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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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sich in Kreisen unbeliebt zu machen, wo ihm besonders daran lag, Empfind¬
lichkeiten zu beschwichtigen und sich für die Dauer Wohlwollen zu erwerben.
Er hat sich der ihm vom Kaiser und der Nation anvertrauten fast unbe¬
schränkten (zu viel behauptet!) Vollmachten bedient, um in dieser besonderen
Richtung Ergebnisse herbeizuführen, welche sich durch ein streng konstitutionelles
Verfahren nicht erreichen ließen. Durch die vor nichts zurückschreckende Aus¬
übung seines Einflusses auf die Verwaltung ist viel werthvoller Eisenbahnbesitz
(zum Besten des Staates, also zum Wohle Aller, zuletzt auch indirekt der
Aktionäre!) entwerthet worden, bis die Aktionäre herausfanden, daß es that¬
sächlich in ihrem Interesse lag, sich von ihren Aktien unter Bedingungen zu
trennen, die sie, als man sie ihnen zu Anfang vorschlug, nicht einmal anhören
wollten, indem sie der irrigen Meinung lebten, daß man sie nicht zwingen
könnte, was ihnen gehörte, mit Verlust aufzugeben, blos, weil die Regierung
es zu wohlfeilen Preise haben wollte. Hierbei machten sie die Rechnung ohne
den Wirth. Fürst Bismarck hat ihnen bewiesen, daß die Staatsraison, seiner
Vertretung übertragen, vor allen privaten und individuellen Interessen, gleich¬
viel welchen, den Vortritt hat. Er hat sich von seinem Vorhaben weder durch
wirthschaftliche Rücksichten, die geltend gemacht wurden, noch durch irgend welche
Vorstellungen gefühlvoller Art abbringen lassen, und das Ergebniß seiner
Standhaftigkeit ist das, daß Deutschland sich jetzt in einer Lage befindet, in
der es seinen nächsten Krieg gegen jeden seiner großen Nachbarn -- vorzüglich
gegen Frankreich -- mit sehr günstigen Aussichten führen kann, während es
selbst gegenüber jeder Invasion von seiner Westgrenze her unbedingt unüber¬
windlich ist.

Thatsächlich sind die Milliarden in der Hauptsache für verbesserte Rüstungen
der oder jener Art ausgegeben worden. Eine riesige Summe ist für Stra߬
burg und Metz verwendet, die östlichen Festungen sind erweitert, verstärkt und
mit einer gewaltigen Artillerie versehen, die achtzehn Armeekorps des kaiserlichen
Kriegsheeres sind neubewaffnet mit Gewehren von der höchsten Wirksamkeit,
welche die moderne Wissenschaft erreicht hat, die Qualität der Kavalleriepferde
hat eine solche Verbesserung erfahren, daß man, ohne Widerspruch fürchten zu
müssen, behaupten kann, sie sei doppelt so gut als 1870, und die gegenwär¬
tigen Zahlen der stehenden Armee und folglich auch der Reserve und der Land¬
wehr sind beträchtlich vermehrt worden. Die Streitmacht, über die der deutsche
Kaiser für einen auswärtigen Krieg verfügt, ist in jeder Beziehung eine viel
furchtbarere als die, mit welcher er vor etwa neun Jahren Frankreich überzog
und besiegte. Die Verbesserungen im Mobilisirungssystem haben Schritt ge¬
halten mit denen in der Bewaffnung, Ausstattung und Beförderung der kaiser¬
lichen Legionen. Mau wird sich erinnern, daß die französische Kriegserklärung


Grenzboten II. 1879. 61

sich in Kreisen unbeliebt zu machen, wo ihm besonders daran lag, Empfind¬
lichkeiten zu beschwichtigen und sich für die Dauer Wohlwollen zu erwerben.
Er hat sich der ihm vom Kaiser und der Nation anvertrauten fast unbe¬
schränkten (zu viel behauptet!) Vollmachten bedient, um in dieser besonderen
Richtung Ergebnisse herbeizuführen, welche sich durch ein streng konstitutionelles
Verfahren nicht erreichen ließen. Durch die vor nichts zurückschreckende Aus¬
übung seines Einflusses auf die Verwaltung ist viel werthvoller Eisenbahnbesitz
(zum Besten des Staates, also zum Wohle Aller, zuletzt auch indirekt der
Aktionäre!) entwerthet worden, bis die Aktionäre herausfanden, daß es that¬
sächlich in ihrem Interesse lag, sich von ihren Aktien unter Bedingungen zu
trennen, die sie, als man sie ihnen zu Anfang vorschlug, nicht einmal anhören
wollten, indem sie der irrigen Meinung lebten, daß man sie nicht zwingen
könnte, was ihnen gehörte, mit Verlust aufzugeben, blos, weil die Regierung
es zu wohlfeilen Preise haben wollte. Hierbei machten sie die Rechnung ohne
den Wirth. Fürst Bismarck hat ihnen bewiesen, daß die Staatsraison, seiner
Vertretung übertragen, vor allen privaten und individuellen Interessen, gleich¬
viel welchen, den Vortritt hat. Er hat sich von seinem Vorhaben weder durch
wirthschaftliche Rücksichten, die geltend gemacht wurden, noch durch irgend welche
Vorstellungen gefühlvoller Art abbringen lassen, und das Ergebniß seiner
Standhaftigkeit ist das, daß Deutschland sich jetzt in einer Lage befindet, in
der es seinen nächsten Krieg gegen jeden seiner großen Nachbarn — vorzüglich
gegen Frankreich — mit sehr günstigen Aussichten führen kann, während es
selbst gegenüber jeder Invasion von seiner Westgrenze her unbedingt unüber¬
windlich ist.

Thatsächlich sind die Milliarden in der Hauptsache für verbesserte Rüstungen
der oder jener Art ausgegeben worden. Eine riesige Summe ist für Stra߬
burg und Metz verwendet, die östlichen Festungen sind erweitert, verstärkt und
mit einer gewaltigen Artillerie versehen, die achtzehn Armeekorps des kaiserlichen
Kriegsheeres sind neubewaffnet mit Gewehren von der höchsten Wirksamkeit,
welche die moderne Wissenschaft erreicht hat, die Qualität der Kavalleriepferde
hat eine solche Verbesserung erfahren, daß man, ohne Widerspruch fürchten zu
müssen, behaupten kann, sie sei doppelt so gut als 1870, und die gegenwär¬
tigen Zahlen der stehenden Armee und folglich auch der Reserve und der Land¬
wehr sind beträchtlich vermehrt worden. Die Streitmacht, über die der deutsche
Kaiser für einen auswärtigen Krieg verfügt, ist in jeder Beziehung eine viel
furchtbarere als die, mit welcher er vor etwa neun Jahren Frankreich überzog
und besiegte. Die Verbesserungen im Mobilisirungssystem haben Schritt ge¬
halten mit denen in der Bewaffnung, Ausstattung und Beförderung der kaiser¬
lichen Legionen. Mau wird sich erinnern, daß die französische Kriegserklärung


Grenzboten II. 1879. 61
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/481>, abgerufen am 27.12.2024.