Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.gesehen gegebene und von der Bundesverfassung zur Pflicht gemachte Befugniß Als die mit dem Veto belegte Armeebill im Repräsentantenhause am 1. Mai Grenzboten II. 1879.4ö
gesehen gegebene und von der Bundesverfassung zur Pflicht gemachte Befugniß Als die mit dem Veto belegte Armeebill im Repräsentantenhause am 1. Mai Grenzboten II. 1879.4ö
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gesehen gegebene und von der Bundesverfassung zur Pflicht gemachte Befugniß
in Bezug auf den Schutz des freien Wahlrechts aus der Hand gebe. Daher
die der Armeebill angehängte Klausel. Das Veto des Präsidenten hat die
Pläne der Demokraten einstweilen durchkreuzt, auf die Gefahr hin, daß die zur
Fortführung der Regierungsgeschäfte nöthigen Gelder nicht bewilligt werden.
Die hieraus entspringenden Folgen sind nur temporäre Unbequemlichkeiten, ein
Eingehen auf die Pläne der Demokraten aber wäre gleichbedeutend gewesen
mit einem Aufgeben der Machtstellung der exekutiven Gewalt und einem Aus¬
liefern der ganzen Regierung an eine gewaltthätige, herrsch- und beutesüchtige
Partei. Das hat Präsident Hayes wohl erkannt und danach sein Verhalten
eingerichtet.
Als die mit dem Veto belegte Armeebill im Repräsentantenhause am 1. Mai
zur Abstimmung kam, stimmten 120 Abgeordnete dafür und 110 dagegen; damit
war dieselbe, weil sich keine Zweidrittelmajorität dafür erklärt hatte, gefallen.
Die Demokraten haben sich aber bei dieser Niederlage nicht beruhigt. Sie
hielten sofort verschiedene geheime Partei- oder Caucus-Versammlungen ab, deren
Resultat dahin ging, daß der sechste Abschnitt der mit dem Veto belegten
Armeebill etwas modifizirt als selbständiger Antrag eingebracht, die Beschlu߬
fassung über die Armeebill und das Budget überhaupt aber einstweilen noch
vertagt werden sollte. So geschah es denn, daß am 5. Mai in beiden Kongreß-
Häusern eine selbständige Bill eingereicht wurde, die den Gebrauch von Bundes¬
soldaten bei nationalen Wahlen nur gegen „bewaffnete Feinde der Vereinigten
Staaten" erlaubt, ihre Anwendung aber zur „Aufrechterhaltung von Ruhe und
Ordnung an den Stimmplätzen" mit Stillschweigen übergeht. Es liegt auf
der flachen Hand, daß die Demokraten von ihrem ursprünglichen Plane noch
nicht abgegangen sind, daß sie sich weigern, das Budget zu bewilligen, wenn
nicht der Präsident das ihm gesetzlich zustehende Recht, die Freiheit und Reinheit
der nationalen Wahlen nöthigenfalls mit Waffengewalt zu schützen, aufgibt.
Die Gouverneure der Einzelstaaten der Union sollen, nach der Ansicht der
Demokraten, das Recht haben, bei Bundeswahlen Truppen aufzubieten; dem
Oberhaupte der Nation, dem Präsidenten, aber soll dies Recht nicht zustehen.
Wie amerikanische Zeitungen melden, werden die republikanischen Mitglieder
des Kongresses einstimmig gegen die neue Bill der Demokraten auftreten; was
aber das Ende dieses Kampfes sein wird, bleibt abzuwarten. In gewissen
Punkten wird Hayes vielleicht nachgeben, in der Hauptsache schwerlich.
Grenzboten II. 1879.4ö
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