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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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magnetischen Kraft, daß überhaupt der Magnetismus an der ganzen Erschei¬
nung durchaus unschuldig sei. Die Kunde davon verbreitete sich in ganz Lon¬
don, und bald wurde es Modesache, dergleichen Experimente auszuführen; sie
dienten zur gesellschaftlichen Belustigung, geriethen aber, wie jede Mode, bald
wieder in Vergessenheit, In Deutschland sind die Experimente sehr oft von
dem verstorbenen Professor der Physiologie in Leipzig, von Czermak, wieder¬
holt worden. Im größeren Publikum aber sind sie so wenig mehr bekannt, daß
leider Dinge vorkommen können, wie wir sie eben wieder erlebt haben. Daß
Experimentatoren herumreisen und diese Erscheinungen vorführen, wird niemand
tadeln, im Gegentheil, das Publikum sieht bei denen, die große Uebung in
solchen Experimenten haben', eine feinere Ausführung als bei solchen, die,sie
nur selten machen. Diese "Magnetiseure" aber verlegen die Ursache der Er¬
scheinung in eine geheimnißvolle, nur ihnen eigenthümliche Kraft, weil sie recht
gut wissen, daß sie dadurch die Neugierde der Menge weit stärker herbeilocken,
als wenn sie einfach belehren würden. Darin aber steckt das Schwindelhafte
und Volksverführerische solcher Schaustellungen.




politische Briefe.
XI.
Der Wechsel im Reichstagspräsidium.

Am 17. Mai brachte Herr v. Forckenbeck bei dem Bankett des Städtetages
einen Toast aus in Erwiederung auf einen solchen, welcher dem deutschen Reichs¬
tage und seinem Präsidenten gegolten hatte. Man hat ans diesem Städtetage
recht viel auf deutsches Bürgerthum getoastet. Der Vorsteher der Stadtver¬
ordneten von Berlin hatte angefangen, der Reichsbote "unser Braun" war mit
dem Hoch auf den Städtetag gefolgt, Herrn v. Forckenbeck's Toast hatte dasselbe
Ziel. Aber die Herren sprachen keineswegs tautologisch. Erst kam das freie
Bürgerthum, dann kam das Bürgerthum als große liberale Partei, welche auch
die Bauern ein-, aber die Latifundienbesitzer ausschließt, die ihre schwielige Hand
blos als Redefigur ausnutzen. Herr v. Forckenbeck erklomm den Höhepunkt,
indem er das freie, thatkräftige Bürgerthum leben ließ. Es wurde auf
das Bürgerthum immer noch weiter getoastet und immer mit wirksamen Varia-


magnetischen Kraft, daß überhaupt der Magnetismus an der ganzen Erschei¬
nung durchaus unschuldig sei. Die Kunde davon verbreitete sich in ganz Lon¬
don, und bald wurde es Modesache, dergleichen Experimente auszuführen; sie
dienten zur gesellschaftlichen Belustigung, geriethen aber, wie jede Mode, bald
wieder in Vergessenheit, In Deutschland sind die Experimente sehr oft von
dem verstorbenen Professor der Physiologie in Leipzig, von Czermak, wieder¬
holt worden. Im größeren Publikum aber sind sie so wenig mehr bekannt, daß
leider Dinge vorkommen können, wie wir sie eben wieder erlebt haben. Daß
Experimentatoren herumreisen und diese Erscheinungen vorführen, wird niemand
tadeln, im Gegentheil, das Publikum sieht bei denen, die große Uebung in
solchen Experimenten haben', eine feinere Ausführung als bei solchen, die,sie
nur selten machen. Diese „Magnetiseure" aber verlegen die Ursache der Er¬
scheinung in eine geheimnißvolle, nur ihnen eigenthümliche Kraft, weil sie recht
gut wissen, daß sie dadurch die Neugierde der Menge weit stärker herbeilocken,
als wenn sie einfach belehren würden. Darin aber steckt das Schwindelhafte
und Volksverführerische solcher Schaustellungen.




politische Briefe.
XI.
Der Wechsel im Reichstagspräsidium.

Am 17. Mai brachte Herr v. Forckenbeck bei dem Bankett des Städtetages
einen Toast aus in Erwiederung auf einen solchen, welcher dem deutschen Reichs¬
tage und seinem Präsidenten gegolten hatte. Man hat ans diesem Städtetage
recht viel auf deutsches Bürgerthum getoastet. Der Vorsteher der Stadtver¬
ordneten von Berlin hatte angefangen, der Reichsbote „unser Braun" war mit
dem Hoch auf den Städtetag gefolgt, Herrn v. Forckenbeck's Toast hatte dasselbe
Ziel. Aber die Herren sprachen keineswegs tautologisch. Erst kam das freie
Bürgerthum, dann kam das Bürgerthum als große liberale Partei, welche auch
die Bauern ein-, aber die Latifundienbesitzer ausschließt, die ihre schwielige Hand
blos als Redefigur ausnutzen. Herr v. Forckenbeck erklomm den Höhepunkt,
indem er das freie, thatkräftige Bürgerthum leben ließ. Es wurde auf
das Bürgerthum immer noch weiter getoastet und immer mit wirksamen Varia-


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[0364] magnetischen Kraft, daß überhaupt der Magnetismus an der ganzen Erschei¬ nung durchaus unschuldig sei. Die Kunde davon verbreitete sich in ganz Lon¬ don, und bald wurde es Modesache, dergleichen Experimente auszuführen; sie dienten zur gesellschaftlichen Belustigung, geriethen aber, wie jede Mode, bald wieder in Vergessenheit, In Deutschland sind die Experimente sehr oft von dem verstorbenen Professor der Physiologie in Leipzig, von Czermak, wieder¬ holt worden. Im größeren Publikum aber sind sie so wenig mehr bekannt, daß leider Dinge vorkommen können, wie wir sie eben wieder erlebt haben. Daß Experimentatoren herumreisen und diese Erscheinungen vorführen, wird niemand tadeln, im Gegentheil, das Publikum sieht bei denen, die große Uebung in solchen Experimenten haben', eine feinere Ausführung als bei solchen, die,sie nur selten machen. Diese „Magnetiseure" aber verlegen die Ursache der Er¬ scheinung in eine geheimnißvolle, nur ihnen eigenthümliche Kraft, weil sie recht gut wissen, daß sie dadurch die Neugierde der Menge weit stärker herbeilocken, als wenn sie einfach belehren würden. Darin aber steckt das Schwindelhafte und Volksverführerische solcher Schaustellungen. politische Briefe. XI. Der Wechsel im Reichstagspräsidium. Am 17. Mai brachte Herr v. Forckenbeck bei dem Bankett des Städtetages einen Toast aus in Erwiederung auf einen solchen, welcher dem deutschen Reichs¬ tage und seinem Präsidenten gegolten hatte. Man hat ans diesem Städtetage recht viel auf deutsches Bürgerthum getoastet. Der Vorsteher der Stadtver¬ ordneten von Berlin hatte angefangen, der Reichsbote „unser Braun" war mit dem Hoch auf den Städtetag gefolgt, Herrn v. Forckenbeck's Toast hatte dasselbe Ziel. Aber die Herren sprachen keineswegs tautologisch. Erst kam das freie Bürgerthum, dann kam das Bürgerthum als große liberale Partei, welche auch die Bauern ein-, aber die Latifundienbesitzer ausschließt, die ihre schwielige Hand blos als Redefigur ausnutzen. Herr v. Forckenbeck erklomm den Höhepunkt, indem er das freie, thatkräftige Bürgerthum leben ließ. Es wurde auf das Bürgerthum immer noch weiter getoastet und immer mit wirksamen Varia-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/364>, abgerufen am 28.12.2024.