustellen; Görres, Mohl und Spiegel haben so ziemlich
alles, was sich darüber sagen oder muthmaßen läßt, bereits zusammengetragen
und erörtert. Wohl aber möchten wir das Augenmerk auf ihre Ausprägung
in der talmudischen Literatur lenken, weil diese im ganzen noch wenig beachtet
zu sein scheint. Da Alexander während der Belagerung von Tyrus nach dem
Heiligen Lande kam und den Tempel besuchte, auch sonst sich gegen die Juden
freundlich erwies, so kann es nicht Wunder nehmen, daß Talmud (und Midrasch)
eine Reihe von Sagen über ihn enthalten. Diese Sagen zeigen, wie auch bei


Literatur, als der siebenjährige Krieg sich seinem Ende zuneigte. Durch ein
halbes Wunder war Friedrich gerettet. Der Tod der Kaiserin Elisabeth
von Rußland, am 5. Januar 1762, befreite ihn aus seiner verzweifelten Lage,
und wenn auch das russische Bündniß mit der Ermordung des neuen Kaisers,
am 18. Juli, sich zerschlug, so war doch von dieser Seite nichts weiter zu
fürchten. Ein glänzende strategische Leistung des Prinzen Heinrich, bei
Schweiduitz, am 29. Oktober, entschied den Feldzug zu Gunsten Preußen's; am
28. Januar 1763 wurde der Friede zu Hubertsburg geschlossen. Das Land war
ausgesogen und verarmt, aber das Nationalgefühl hatte einen ungeheuern
Schatz gewonnen.




Me UleMndersage nach jüdischen Huellen.

Die Alexandersage unterscheidet sich von allen anderen Sagen schon dadurch,
daß ihr Held nicht blos der Liebling des Volkes ist, aus dessen Schooße er
entsprossen, sondern auch diejenigen Nationen ihn zu dem ihrigen gemacht haben,
welche die Siegesgewalt seines Armes niedergeworfen und sein Szepter dienst¬
bar gemacht hat. Die Alexandersage ist ebenso Eigenthum der Griechen wie
der Perser und Armenier, der Juden und Samaritaner, der Aegypter und
Aethiopier, der Araber und Türken. Ja noch mehr, ihr Zauberreiz durchzittert
das ganze Mittelalter und begeistert die romanischen, germanischen und slavi¬
schen Völker, und so ist sie schließlich ein Gemeingut der gestimmten zivilisirten
Menschheit geworden. Natürlich ist sie dabei nach den nationalen Eigenthüm¬
lichkeiten jedes Volkes umgestaltet worden: in den Alexander-Dichtungen deutscher
Sänger erscheint der kühne Makedonier als ein deutscher Held mit deutschen
Sitten und Anschauungen.

Es ist nicht unsre Absicht, hier neue Untersuchungen über die Alexander¬
sage im allgemeinen oder über die Form, die sie speziell bei den Persern und
Arabern annahm, anzustellen; Görres, Mohl und Spiegel haben so ziemlich
alles, was sich darüber sagen oder muthmaßen läßt, bereits zusammengetragen
und erörtert. Wohl aber möchten wir das Augenmerk auf ihre Ausprägung
in der talmudischen Literatur lenken, weil diese im ganzen noch wenig beachtet
zu sein scheint. Da Alexander während der Belagerung von Tyrus nach dem
Heiligen Lande kam und den Tempel besuchte, auch sonst sich gegen die Juden
freundlich erwies, so kann es nicht Wunder nehmen, daß Talmud (und Midrasch)
eine Reihe von Sagen über ihn enthalten. Diese Sagen zeigen, wie auch bei


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[0275] Literatur, als der siebenjährige Krieg sich seinem Ende zuneigte. Durch ein halbes Wunder war Friedrich gerettet. Der Tod der Kaiserin Elisabeth von Rußland, am 5. Januar 1762, befreite ihn aus seiner verzweifelten Lage, und wenn auch das russische Bündniß mit der Ermordung des neuen Kaisers, am 18. Juli, sich zerschlug, so war doch von dieser Seite nichts weiter zu fürchten. Ein glänzende strategische Leistung des Prinzen Heinrich, bei Schweiduitz, am 29. Oktober, entschied den Feldzug zu Gunsten Preußen's; am 28. Januar 1763 wurde der Friede zu Hubertsburg geschlossen. Das Land war ausgesogen und verarmt, aber das Nationalgefühl hatte einen ungeheuern Schatz gewonnen. Me UleMndersage nach jüdischen Huellen. Die Alexandersage unterscheidet sich von allen anderen Sagen schon dadurch, daß ihr Held nicht blos der Liebling des Volkes ist, aus dessen Schooße er entsprossen, sondern auch diejenigen Nationen ihn zu dem ihrigen gemacht haben, welche die Siegesgewalt seines Armes niedergeworfen und sein Szepter dienst¬ bar gemacht hat. Die Alexandersage ist ebenso Eigenthum der Griechen wie der Perser und Armenier, der Juden und Samaritaner, der Aegypter und Aethiopier, der Araber und Türken. Ja noch mehr, ihr Zauberreiz durchzittert das ganze Mittelalter und begeistert die romanischen, germanischen und slavi¬ schen Völker, und so ist sie schließlich ein Gemeingut der gestimmten zivilisirten Menschheit geworden. Natürlich ist sie dabei nach den nationalen Eigenthüm¬ lichkeiten jedes Volkes umgestaltet worden: in den Alexander-Dichtungen deutscher Sänger erscheint der kühne Makedonier als ein deutscher Held mit deutschen Sitten und Anschauungen. Es ist nicht unsre Absicht, hier neue Untersuchungen über die Alexander¬ sage im allgemeinen oder über die Form, die sie speziell bei den Persern und Arabern annahm, anzustellen; Görres, Mohl und Spiegel haben so ziemlich alles, was sich darüber sagen oder muthmaßen läßt, bereits zusammengetragen und erörtert. Wohl aber möchten wir das Augenmerk auf ihre Ausprägung in der talmudischen Literatur lenken, weil diese im ganzen noch wenig beachtet zu sein scheint. Da Alexander während der Belagerung von Tyrus nach dem Heiligen Lande kam und den Tempel besuchte, auch sonst sich gegen die Juden freundlich erwies, so kann es nicht Wunder nehmen, daß Talmud (und Midrasch) eine Reihe von Sagen über ihn enthalten. Diese Sagen zeigen, wie auch bei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/275>, abgerufen am 27.11.2024.