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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ergab nun folgende Resultate.
Aktiven der Kasse:
Baares Vermögen 503000 Mark
Wahrscheinlicher Werth der Beiträge
der Mitglieder und Werkbesitzer 2 797 000 "
Saldo (ungedecktes Defizit) 2 082000 "
5382000 Mark.
Passiver der Kasse:
Wahrscheinlicher Werth der Anwartschaften auf
Jnvalidenpension 2002000 Mark
Wittwenpension 1149000 "
Waisenpension 69000 "
Begräbnißgeld 88000 "
Krankengeld 500000 "
Wahxscheinlicher Werth der bereits fälligen
Jnvalidenpension 1269 000 Mark
Wittwenpension 238 000 "
Waisenpension 67 000 "
5382000 Mark.

Diese Kasse hatte also, wenn man sie streng nach den Regeln der Wahrschein¬
lichkeitsrechnung behandelte, ein Defizit von über 2 Millionen Mark. So wie es
hier ist, ist es aber mehr oder weniger schlimm ziemlich bei allen Kassen. Voll¬
ständig solvent dürften wenige sein.

Diese Behauptung, daß die Knappschaftskassen in der großen Mehrzahl
insolvente Institute seien, hebt die großen Wohlthaten nicht auf, die sie den
Bergleuten gebracht haben. Sie ist aber von verschiedenen Seiten sehr un¬
willig aufgenommen worden, indem man dem Kritiker vorwarf, er habe nicht
gerade mit falschem, aber doch viel zu strengem Maßstabe gemessen. Darüber
läßt sich streiten. Allerdings muß man zugeben, daß der Maßstab, mit dem
man eine allgemeine, Jedermann zugängliche Lebensversicherungsaustalt mißt,
für eine kleinere Anstalt, welche nur berufsgleiche Mitglieder zählt, etwas zu
streng sein möchte. Sehen wir zu, was sich da ändern läßt.

Fest steht, daß eine Knappschaftskasse mindestens so viel Fonds besitzen
muß, daß sie zu jeder Zeit sich auflösen kann, ohne die bereits im Genuß der
Pension sich befindenden Personen zu schädigen. In der vorstehenden Bilanz
müssen also die letzten drei Posten der Passiver, das sind zusammen 1574000
Mark, in baarem Vermögen der Kasse vorhanden sein. Absetzen könnte man


Grenzboten II. 1879. 41
Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ergab nun folgende Resultate.
Aktiven der Kasse:
Baares Vermögen 503000 Mark
Wahrscheinlicher Werth der Beiträge
der Mitglieder und Werkbesitzer 2 797 000 „
Saldo (ungedecktes Defizit) 2 082000 „
5382000 Mark.
Passiver der Kasse:
Wahrscheinlicher Werth der Anwartschaften auf
Jnvalidenpension 2002000 Mark
Wittwenpension 1149000 „
Waisenpension 69000 „
Begräbnißgeld 88000 „
Krankengeld 500000 „
Wahxscheinlicher Werth der bereits fälligen
Jnvalidenpension 1269 000 Mark
Wittwenpension 238 000 „
Waisenpension 67 000 „
5382000 Mark.

Diese Kasse hatte also, wenn man sie streng nach den Regeln der Wahrschein¬
lichkeitsrechnung behandelte, ein Defizit von über 2 Millionen Mark. So wie es
hier ist, ist es aber mehr oder weniger schlimm ziemlich bei allen Kassen. Voll¬
ständig solvent dürften wenige sein.

Diese Behauptung, daß die Knappschaftskassen in der großen Mehrzahl
insolvente Institute seien, hebt die großen Wohlthaten nicht auf, die sie den
Bergleuten gebracht haben. Sie ist aber von verschiedenen Seiten sehr un¬
willig aufgenommen worden, indem man dem Kritiker vorwarf, er habe nicht
gerade mit falschem, aber doch viel zu strengem Maßstabe gemessen. Darüber
läßt sich streiten. Allerdings muß man zugeben, daß der Maßstab, mit dem
man eine allgemeine, Jedermann zugängliche Lebensversicherungsaustalt mißt,
für eine kleinere Anstalt, welche nur berufsgleiche Mitglieder zählt, etwas zu
streng sein möchte. Sehen wir zu, was sich da ändern läßt.

Fest steht, daß eine Knappschaftskasse mindestens so viel Fonds besitzen
muß, daß sie zu jeder Zeit sich auflösen kann, ohne die bereits im Genuß der
Pension sich befindenden Personen zu schädigen. In der vorstehenden Bilanz
müssen also die letzten drei Posten der Passiver, das sind zusammen 1574000
Mark, in baarem Vermögen der Kasse vorhanden sein. Absetzen könnte man


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[0321] Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ergab nun folgende Resultate. Aktiven der Kasse: Baares Vermögen 503000 Mark Wahrscheinlicher Werth der Beiträge der Mitglieder und Werkbesitzer 2 797 000 „ Saldo (ungedecktes Defizit) 2 082000 „ 5382000 Mark. Passiver der Kasse: Wahrscheinlicher Werth der Anwartschaften auf Jnvalidenpension 2002000 Mark Wittwenpension 1149000 „ Waisenpension 69000 „ Begräbnißgeld 88000 „ Krankengeld 500000 „ Wahxscheinlicher Werth der bereits fälligen Jnvalidenpension 1269 000 Mark Wittwenpension 238 000 „ Waisenpension 67 000 „ 5382000 Mark. Diese Kasse hatte also, wenn man sie streng nach den Regeln der Wahrschein¬ lichkeitsrechnung behandelte, ein Defizit von über 2 Millionen Mark. So wie es hier ist, ist es aber mehr oder weniger schlimm ziemlich bei allen Kassen. Voll¬ ständig solvent dürften wenige sein. Diese Behauptung, daß die Knappschaftskassen in der großen Mehrzahl insolvente Institute seien, hebt die großen Wohlthaten nicht auf, die sie den Bergleuten gebracht haben. Sie ist aber von verschiedenen Seiten sehr un¬ willig aufgenommen worden, indem man dem Kritiker vorwarf, er habe nicht gerade mit falschem, aber doch viel zu strengem Maßstabe gemessen. Darüber läßt sich streiten. Allerdings muß man zugeben, daß der Maßstab, mit dem man eine allgemeine, Jedermann zugängliche Lebensversicherungsaustalt mißt, für eine kleinere Anstalt, welche nur berufsgleiche Mitglieder zählt, etwas zu streng sein möchte. Sehen wir zu, was sich da ändern läßt. Fest steht, daß eine Knappschaftskasse mindestens so viel Fonds besitzen muß, daß sie zu jeder Zeit sich auflösen kann, ohne die bereits im Genuß der Pension sich befindenden Personen zu schädigen. In der vorstehenden Bilanz müssen also die letzten drei Posten der Passiver, das sind zusammen 1574000 Mark, in baarem Vermögen der Kasse vorhanden sein. Absetzen könnte man Grenzboten II. 1879. 41

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/321>, abgerufen am 27.09.2024.