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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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entschlossen den Handschuh aufnahm, der ihm von den Repräsentanten der
früheren Rebellenstaaten und deren Bundesgenossen in verblendeten Uebermuthe
vor die Füße geworfen wurde. Hayes ist kein Säbelraßler, er hat gewiß nicht
das Zeug zu einem Diktator, er ist ein einfacher Mann des Volkes, für dessen
Wohl sein Herz schlägt, und dem sein Streben gilt. Wie er im Sezessions¬
kriege als General in verschiedenen Schlachten den Rebellen gegenüber seine
Pflicht that, so tritt er jetzt muthvoll den revolutionären Umtrieben der im
Kongreß sitzenden Ex-Rebellen und ihrer demokratischen Gesinnungsgenossen
entgegen. Er wünscht ebenso wenig, wie irgend ein anderer Patriot, die Republik
der Vereinigten Staaten zu schädigen, indem er die nationalen Wahlen durch
die Bayonette von Bundessoldaten entscheiden läßt; aber er will auch in keiner
Weise, so weit seine Macht reicht, es zulassen, daß in den Südstaaten bewaffnete
Banden im Interesse der demokratischen Partei die Gegner von der Wahlurne
wegtreiben und das freie Stimmrecht mit Füßen treten. Er hat, als er das
Präsidentenamt übernahm, geschworen, die" Verfassung und die Gesetze der
Vereinigten Staaten zu bewahren, zu beschützen und zu vertheidigen, und diesen
Schwur will er halten, allen demokratischen Intriguen zum Trotz. Er weiß,
welche Zwecke die Demokraten verfolgen. Er weiß, daß sie mit Absicht und
Vorbedacht die Extra-Sitzung des Kongresses erzwangen, weil sie in dieser in
beiden Zweigen der Bundeslegislatur die Mehrheit haben und diese nur durch
Betrug und Gewaltthaten an der Wahlurne gewonnene Mehrheit dazu benutzen
wollen, die Herrschaft an sich zu reißen und sich den Sieg in der im
Jahre 1880 stattfindenden Präsidentenwahl zu sichern, wenn sie dabei auch den
klaren Sinn der Bundesverfassung verletzen müssen. Handelte es sich um einen
bloßen Parteikampf zwischen Republikanern und Demokraten, dann hätte der
Präsident ruhig zuschauen können. Er ist der Präsident des ganzen Landes
und darf als solcher seine Pflichten nicht nach Parteiverhältnissen bemessen.
Wenn aber die Parteiverhältnisse so liegen, daß die eine Partei die Schützerin
der Verfassung, der Union, der Gesetze und zugleich des materiellen Wohles des
Landes ist, während die andere die Revolution, den Ungehorsam, den Verrath
und den Schaden des Landes vertritt, dann kann der Präsident nicht umsichtig
und energisch genug handeln, dann darf er sich nicht durch Phrasen von Freiheit,
Staatenrechten u. se w. blenden lassen, dann muß er Verfassung und Union
nach seinem Amtseide bewahren und seine Entscheidungen den wirklichen Ver¬
hältnissen und nicht verkehrten Gebräuchen anpassen. Der Süden der Union
ist den Demokraten bei nationalen Wahlen gegenwärtig so ziemlich sicher, aber
noch nicht genügend; nun soll die Hilfe des Abschaums in den großen Städten
des Nordens, namentlich in New-Aork, herbeigezogen werden, und damit dies
möglich werde, verlangten sie, daß der Präsident die ihm von den Landes-


entschlossen den Handschuh aufnahm, der ihm von den Repräsentanten der
früheren Rebellenstaaten und deren Bundesgenossen in verblendeten Uebermuthe
vor die Füße geworfen wurde. Hayes ist kein Säbelraßler, er hat gewiß nicht
das Zeug zu einem Diktator, er ist ein einfacher Mann des Volkes, für dessen
Wohl sein Herz schlägt, und dem sein Streben gilt. Wie er im Sezessions¬
kriege als General in verschiedenen Schlachten den Rebellen gegenüber seine
Pflicht that, so tritt er jetzt muthvoll den revolutionären Umtrieben der im
Kongreß sitzenden Ex-Rebellen und ihrer demokratischen Gesinnungsgenossen
entgegen. Er wünscht ebenso wenig, wie irgend ein anderer Patriot, die Republik
der Vereinigten Staaten zu schädigen, indem er die nationalen Wahlen durch
die Bayonette von Bundessoldaten entscheiden läßt; aber er will auch in keiner
Weise, so weit seine Macht reicht, es zulassen, daß in den Südstaaten bewaffnete
Banden im Interesse der demokratischen Partei die Gegner von der Wahlurne
wegtreiben und das freie Stimmrecht mit Füßen treten. Er hat, als er das
Präsidentenamt übernahm, geschworen, die« Verfassung und die Gesetze der
Vereinigten Staaten zu bewahren, zu beschützen und zu vertheidigen, und diesen
Schwur will er halten, allen demokratischen Intriguen zum Trotz. Er weiß,
welche Zwecke die Demokraten verfolgen. Er weiß, daß sie mit Absicht und
Vorbedacht die Extra-Sitzung des Kongresses erzwangen, weil sie in dieser in
beiden Zweigen der Bundeslegislatur die Mehrheit haben und diese nur durch
Betrug und Gewaltthaten an der Wahlurne gewonnene Mehrheit dazu benutzen
wollen, die Herrschaft an sich zu reißen und sich den Sieg in der im
Jahre 1880 stattfindenden Präsidentenwahl zu sichern, wenn sie dabei auch den
klaren Sinn der Bundesverfassung verletzen müssen. Handelte es sich um einen
bloßen Parteikampf zwischen Republikanern und Demokraten, dann hätte der
Präsident ruhig zuschauen können. Er ist der Präsident des ganzen Landes
und darf als solcher seine Pflichten nicht nach Parteiverhältnissen bemessen.
Wenn aber die Parteiverhältnisse so liegen, daß die eine Partei die Schützerin
der Verfassung, der Union, der Gesetze und zugleich des materiellen Wohles des
Landes ist, während die andere die Revolution, den Ungehorsam, den Verrath
und den Schaden des Landes vertritt, dann kann der Präsident nicht umsichtig
und energisch genug handeln, dann darf er sich nicht durch Phrasen von Freiheit,
Staatenrechten u. se w. blenden lassen, dann muß er Verfassung und Union
nach seinem Amtseide bewahren und seine Entscheidungen den wirklichen Ver¬
hältnissen und nicht verkehrten Gebräuchen anpassen. Der Süden der Union
ist den Demokraten bei nationalen Wahlen gegenwärtig so ziemlich sicher, aber
noch nicht genügend; nun soll die Hilfe des Abschaums in den großen Städten
des Nordens, namentlich in New-Aork, herbeigezogen werden, und damit dies
möglich werde, verlangten sie, daß der Präsident die ihm von den Landes-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/376>, abgerufen am 27.09.2024.