Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.Wesen vieler unsrer deutschen Herrn, die harte Behandlung ihrer Unterthanen, Moser hatte sich der pietistischen Richtung seines Vaters angeschlossen, Für das Willkürregiment der Höfe hatte er ein Beispiel an seinem eignen Der Herzog ließ dem Gefangenen die Freiheit anbieten, wenn er eine Akte Wesen vieler unsrer deutschen Herrn, die harte Behandlung ihrer Unterthanen, Moser hatte sich der pietistischen Richtung seines Vaters angeschlossen, Für das Willkürregiment der Höfe hatte er ein Beispiel an seinem eignen Der Herzog ließ dem Gefangenen die Freiheit anbieten, wenn er eine Akte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142335"/> <p xml:id="ID_1136" prev="#ID_1135"> Wesen vieler unsrer deutschen Herrn, die harte Behandlung ihrer Unterthanen,<lb/> die Übertretungen heiliger Versprechen, die Unwissenheit in ihren eigentlichen<lb/> Pflichten haben wir meist der militärischen Regierungsart zu danken. Die<lb/> Pünktlichkeit des Dienstes, den man im Kriegsstand von den Subalternen fordern<lb/> kann und muß, macht Regenten, die also gebildet zur Regierung kommen, spröde,<lb/> hart und unleidlich, um unter ihnen in Sachen zu arbeiten, wobei es auf reife<lb/> Ueberlegung ankommt. Da im Krieg Gewalt vor Recht geht, und auch ein<lb/> rechtschaffner General Vieles thun muß, das er für seine Person lieber um-<lb/> gethan ließe, so legt sich eine gewisse Härte auf das Gemüth, welche einen Herrn<lb/> nicht leicht wieder verläßt."... „Man sagt, ein Regent sei Niemand als Gott<lb/> von seinen Handlungen Rechenschaft schuldig. Es war das sonst die Sprache<lb/> großer Monarchen, sie wird aber, im Vertrauen auf die deutsche Freiheit, auch<lb/> an unsern kleinen Höfen Mode. Ein Herr, welcher zu dem traurigen Mittel<lb/> schreitet, Gott zum Richter zwischen sich und die Unterthanen zu stellen, sagt<lb/> damit in der That nichts anders als: Ich verlange von euch weder Vertrauen<lb/> noch Beifall; ich weiß, daß ihr Gründe habt, meine Handlungen zu tadeln,<lb/> ich begehre sie aber nicht zu wissen: ihr habt nur eine Pflicht, den Gehorsam.<lb/> Thue ich euch Unrecht, verklagt mich bei Gott! Habt ihr Vorstellungen zu<lb/> machen, ich nehme keine an; übergebt sie Gott, welcher der alleinige Richter<lb/> meiner Handlungen ist. — Er ist es auch!! Und dieser allmächtige Richter<lb/> aller Herrn wird sich so beweisen, wenn er dereinst die bösen Regenten mit<lb/> Ketten ewiger Finsterniß wird binden lassen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1137"> Moser hatte sich der pietistischen Richtung seines Vaters angeschlossen,<lb/> die er aber als geistreicher Mann behandelte; er hatte Sinn für alle neuen<lb/> Erscheinungen von Bedeutung: er ist der Freund des Fräulein v. Klettenberg,<lb/> der „Philo" in den „Bekenntnissen einer schönen Seele". Später versuchte er<lb/> sich auch als Dichter und schrieb einen „Daniel in der Löwengrube" in Klop-<lb/> stock'sehen Stil.</p><lb/> <p xml:id="ID_1138"> Für das Willkürregiment der Höfe hatte er ein Beispiel an seinem eignen<lb/> Vater. Dieser hatte sich anfangs mit dem Herzog von Württemberg Karl<lb/> Eugen recht gut gestellt, allein die wüsten Eingriffe desselben in alle Gerecht¬<lb/> same trieben ihn in die Opposition. Bei einem schnöden Ansinnen des Ministers<lb/> Montmorin erklärte der alte Moser, er wolle lieber seinen grauen<lb/> Kopf verlieren als Unrecht thun; dafür ließ ihn der Herzog am 12. Juli 1759<lb/> nach dem Hohentwiel bringen, wo er ohne Untersuchung und Urtheil sechs<lb/> Jahre in schwerer, einsamer Haft blieb. Der kaiserliche Hof ließ ihn im Stich,<lb/> erst ein Jahr nach dem Frieden erinnerte man sich seiner.</p><lb/> <p xml:id="ID_1139" next="#ID_1140"> Der Herzog ließ dem Gefangenen die Freiheit anbieten, wenn er eine Akte<lb/> unterzeichnen wollte, in der er sich als Verbrecher bekannte und um Gnade</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
Wesen vieler unsrer deutschen Herrn, die harte Behandlung ihrer Unterthanen,
die Übertretungen heiliger Versprechen, die Unwissenheit in ihren eigentlichen
Pflichten haben wir meist der militärischen Regierungsart zu danken. Die
Pünktlichkeit des Dienstes, den man im Kriegsstand von den Subalternen fordern
kann und muß, macht Regenten, die also gebildet zur Regierung kommen, spröde,
hart und unleidlich, um unter ihnen in Sachen zu arbeiten, wobei es auf reife
Ueberlegung ankommt. Da im Krieg Gewalt vor Recht geht, und auch ein
rechtschaffner General Vieles thun muß, das er für seine Person lieber um-
gethan ließe, so legt sich eine gewisse Härte auf das Gemüth, welche einen Herrn
nicht leicht wieder verläßt."... „Man sagt, ein Regent sei Niemand als Gott
von seinen Handlungen Rechenschaft schuldig. Es war das sonst die Sprache
großer Monarchen, sie wird aber, im Vertrauen auf die deutsche Freiheit, auch
an unsern kleinen Höfen Mode. Ein Herr, welcher zu dem traurigen Mittel
schreitet, Gott zum Richter zwischen sich und die Unterthanen zu stellen, sagt
damit in der That nichts anders als: Ich verlange von euch weder Vertrauen
noch Beifall; ich weiß, daß ihr Gründe habt, meine Handlungen zu tadeln,
ich begehre sie aber nicht zu wissen: ihr habt nur eine Pflicht, den Gehorsam.
Thue ich euch Unrecht, verklagt mich bei Gott! Habt ihr Vorstellungen zu
machen, ich nehme keine an; übergebt sie Gott, welcher der alleinige Richter
meiner Handlungen ist. — Er ist es auch!! Und dieser allmächtige Richter
aller Herrn wird sich so beweisen, wenn er dereinst die bösen Regenten mit
Ketten ewiger Finsterniß wird binden lassen!"
Moser hatte sich der pietistischen Richtung seines Vaters angeschlossen,
die er aber als geistreicher Mann behandelte; er hatte Sinn für alle neuen
Erscheinungen von Bedeutung: er ist der Freund des Fräulein v. Klettenberg,
der „Philo" in den „Bekenntnissen einer schönen Seele". Später versuchte er
sich auch als Dichter und schrieb einen „Daniel in der Löwengrube" in Klop-
stock'sehen Stil.
Für das Willkürregiment der Höfe hatte er ein Beispiel an seinem eignen
Vater. Dieser hatte sich anfangs mit dem Herzog von Württemberg Karl
Eugen recht gut gestellt, allein die wüsten Eingriffe desselben in alle Gerecht¬
same trieben ihn in die Opposition. Bei einem schnöden Ansinnen des Ministers
Montmorin erklärte der alte Moser, er wolle lieber seinen grauen
Kopf verlieren als Unrecht thun; dafür ließ ihn der Herzog am 12. Juli 1759
nach dem Hohentwiel bringen, wo er ohne Untersuchung und Urtheil sechs
Jahre in schwerer, einsamer Haft blieb. Der kaiserliche Hof ließ ihn im Stich,
erst ein Jahr nach dem Frieden erinnerte man sich seiner.
Der Herzog ließ dem Gefangenen die Freiheit anbieten, wenn er eine Akte
unterzeichnen wollte, in der er sich als Verbrecher bekannte und um Gnade
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |