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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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der Fürsten gepredigt. Erst seit dem Augsburger Reichstage (1530) beginnt
er, allmählich das Recht der Nothwehr in den heiligsten Gewissenssachen auch
dem Kaiser gegenüber geltend zu machen. Wir sehen, wie hier ein starkes
Reichs- und Einheitsbewußtsein mit einem ausgeprägten Stammes- und per¬
sönlichen Rechtsgefühl nach Ausgleichung ringt.

Doch genug der Proben. Sicherlich beweisen unsere Parallelen, daß Luther's
Kernnatur auch heutigen Tages sich noch nicht überlebt hat, sondern in Lust
und Licht auch unseres Jahrhunderts sich zurechtfinden würde.




Ale Samoa-Znseln.
i.

Der am 12. Juli geschlossene Reichstag hat mitten unter den anstrengenden
und die Parteien umgestaltenden Wirthschaftsberathungen eine Vorlage zu
erledigen gehabt, die zwar ihrer Zeit wenig Aufsehen erregte, die aber doch
unter 'günstigen Umständen von großer Tragweite für das deutsche Reich
werden kann: den Freundschafts-Vertrag zwischen der kaiserlich deutschen und
der samoanischen Regierung, der nach langen Unterhandlungen und nach Ueber¬
windung erheblicher Schwierigkeiten durch die Energie des deutschen Konsuls,
des Herrn Theodor Weber, am 24. Januar 1879 zum Abschluß gebracht
worden war. Dieser Vertrag ist nicht blos, deshalb wichtig, weil er die be¬
deutenden Besitzungen und Handelsinteressen deutscher Bürger in jenen Gegenden
schützt und ihnen gleiche Rechte mit den bisher dort bevorzugten Nationen, den
Engländern und Amerikanern, einräumt, sondern auch den Anfang dazu macht,
den ihr Vaterland verlassenden und in anderen Welttheilen ihren Wohnsitz auf¬
schlagenden Deutschen die Stellung und den Einfluß zu verschaffen, der ihnen
wegen ihrer allgemein anerkannten Tüchtigkeit und ihrer bewährten Arbeitskraft
gebührt. Daran hat es bisher nur allzusehr gefehlt, wie dies besonders aus
den Berichten des Kapitäns zur See v. Schleinitz ersichtlich wird, der in
einer an die Admiralität im Jahre 1876 gerichteten Mittheilung sich hierüber
folgendermaßen äußert: "Wenn die englisch-australischen Kolonieen für Gro߬
britannien eine Quelle des Reichthums und dadurch der Macht sind, so tragen
hierzu nicht unwesentlich die in diesen Kolonieen lebenden Deutschen bei, welche
überall als fleißig schaffende, stille und loyale Bürger gelten. Man sollte


der Fürsten gepredigt. Erst seit dem Augsburger Reichstage (1530) beginnt
er, allmählich das Recht der Nothwehr in den heiligsten Gewissenssachen auch
dem Kaiser gegenüber geltend zu machen. Wir sehen, wie hier ein starkes
Reichs- und Einheitsbewußtsein mit einem ausgeprägten Stammes- und per¬
sönlichen Rechtsgefühl nach Ausgleichung ringt.

Doch genug der Proben. Sicherlich beweisen unsere Parallelen, daß Luther's
Kernnatur auch heutigen Tages sich noch nicht überlebt hat, sondern in Lust
und Licht auch unseres Jahrhunderts sich zurechtfinden würde.




Ale Samoa-Znseln.
i.

Der am 12. Juli geschlossene Reichstag hat mitten unter den anstrengenden
und die Parteien umgestaltenden Wirthschaftsberathungen eine Vorlage zu
erledigen gehabt, die zwar ihrer Zeit wenig Aufsehen erregte, die aber doch
unter 'günstigen Umständen von großer Tragweite für das deutsche Reich
werden kann: den Freundschafts-Vertrag zwischen der kaiserlich deutschen und
der samoanischen Regierung, der nach langen Unterhandlungen und nach Ueber¬
windung erheblicher Schwierigkeiten durch die Energie des deutschen Konsuls,
des Herrn Theodor Weber, am 24. Januar 1879 zum Abschluß gebracht
worden war. Dieser Vertrag ist nicht blos, deshalb wichtig, weil er die be¬
deutenden Besitzungen und Handelsinteressen deutscher Bürger in jenen Gegenden
schützt und ihnen gleiche Rechte mit den bisher dort bevorzugten Nationen, den
Engländern und Amerikanern, einräumt, sondern auch den Anfang dazu macht,
den ihr Vaterland verlassenden und in anderen Welttheilen ihren Wohnsitz auf¬
schlagenden Deutschen die Stellung und den Einfluß zu verschaffen, der ihnen
wegen ihrer allgemein anerkannten Tüchtigkeit und ihrer bewährten Arbeitskraft
gebührt. Daran hat es bisher nur allzusehr gefehlt, wie dies besonders aus
den Berichten des Kapitäns zur See v. Schleinitz ersichtlich wird, der in
einer an die Admiralität im Jahre 1876 gerichteten Mittheilung sich hierüber
folgendermaßen äußert: „Wenn die englisch-australischen Kolonieen für Gro߬
britannien eine Quelle des Reichthums und dadurch der Macht sind, so tragen
hierzu nicht unwesentlich die in diesen Kolonieen lebenden Deutschen bei, welche
überall als fleißig schaffende, stille und loyale Bürger gelten. Man sollte


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[0225] der Fürsten gepredigt. Erst seit dem Augsburger Reichstage (1530) beginnt er, allmählich das Recht der Nothwehr in den heiligsten Gewissenssachen auch dem Kaiser gegenüber geltend zu machen. Wir sehen, wie hier ein starkes Reichs- und Einheitsbewußtsein mit einem ausgeprägten Stammes- und per¬ sönlichen Rechtsgefühl nach Ausgleichung ringt. Doch genug der Proben. Sicherlich beweisen unsere Parallelen, daß Luther's Kernnatur auch heutigen Tages sich noch nicht überlebt hat, sondern in Lust und Licht auch unseres Jahrhunderts sich zurechtfinden würde. Ale Samoa-Znseln. i. Der am 12. Juli geschlossene Reichstag hat mitten unter den anstrengenden und die Parteien umgestaltenden Wirthschaftsberathungen eine Vorlage zu erledigen gehabt, die zwar ihrer Zeit wenig Aufsehen erregte, die aber doch unter 'günstigen Umständen von großer Tragweite für das deutsche Reich werden kann: den Freundschafts-Vertrag zwischen der kaiserlich deutschen und der samoanischen Regierung, der nach langen Unterhandlungen und nach Ueber¬ windung erheblicher Schwierigkeiten durch die Energie des deutschen Konsuls, des Herrn Theodor Weber, am 24. Januar 1879 zum Abschluß gebracht worden war. Dieser Vertrag ist nicht blos, deshalb wichtig, weil er die be¬ deutenden Besitzungen und Handelsinteressen deutscher Bürger in jenen Gegenden schützt und ihnen gleiche Rechte mit den bisher dort bevorzugten Nationen, den Engländern und Amerikanern, einräumt, sondern auch den Anfang dazu macht, den ihr Vaterland verlassenden und in anderen Welttheilen ihren Wohnsitz auf¬ schlagenden Deutschen die Stellung und den Einfluß zu verschaffen, der ihnen wegen ihrer allgemein anerkannten Tüchtigkeit und ihrer bewährten Arbeitskraft gebührt. Daran hat es bisher nur allzusehr gefehlt, wie dies besonders aus den Berichten des Kapitäns zur See v. Schleinitz ersichtlich wird, der in einer an die Admiralität im Jahre 1876 gerichteten Mittheilung sich hierüber folgendermaßen äußert: „Wenn die englisch-australischen Kolonieen für Gro߬ britannien eine Quelle des Reichthums und dadurch der Macht sind, so tragen hierzu nicht unwesentlich die in diesen Kolonieen lebenden Deutschen bei, welche überall als fleißig schaffende, stille und loyale Bürger gelten. Man sollte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/225>, abgerufen am 27.11.2024.