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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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dies von besonderen Fachkünstlern unter den herkömmlichen Ceremonieen vollziehen.
Das Bestreichen der braunen Körper mit Farbe geschieht nur bei Kriegern.

Die Häuser, welche eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit umgekehrten
Kähnen haben, sind überaus nett und zierlich gebaut. Die Hauptstütze bilden,
in der Mitte stehend, drei kräftige Stämme, von denen aus die Sparren zu den
Seitenpfosten laufen. Auf diesen befestigt man mit Kvkosbaststricken Zuckerrohrblätter
als dichten Schutz gegen Regen und Sonnenschein. Der Eingang zur Wohnung,
des Tages offenstehend, wird Nachts mit einer groben Kokosmatte geschlossen.
Der Boden der Hütte ist ebenfalls mit Matten von verschiedener Feinheit be¬
deckt, in der Mitte brennt auf einer Art von Herd ein Feuer, welches aber
weder zum Braten noch zum Kochen benutzt wird -- denn dies geschieht stets
außerhalb des Hauses --, sondern den Zweck hat, durch seinen Rauch die Mos¬
kitos zu vertreiben. Diese Hütten treten selten vereinzelt, meist in Geselligkeit
als größeres oder kleineres Dorf auf, das dann nach einem gewissen Plane
mit reingehaltenen Straßen angelegt wird. Jedes Dorf erbaut sich aber auch eine
besonders große und schöne Hütte, welche, je nachdem, die Stelle des Rathhauses,
des Tempels oder Gasthauses vertritt.

Da die herrliche Natur der Samoa-Jnseln, selbst auf die geringste Anregung
hin, außerordentlich reiche Früchte bietet, so ist der Landbau nur wenig entwickelt.
Die Kultur, mit einem spatenartigen Stocke ausgeführt, bezieht sich in der Haupt¬
sache auf die Nährpflanzen, besonders auf Taro, Jams, Banane, Brod¬
frucht, Zuckerrohr und Kokos, von dem die Insulaner so ziemlich alles zu ver¬
wenden wissen. Der Kern dient als Nahrungsmittel, die Milch als Getränk,
die Schalen als Eßgeräthe, die Faser zu feinen Matten und Tauwerk, die
Stämme zu Pfosten, die Blätter zur Dachbedeckung und Körben. Die Viehzucht
beschränkt sich auf das Schwein, ,den Hund, das Huhn und die Taube; Jagd
treiben die Samoaner etwas eifriger als die übrigen Polynesier, leidenschaftlich
aber sind sie nur dem Fischfang ergeben, bei dem sie eine bewunderungswürdige
Behendigkeit im Bootfahren, Schwimmen und Tauchen entwickeln.

Die hohe geistige Begabung der Insulaner macht es begreiflich, daß sich
bei ihnen ein vielseitig ausgebildetes Religionssystem vorfand. Ihre polytheistische
Naturreligion kennt theils wirkliche Götter, theils eine Art Heroen, ohne daß
jedoch in der Art oder in dem Grade der Verehrung ein erkennbarer Unter¬
schied hervorgetreten wäre. Die Gesammtheit aller Götter (aiw) theilte sich
nach ihren Funktionen in vier Hauptarten, je nachdem sie den ganzen Staat,
den Distrikt, das Dorf oder die einzelne Familie beschützten. Bigotterie kann
man den Insulanern nicht vorwerfen, sie zeigten weder allzugroße Ehrfurcht noch
Angst vor ihren Göttern; es überwog bei ihnen ein Zug gvttergestaltender Phan¬
tasie und höchst fruchtbarer Mythenbildung. Die verhältnißmäßig größte Ver-


dies von besonderen Fachkünstlern unter den herkömmlichen Ceremonieen vollziehen.
Das Bestreichen der braunen Körper mit Farbe geschieht nur bei Kriegern.

Die Häuser, welche eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit umgekehrten
Kähnen haben, sind überaus nett und zierlich gebaut. Die Hauptstütze bilden,
in der Mitte stehend, drei kräftige Stämme, von denen aus die Sparren zu den
Seitenpfosten laufen. Auf diesen befestigt man mit Kvkosbaststricken Zuckerrohrblätter
als dichten Schutz gegen Regen und Sonnenschein. Der Eingang zur Wohnung,
des Tages offenstehend, wird Nachts mit einer groben Kokosmatte geschlossen.
Der Boden der Hütte ist ebenfalls mit Matten von verschiedener Feinheit be¬
deckt, in der Mitte brennt auf einer Art von Herd ein Feuer, welches aber
weder zum Braten noch zum Kochen benutzt wird — denn dies geschieht stets
außerhalb des Hauses —, sondern den Zweck hat, durch seinen Rauch die Mos¬
kitos zu vertreiben. Diese Hütten treten selten vereinzelt, meist in Geselligkeit
als größeres oder kleineres Dorf auf, das dann nach einem gewissen Plane
mit reingehaltenen Straßen angelegt wird. Jedes Dorf erbaut sich aber auch eine
besonders große und schöne Hütte, welche, je nachdem, die Stelle des Rathhauses,
des Tempels oder Gasthauses vertritt.

Da die herrliche Natur der Samoa-Jnseln, selbst auf die geringste Anregung
hin, außerordentlich reiche Früchte bietet, so ist der Landbau nur wenig entwickelt.
Die Kultur, mit einem spatenartigen Stocke ausgeführt, bezieht sich in der Haupt¬
sache auf die Nährpflanzen, besonders auf Taro, Jams, Banane, Brod¬
frucht, Zuckerrohr und Kokos, von dem die Insulaner so ziemlich alles zu ver¬
wenden wissen. Der Kern dient als Nahrungsmittel, die Milch als Getränk,
die Schalen als Eßgeräthe, die Faser zu feinen Matten und Tauwerk, die
Stämme zu Pfosten, die Blätter zur Dachbedeckung und Körben. Die Viehzucht
beschränkt sich auf das Schwein, ,den Hund, das Huhn und die Taube; Jagd
treiben die Samoaner etwas eifriger als die übrigen Polynesier, leidenschaftlich
aber sind sie nur dem Fischfang ergeben, bei dem sie eine bewunderungswürdige
Behendigkeit im Bootfahren, Schwimmen und Tauchen entwickeln.

Die hohe geistige Begabung der Insulaner macht es begreiflich, daß sich
bei ihnen ein vielseitig ausgebildetes Religionssystem vorfand. Ihre polytheistische
Naturreligion kennt theils wirkliche Götter, theils eine Art Heroen, ohne daß
jedoch in der Art oder in dem Grade der Verehrung ein erkennbarer Unter¬
schied hervorgetreten wäre. Die Gesammtheit aller Götter (aiw) theilte sich
nach ihren Funktionen in vier Hauptarten, je nachdem sie den ganzen Staat,
den Distrikt, das Dorf oder die einzelne Familie beschützten. Bigotterie kann
man den Insulanern nicht vorwerfen, sie zeigten weder allzugroße Ehrfurcht noch
Angst vor ihren Göttern; es überwog bei ihnen ein Zug gvttergestaltender Phan¬
tasie und höchst fruchtbarer Mythenbildung. Die verhältnißmäßig größte Ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/240>, abgerufen am 27.11.2024.