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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

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ländisches Ehepaar gestiftet hatte, durch Geschenke und Eintritt in ihre Genossen¬
schaft thatkräftige Theilnahme bewiesen. Vielleicht, daß ein günstiges Geschick
noch einmal Briefe oder sonstige private Aufzeichnungen Burkard's zu Tage
fördert. Sie würden am besten im Stande sein, das nöthige Material zur
Charakteristik eines Mannes zu liefern, dem in Jahren von eminentester poli¬
tischer Bedeutung in einem der Zentren des politischen Lebens zu wirken ver¬
gönnt war.


H. Heidenheime r.


Mademika.
1.) Rosenkranz und die Nibelungen.

"Rosenkranz todt! -- Mein Rosenkranz todt!" -- So hat wohl in den
letzten Wochen schmerzerfüllt mancher seiner Jünger mit mir gerufen, der einst
nicht nur zu seinen Füßen gesessen, sondern auch seinem Herzen -- dem edelsten,
treuesten Herzen! -- näher gestanden.*) So viel auch über den Einfluß des
unvergeßlichen Meisters auf das geistige Leben der Albertina gesagt worden
ist, so stark man auch, namentlich jetzt, seine Verdienste um die Wissenschaft
betonen mag, nimmer genug wird seine Einwirkung auf das Gemüthsleben
seiner Schüler gewürdigt werden können. Wer ihm zu nahen das Glück hatte,
konnte sich dem erfrischenden, belebenden, erhebenden Zauber seiner liebens¬
würdigen, idealen Persönlichkeit gar nicht entziehen. Niemals hat wohl ein
Universitäts-Lehrer mit solchem Erfolge Ethik gelehrt, nie ein Kathedermann
solche Liebe bei seinen Zuhörern genossen, wie Rosenkranz. Kein Wunder: er
selbst war eine durch und durch ethische Natur, er selbst brachte seinen Schü¬
lern die reichste Liebe entgegen.

Sein Leben, sein Wirken zu schildern und zu beleuchten, fühle ich mich
nicht berufen. Nur von einer kleinen Episode aus seiner akademischen Thätigkeit
möchte ich erzählen, die geeignet ist, ein schönes Licht auf das Herz des treff¬
lichen Mannes zu werfen. Bin ich doch wahrscheinlich der einzige Ueberlebende,
dem eine Rolle dabei zuertheilt war.

Wenn ich mich recht erinnere, war es im Frühjahr 1838. daß in einigen
der begeistertsten Zuhörer des großen Philosophen der Wunsch nach einer
innigeren Vereinigung untereinander und zwar unter der Aegide ihres ver¬
ehrten Meisters erwachte. Man näherte sich gegenseitig, es wurden Verab-



*) Prof. Karl Rosenkranz geb. am 23, April 180S in Magdeburg, f am 14. Juni 1879
in Königsberg.

ländisches Ehepaar gestiftet hatte, durch Geschenke und Eintritt in ihre Genossen¬
schaft thatkräftige Theilnahme bewiesen. Vielleicht, daß ein günstiges Geschick
noch einmal Briefe oder sonstige private Aufzeichnungen Burkard's zu Tage
fördert. Sie würden am besten im Stande sein, das nöthige Material zur
Charakteristik eines Mannes zu liefern, dem in Jahren von eminentester poli¬
tischer Bedeutung in einem der Zentren des politischen Lebens zu wirken ver¬
gönnt war.


H. Heidenheime r.


Mademika.
1.) Rosenkranz und die Nibelungen.

„Rosenkranz todt! — Mein Rosenkranz todt!" — So hat wohl in den
letzten Wochen schmerzerfüllt mancher seiner Jünger mit mir gerufen, der einst
nicht nur zu seinen Füßen gesessen, sondern auch seinem Herzen — dem edelsten,
treuesten Herzen! — näher gestanden.*) So viel auch über den Einfluß des
unvergeßlichen Meisters auf das geistige Leben der Albertina gesagt worden
ist, so stark man auch, namentlich jetzt, seine Verdienste um die Wissenschaft
betonen mag, nimmer genug wird seine Einwirkung auf das Gemüthsleben
seiner Schüler gewürdigt werden können. Wer ihm zu nahen das Glück hatte,
konnte sich dem erfrischenden, belebenden, erhebenden Zauber seiner liebens¬
würdigen, idealen Persönlichkeit gar nicht entziehen. Niemals hat wohl ein
Universitäts-Lehrer mit solchem Erfolge Ethik gelehrt, nie ein Kathedermann
solche Liebe bei seinen Zuhörern genossen, wie Rosenkranz. Kein Wunder: er
selbst war eine durch und durch ethische Natur, er selbst brachte seinen Schü¬
lern die reichste Liebe entgegen.

Sein Leben, sein Wirken zu schildern und zu beleuchten, fühle ich mich
nicht berufen. Nur von einer kleinen Episode aus seiner akademischen Thätigkeit
möchte ich erzählen, die geeignet ist, ein schönes Licht auf das Herz des treff¬
lichen Mannes zu werfen. Bin ich doch wahrscheinlich der einzige Ueberlebende,
dem eine Rolle dabei zuertheilt war.

Wenn ich mich recht erinnere, war es im Frühjahr 1838. daß in einigen
der begeistertsten Zuhörer des großen Philosophen der Wunsch nach einer
innigeren Vereinigung untereinander und zwar unter der Aegide ihres ver¬
ehrten Meisters erwachte. Man näherte sich gegenseitig, es wurden Verab-



*) Prof. Karl Rosenkranz geb. am 23, April 180S in Magdeburg, f am 14. Juni 1879
in Königsberg.
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[0196] ländisches Ehepaar gestiftet hatte, durch Geschenke und Eintritt in ihre Genossen¬ schaft thatkräftige Theilnahme bewiesen. Vielleicht, daß ein günstiges Geschick noch einmal Briefe oder sonstige private Aufzeichnungen Burkard's zu Tage fördert. Sie würden am besten im Stande sein, das nöthige Material zur Charakteristik eines Mannes zu liefern, dem in Jahren von eminentester poli¬ tischer Bedeutung in einem der Zentren des politischen Lebens zu wirken ver¬ gönnt war. H. Heidenheime r. Mademika. 1.) Rosenkranz und die Nibelungen. „Rosenkranz todt! — Mein Rosenkranz todt!" — So hat wohl in den letzten Wochen schmerzerfüllt mancher seiner Jünger mit mir gerufen, der einst nicht nur zu seinen Füßen gesessen, sondern auch seinem Herzen — dem edelsten, treuesten Herzen! — näher gestanden.*) So viel auch über den Einfluß des unvergeßlichen Meisters auf das geistige Leben der Albertina gesagt worden ist, so stark man auch, namentlich jetzt, seine Verdienste um die Wissenschaft betonen mag, nimmer genug wird seine Einwirkung auf das Gemüthsleben seiner Schüler gewürdigt werden können. Wer ihm zu nahen das Glück hatte, konnte sich dem erfrischenden, belebenden, erhebenden Zauber seiner liebens¬ würdigen, idealen Persönlichkeit gar nicht entziehen. Niemals hat wohl ein Universitäts-Lehrer mit solchem Erfolge Ethik gelehrt, nie ein Kathedermann solche Liebe bei seinen Zuhörern genossen, wie Rosenkranz. Kein Wunder: er selbst war eine durch und durch ethische Natur, er selbst brachte seinen Schü¬ lern die reichste Liebe entgegen. Sein Leben, sein Wirken zu schildern und zu beleuchten, fühle ich mich nicht berufen. Nur von einer kleinen Episode aus seiner akademischen Thätigkeit möchte ich erzählen, die geeignet ist, ein schönes Licht auf das Herz des treff¬ lichen Mannes zu werfen. Bin ich doch wahrscheinlich der einzige Ueberlebende, dem eine Rolle dabei zuertheilt war. Wenn ich mich recht erinnere, war es im Frühjahr 1838. daß in einigen der begeistertsten Zuhörer des großen Philosophen der Wunsch nach einer innigeren Vereinigung untereinander und zwar unter der Aegide ihres ver¬ ehrten Meisters erwachte. Man näherte sich gegenseitig, es wurden Verab- *) Prof. Karl Rosenkranz geb. am 23, April 180S in Magdeburg, f am 14. Juni 1879 in Königsberg.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/196>, abgerufen am 27.11.2024.