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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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ausüben, wenn auch der Umstand, daß der Aufenthalt dort gar kein Geld kostet, immer¬
hin für manchen von Belang sein dürfte. Dagegen leitet uns der Wunsch, auch bei
dieser Gelegenheit wieder die Erinnerung an jene braven deutschen Kolonisten wachzu
rufen, die rings umzingelt von den Völkern "Halbasien's" im Stande gewesen sind, die
aus der Heimat mitgebrachte Sprache, die alten Sitten und Gebräuche in ursprünglicher
Reinheit und Einfachheit zu bewahren und sich selbst -- worin sie eine rühmliche Aus^
nähme von den übrigen deutschen Auswanderern bilden -- mit einer sonst bei der
germanischen Race nicht zu beobachtenden aristokratische!: Anwandlung im Gefühl des
eignen Werthes von der Vermischung mit anderen Völkern frei zu halten gewußt
haben. Die Pflicht der Dankbarkeit gebietet es, im Vorübergehen auf dasjenige Buch
hinzuweisen, aus welchem der Stoff zu der nachfolgenden Schilderung entnommen ist.")

Wenn der siebenbürgische Landmann oder Kleinstädter nach längerer Ueberlegung
zu dem Entschlüsse gelangt ist, mit seiner Familie einige Wochen der Erholung zu old
men, so sucht er in der Regel die im Wälder- und quellenreichen Szcklcrlande und zwar
in einem romantischen Seitenthale der Csik sprudelnde Heilquelle Kerolv auf, deren
Temperatur etwa 11 " ü,. beträgt, und die durch niedergeschlagenes Eisen gelb gefärbt ist.
Obwohl diese Quelle von vortrefflicher Beschaffenheit ist, so findet sich doch um sie
herum von Hotels, kunstvoll angelegten Spaziergängen, Kurhäusern und ähnlichen Bade
requisiten keine Spur; nur zwei armselig gepflegte Gärten, ungarischen Familien gehörig,
zeigen, daß das stille Thal auch außer der "Saison" von menschlichen Wesen nicht ganz
verlassen ist. In der Thalfurche rieselt ein klarer Bach, mit dem sich in einiger Ent
fernung zwei andere vereinigen und so eine Art Kessel bilden, von welchem aus die
Thalwände ziemlich steil ansteigen. Zahllose Krebse und leckere Forellen werden von
den munteren Bächen beherbergt. In der unmittelbaren Umgebung der Badequelle, in
deren Nähe übrigens zahlreiche gute Sauerbrunnen unbenutzt sprudeln, ist der Wald
zwar abgeschlagen, aber gleich hinter dieser Lichtung, besonders nach der untern Csik zu,
ziehen sich herrliche Buchenbestände in unabsehbarer Ausdehnung hin, in denen Rehe und
Haasen, Füchse, Wildkatzen und andres jagdbares Gethier haust. Die Natur prangt
in reicher Fülle, und zwar die reine, unverfälschte, unentweihte Natur in ihrer
vollen Ursprünglichkeit. Nur eine Anzahl Blockhäuser lassen ahnen, daß auch hier zu
Zeiten der Herr der Schöpfung weilt und seine Herrscherrechte geltend macht.

Ein Besuch dieses Bades bedarf ziemlich umfänglicher Vorbereitungen. Während
der westeuropäische Badebesncher nichts mit sich zu bringen braucht als Geld, viel Geld,
um allen auf seinen Beutel unter den verschiedensten Vorwänden offen und versteckt ge-



Bilder aus dem sächsischen Bauernleben in Siebenbürgen. Ein
Beitrag zur Deutschen Culturgeschichte. Von Fr. Fr. Fronius. Wien, Carl Graeser, Ill79.
Der Verfasser hat, als langjähriger siebenbürgischer Pfarrer, die Gelegenheit, das gesammte
Leben des Siebenbürgers von der Wiege bis zum Grabe zu beobachten, trefflich benutzt und
seinem Stoffe sich mit warmer Hingebung gewidmet, so daß man aus seinem Werkchen
reiche und zuverlässige Belehrung über die dortigen, in vielen Beziehungen ganz eigen¬
thümlichen Verhältnisse schöpfen kann.

ausüben, wenn auch der Umstand, daß der Aufenthalt dort gar kein Geld kostet, immer¬
hin für manchen von Belang sein dürfte. Dagegen leitet uns der Wunsch, auch bei
dieser Gelegenheit wieder die Erinnerung an jene braven deutschen Kolonisten wachzu
rufen, die rings umzingelt von den Völkern „Halbasien's" im Stande gewesen sind, die
aus der Heimat mitgebrachte Sprache, die alten Sitten und Gebräuche in ursprünglicher
Reinheit und Einfachheit zu bewahren und sich selbst — worin sie eine rühmliche Aus^
nähme von den übrigen deutschen Auswanderern bilden — mit einer sonst bei der
germanischen Race nicht zu beobachtenden aristokratische!: Anwandlung im Gefühl des
eignen Werthes von der Vermischung mit anderen Völkern frei zu halten gewußt
haben. Die Pflicht der Dankbarkeit gebietet es, im Vorübergehen auf dasjenige Buch
hinzuweisen, aus welchem der Stoff zu der nachfolgenden Schilderung entnommen ist.")

Wenn der siebenbürgische Landmann oder Kleinstädter nach längerer Ueberlegung
zu dem Entschlüsse gelangt ist, mit seiner Familie einige Wochen der Erholung zu old
men, so sucht er in der Regel die im Wälder- und quellenreichen Szcklcrlande und zwar
in einem romantischen Seitenthale der Csik sprudelnde Heilquelle Kerolv auf, deren
Temperatur etwa 11 " ü,. beträgt, und die durch niedergeschlagenes Eisen gelb gefärbt ist.
Obwohl diese Quelle von vortrefflicher Beschaffenheit ist, so findet sich doch um sie
herum von Hotels, kunstvoll angelegten Spaziergängen, Kurhäusern und ähnlichen Bade
requisiten keine Spur; nur zwei armselig gepflegte Gärten, ungarischen Familien gehörig,
zeigen, daß das stille Thal auch außer der „Saison" von menschlichen Wesen nicht ganz
verlassen ist. In der Thalfurche rieselt ein klarer Bach, mit dem sich in einiger Ent
fernung zwei andere vereinigen und so eine Art Kessel bilden, von welchem aus die
Thalwände ziemlich steil ansteigen. Zahllose Krebse und leckere Forellen werden von
den munteren Bächen beherbergt. In der unmittelbaren Umgebung der Badequelle, in
deren Nähe übrigens zahlreiche gute Sauerbrunnen unbenutzt sprudeln, ist der Wald
zwar abgeschlagen, aber gleich hinter dieser Lichtung, besonders nach der untern Csik zu,
ziehen sich herrliche Buchenbestände in unabsehbarer Ausdehnung hin, in denen Rehe und
Haasen, Füchse, Wildkatzen und andres jagdbares Gethier haust. Die Natur prangt
in reicher Fülle, und zwar die reine, unverfälschte, unentweihte Natur in ihrer
vollen Ursprünglichkeit. Nur eine Anzahl Blockhäuser lassen ahnen, daß auch hier zu
Zeiten der Herr der Schöpfung weilt und seine Herrscherrechte geltend macht.

Ein Besuch dieses Bades bedarf ziemlich umfänglicher Vorbereitungen. Während
der westeuropäische Badebesncher nichts mit sich zu bringen braucht als Geld, viel Geld,
um allen auf seinen Beutel unter den verschiedensten Vorwänden offen und versteckt ge-



Bilder aus dem sächsischen Bauernleben in Siebenbürgen. Ein
Beitrag zur Deutschen Culturgeschichte. Von Fr. Fr. Fronius. Wien, Carl Graeser, Ill79.
Der Verfasser hat, als langjähriger siebenbürgischer Pfarrer, die Gelegenheit, das gesammte
Leben des Siebenbürgers von der Wiege bis zum Grabe zu beobachten, trefflich benutzt und
seinem Stoffe sich mit warmer Hingebung gewidmet, so daß man aus seinem Werkchen
reiche und zuverlässige Belehrung über die dortigen, in vielen Beziehungen ganz eigen¬
thümlichen Verhältnisse schöpfen kann.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/212>, abgerufen am 27.11.2024.