Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht hindern, auch solche literarische Bestrebungen zu beachten, welche aus
Irrthümern und Krankheiten des nationalen Lebens hervorgegangen sind. Die
geistige Thätigkeit des französischen Volkes in ihrer Gesammtheit galt es zu
schildern und zu beurtheilen.

Diese Aufgabe hat der Verfasser mit ungewöhnlichem Geschick auf der
Grundlage gediegener Kenntnisse gelöst. Sein Buch war wohl schon in seiner
ursprünglichen Gestalt der beste Wegweiser seiner Art durch die französische
Literatur von ihren Anfängen an bis auf die neueste Zeit, zumal wenn man
das Studium derselben mit dem der von ihm zusammengestellten Anthologie
"?rois sisslss as 1s. littvraturs tra>mya,i8s" verband, welche die im vorliegenden
Werke von den Hauptschriftstellern der letzten Jahrhunderte gegebenen Schilde¬
rungen durch sorgfältig ausgewählte Belegstellen aus deren Werken illustrirt
und begründet. Noch werthvoller ist es durch die Neubearbeitung geworden,
die es durch Lamprecht erfahren hat. Die mitgetheilten Proben aus französi¬
schen Schriftstellern sind in der 5. Auflage nach den neuesten kritischen Aus¬
gaben verglichen, die Zitate durchweg nach den betreffenden Ausgaben hinzu¬
gefügt, die Namen und Zahlen, wo es nöthig war, nach den besten neueren
Hilfsmitteln berichtigt. Außerdem hat der Bearbeiter die Bibliographie, vor¬
züglich in den Abschnitten, welche vom Mittelalter handeln, vielfach vervoll¬
ständigt, bei einzelnen Artikeln, z. B. bei den Va,ux, as Virs, den neuesten
Stand der Forschung in Anmerkungen angegeben und die Gleichförmigkeit der
Orthographie hergestellt, wodurch der innere Werth des Buches ebenso wie
dessen praktische Brauchbarkeit wesentlich gewonnen hat.


Sophie Dorothea, Prinzessin v. Ahldeu und Kurfürstin Sophie
von Hannover. Aus archivcilischeu Quellen von A. F. H. Schau manu. Mit
vier Porträts und einer Stammtafel. Hannover, Klindworth's Verlag, 1879.

Die Geschichte der unglücklichen Prinzessin, die, des Ehebruchs angeklagt,
in das düstre Waldschloß Ahlden verbannt wurde und dort nach langen Jahren
als Verbannte starb, während ihr angeblicher Verführer im kurfürstlichen
Schlosse zu Hannover ermordet wurde, ist, einestheils wegen des Geheimnisses,
das sie umhüllt, anderntheils, weil Sophie Dorothea die Stammmutter sowohl
des preußischen als des englischen Königshauses ist, unter allen Hofgeschichten
verwandter Art vielleicht die interessanteste und bekannteste, zugleich aber ent¬
schieden die bis jetzt am wenigsten aufgeklärte. Die Tradition von den in
diesem Trauerspiel regierenden Motiven und deren Entwickelung und Ausgang
ist voll von Zügen, die Vielen als erwiesen gelten, während sie nichts als
Hypothesen oder willkürliche Erfindungen sind. Das Stück spielte großenteils
hinter einem Vorhange, und es liegen keinerlei Akten vor, die der Erzählung,


nicht hindern, auch solche literarische Bestrebungen zu beachten, welche aus
Irrthümern und Krankheiten des nationalen Lebens hervorgegangen sind. Die
geistige Thätigkeit des französischen Volkes in ihrer Gesammtheit galt es zu
schildern und zu beurtheilen.

Diese Aufgabe hat der Verfasser mit ungewöhnlichem Geschick auf der
Grundlage gediegener Kenntnisse gelöst. Sein Buch war wohl schon in seiner
ursprünglichen Gestalt der beste Wegweiser seiner Art durch die französische
Literatur von ihren Anfängen an bis auf die neueste Zeit, zumal wenn man
das Studium derselben mit dem der von ihm zusammengestellten Anthologie
„?rois sisslss as 1s. littvraturs tra>mya,i8s" verband, welche die im vorliegenden
Werke von den Hauptschriftstellern der letzten Jahrhunderte gegebenen Schilde¬
rungen durch sorgfältig ausgewählte Belegstellen aus deren Werken illustrirt
und begründet. Noch werthvoller ist es durch die Neubearbeitung geworden,
die es durch Lamprecht erfahren hat. Die mitgetheilten Proben aus französi¬
schen Schriftstellern sind in der 5. Auflage nach den neuesten kritischen Aus¬
gaben verglichen, die Zitate durchweg nach den betreffenden Ausgaben hinzu¬
gefügt, die Namen und Zahlen, wo es nöthig war, nach den besten neueren
Hilfsmitteln berichtigt. Außerdem hat der Bearbeiter die Bibliographie, vor¬
züglich in den Abschnitten, welche vom Mittelalter handeln, vielfach vervoll¬
ständigt, bei einzelnen Artikeln, z. B. bei den Va,ux, as Virs, den neuesten
Stand der Forschung in Anmerkungen angegeben und die Gleichförmigkeit der
Orthographie hergestellt, wodurch der innere Werth des Buches ebenso wie
dessen praktische Brauchbarkeit wesentlich gewonnen hat.


Sophie Dorothea, Prinzessin v. Ahldeu und Kurfürstin Sophie
von Hannover. Aus archivcilischeu Quellen von A. F. H. Schau manu. Mit
vier Porträts und einer Stammtafel. Hannover, Klindworth's Verlag, 1879.

Die Geschichte der unglücklichen Prinzessin, die, des Ehebruchs angeklagt,
in das düstre Waldschloß Ahlden verbannt wurde und dort nach langen Jahren
als Verbannte starb, während ihr angeblicher Verführer im kurfürstlichen
Schlosse zu Hannover ermordet wurde, ist, einestheils wegen des Geheimnisses,
das sie umhüllt, anderntheils, weil Sophie Dorothea die Stammmutter sowohl
des preußischen als des englischen Königshauses ist, unter allen Hofgeschichten
verwandter Art vielleicht die interessanteste und bekannteste, zugleich aber ent¬
schieden die bis jetzt am wenigsten aufgeklärte. Die Tradition von den in
diesem Trauerspiel regierenden Motiven und deren Entwickelung und Ausgang
ist voll von Zügen, die Vielen als erwiesen gelten, während sie nichts als
Hypothesen oder willkürliche Erfindungen sind. Das Stück spielte großenteils
hinter einem Vorhange, und es liegen keinerlei Akten vor, die der Erzählung,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0171" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142668"/>
            <p xml:id="ID_508" prev="#ID_507"> nicht hindern, auch solche literarische Bestrebungen zu beachten, welche aus<lb/>
Irrthümern und Krankheiten des nationalen Lebens hervorgegangen sind. Die<lb/>
geistige Thätigkeit des französischen Volkes in ihrer Gesammtheit galt es zu<lb/>
schildern und zu beurtheilen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_509"> Diese Aufgabe hat der Verfasser mit ungewöhnlichem Geschick auf der<lb/>
Grundlage gediegener Kenntnisse gelöst. Sein Buch war wohl schon in seiner<lb/>
ursprünglichen Gestalt der beste Wegweiser seiner Art durch die französische<lb/>
Literatur von ihren Anfängen an bis auf die neueste Zeit, zumal wenn man<lb/>
das Studium derselben mit dem der von ihm zusammengestellten Anthologie<lb/>
&#x201E;?rois sisslss as 1s. littvraturs tra&gt;mya,i8s" verband, welche die im vorliegenden<lb/>
Werke von den Hauptschriftstellern der letzten Jahrhunderte gegebenen Schilde¬<lb/>
rungen durch sorgfältig ausgewählte Belegstellen aus deren Werken illustrirt<lb/>
und begründet. Noch werthvoller ist es durch die Neubearbeitung geworden,<lb/>
die es durch Lamprecht erfahren hat. Die mitgetheilten Proben aus französi¬<lb/>
schen Schriftstellern sind in der 5. Auflage nach den neuesten kritischen Aus¬<lb/>
gaben verglichen, die Zitate durchweg nach den betreffenden Ausgaben hinzu¬<lb/>
gefügt, die Namen und Zahlen, wo es nöthig war, nach den besten neueren<lb/>
Hilfsmitteln berichtigt. Außerdem hat der Bearbeiter die Bibliographie, vor¬<lb/>
züglich in den Abschnitten, welche vom Mittelalter handeln, vielfach vervoll¬<lb/>
ständigt, bei einzelnen Artikeln, z. B. bei den Va,ux, as Virs, den neuesten<lb/>
Stand der Forschung in Anmerkungen angegeben und die Gleichförmigkeit der<lb/>
Orthographie hergestellt, wodurch der innere Werth des Buches ebenso wie<lb/>
dessen praktische Brauchbarkeit wesentlich gewonnen hat.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Sophie Dorothea, Prinzessin v. Ahldeu und Kurfürstin Sophie<lb/>
von Hannover.  Aus archivcilischeu Quellen von A. F. H. Schau manu. Mit<lb/>
vier Porträts und einer Stammtafel.  Hannover, Klindworth's Verlag, 1879.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_510" next="#ID_511"> Die Geschichte der unglücklichen Prinzessin, die, des Ehebruchs angeklagt,<lb/>
in das düstre Waldschloß Ahlden verbannt wurde und dort nach langen Jahren<lb/>
als Verbannte starb, während ihr angeblicher Verführer im kurfürstlichen<lb/>
Schlosse zu Hannover ermordet wurde, ist, einestheils wegen des Geheimnisses,<lb/>
das sie umhüllt, anderntheils, weil Sophie Dorothea die Stammmutter sowohl<lb/>
des preußischen als des englischen Königshauses ist, unter allen Hofgeschichten<lb/>
verwandter Art vielleicht die interessanteste und bekannteste, zugleich aber ent¬<lb/>
schieden die bis jetzt am wenigsten aufgeklärte. Die Tradition von den in<lb/>
diesem Trauerspiel regierenden Motiven und deren Entwickelung und Ausgang<lb/>
ist voll von Zügen, die Vielen als erwiesen gelten, während sie nichts als<lb/>
Hypothesen oder willkürliche Erfindungen sind. Das Stück spielte großenteils<lb/>
hinter einem Vorhange, und es liegen keinerlei Akten vor, die der Erzählung,</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0171] nicht hindern, auch solche literarische Bestrebungen zu beachten, welche aus Irrthümern und Krankheiten des nationalen Lebens hervorgegangen sind. Die geistige Thätigkeit des französischen Volkes in ihrer Gesammtheit galt es zu schildern und zu beurtheilen. Diese Aufgabe hat der Verfasser mit ungewöhnlichem Geschick auf der Grundlage gediegener Kenntnisse gelöst. Sein Buch war wohl schon in seiner ursprünglichen Gestalt der beste Wegweiser seiner Art durch die französische Literatur von ihren Anfängen an bis auf die neueste Zeit, zumal wenn man das Studium derselben mit dem der von ihm zusammengestellten Anthologie „?rois sisslss as 1s. littvraturs tra>mya,i8s" verband, welche die im vorliegenden Werke von den Hauptschriftstellern der letzten Jahrhunderte gegebenen Schilde¬ rungen durch sorgfältig ausgewählte Belegstellen aus deren Werken illustrirt und begründet. Noch werthvoller ist es durch die Neubearbeitung geworden, die es durch Lamprecht erfahren hat. Die mitgetheilten Proben aus französi¬ schen Schriftstellern sind in der 5. Auflage nach den neuesten kritischen Aus¬ gaben verglichen, die Zitate durchweg nach den betreffenden Ausgaben hinzu¬ gefügt, die Namen und Zahlen, wo es nöthig war, nach den besten neueren Hilfsmitteln berichtigt. Außerdem hat der Bearbeiter die Bibliographie, vor¬ züglich in den Abschnitten, welche vom Mittelalter handeln, vielfach vervoll¬ ständigt, bei einzelnen Artikeln, z. B. bei den Va,ux, as Virs, den neuesten Stand der Forschung in Anmerkungen angegeben und die Gleichförmigkeit der Orthographie hergestellt, wodurch der innere Werth des Buches ebenso wie dessen praktische Brauchbarkeit wesentlich gewonnen hat. Sophie Dorothea, Prinzessin v. Ahldeu und Kurfürstin Sophie von Hannover. Aus archivcilischeu Quellen von A. F. H. Schau manu. Mit vier Porträts und einer Stammtafel. Hannover, Klindworth's Verlag, 1879. Die Geschichte der unglücklichen Prinzessin, die, des Ehebruchs angeklagt, in das düstre Waldschloß Ahlden verbannt wurde und dort nach langen Jahren als Verbannte starb, während ihr angeblicher Verführer im kurfürstlichen Schlosse zu Hannover ermordet wurde, ist, einestheils wegen des Geheimnisses, das sie umhüllt, anderntheils, weil Sophie Dorothea die Stammmutter sowohl des preußischen als des englischen Königshauses ist, unter allen Hofgeschichten verwandter Art vielleicht die interessanteste und bekannteste, zugleich aber ent¬ schieden die bis jetzt am wenigsten aufgeklärte. Die Tradition von den in diesem Trauerspiel regierenden Motiven und deren Entwickelung und Ausgang ist voll von Zügen, die Vielen als erwiesen gelten, während sie nichts als Hypothesen oder willkürliche Erfindungen sind. Das Stück spielte großenteils hinter einem Vorhange, und es liegen keinerlei Akten vor, die der Erzählung,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/171
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/171>, abgerufen am 24.11.2024.