Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.größerem Rechte die deutschen Jungen" nennen können, und damit ja Niemand Nichtsdestoweniger finden sich in dem Buche viel mehr treffende und größerem Rechte die deutschen Jungen" nennen können, und damit ja Niemand Nichtsdestoweniger finden sich in dem Buche viel mehr treffende und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0244" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142199"/> <p xml:id="ID_673" prev="#ID_672"> größerem Rechte die deutschen Jungen" nennen können, und damit ja Niemand<lb/> über die Bedeutung dieses Epitheton im Unklaren bleibe, hat Herr Röpe es<lb/> fett drucken lassen. Trotzdem urtheilt er im Ganzen mit größerer Achtung<lb/> von Gutzkow als Herr Koenig; er läßt ihm sogar als Dramatiker volle Ge¬<lb/> rechtigkeit widerfahren, aber auch er ignorirt — vielleicht ein stillschweigendes<lb/> Abkommen dieser beiden Herren — den „Königsleutnant", in dem sich doch<lb/> sicherlich keine Spur von Antichristlichem oder staatsgefährlichen vorfindet.<lb/> „Die neuen Serapionsbrüder" kennt Herr Röpe auffallenderweise ebenfalls<lb/> nicht. Gleichwohl verfolgt er die neuesten literarischen Erzeugnisse bis in<lb/> unsere Tage herein, wie folgende naive Bemerkung zu Spielhagen — risum<lb/> tsQSÄtis! — lehrt: „Gegenwärtig bringt das Feuilleton des Hamburger Korre¬<lb/> spondenten sein neuestes Werk ,Das platte Land^." Wer darauf angewiesen<lb/> ist, seine literarhistorischen Kenntnisse ausschließlich aus dem Hamburger Korre¬<lb/> spondenten zu schöpfen, kann freilich zu keiner umfassenden Literaturkenntniß<lb/> durchdringen. Herr Röpe hätte aber den Hamburger Korrespondenten wenig¬<lb/> stens richtig ausschreiben können. Der Spielhagen'sche Roman heißt „Platt-<lb/> Land". Professor Röpe ist ein alter Herr, mit dem wir um seiner Flüchtigkeit<lb/> willen nicht allzu strenge in's Gericht gehen wollen. Aber er hätte genug<lb/> Selbsterkenntniß besitzen sollen, um eine Arbeit abzulehnen, der seine Kräfte<lb/> nicht mehr gewachsen sind. Er urtheilt mit größter Seelenruhe über Freytag's<lb/> „Journalisten", aber ich wette, er hat sie nie gelesen. „Dem gesinnungslosen<lb/> Literaten Bellmaus steht die prächtige Gestalt des Bolz gegenüber", sagt er<lb/> S. 915. Der gesinnungslose Literat heißt aber nicht Bellmaus, sondern<lb/> Schmock, Herr Röpe! und Bellmaus ist Bolzens bester Freund. „Die Kon¬<lb/> servativen werden allein durch den intriganten Gutsbesitzer Senden vertreten."<lb/> Das ist nicht wahr, Herr Röpe! das Haupt der Konservativen ist der edle,<lb/> ritterliche Oberst Berg, auf den Freytag auch nicht den leisesten Schatten ge¬<lb/> worfen hat. Auch die Romane der Marlitt muß Herr Röpe gar nicht oder<lb/> doch nur sehr unaufmerksam gelesen haben; denn er ist, soviel ich weiß, der<lb/> einzige, der sich zu der kühnen Behauptung verstiegen hat: „ihr Stil ist frei<lb/> von jeder Künstelei und Uebertreibung"!</p><lb/> <p xml:id="ID_674" next="#ID_675"> Nichtsdestoweniger finden sich in dem Buche viel mehr treffende und<lb/> unbefangene Urtheile als in der unselbständigen Kompilation Koenig's. Was<lb/> Röpe über Geibel, Heyse, Lingg, Noquette sagt, wird jeder Vorurtheilsfreie<lb/> Beurtheiler im Ganzen unterschreiben können. Aber der einseitige theologische<lb/> Standpunkt des Verfassers und seine subjektive Willkür waltet doch derartig<lb/> vor, daß man auch dieses Buch nur mit Mißbehagen aus der Hand legt.<lb/> Der Herausgeber schimpft auf die Juden in einer Weise, daß man das Werk<lb/> einer gebildeten christlichen Dame schlechterdings nicht empfehlen kaun. Ja,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0244]
größerem Rechte die deutschen Jungen" nennen können, und damit ja Niemand
über die Bedeutung dieses Epitheton im Unklaren bleibe, hat Herr Röpe es
fett drucken lassen. Trotzdem urtheilt er im Ganzen mit größerer Achtung
von Gutzkow als Herr Koenig; er läßt ihm sogar als Dramatiker volle Ge¬
rechtigkeit widerfahren, aber auch er ignorirt — vielleicht ein stillschweigendes
Abkommen dieser beiden Herren — den „Königsleutnant", in dem sich doch
sicherlich keine Spur von Antichristlichem oder staatsgefährlichen vorfindet.
„Die neuen Serapionsbrüder" kennt Herr Röpe auffallenderweise ebenfalls
nicht. Gleichwohl verfolgt er die neuesten literarischen Erzeugnisse bis in
unsere Tage herein, wie folgende naive Bemerkung zu Spielhagen — risum
tsQSÄtis! — lehrt: „Gegenwärtig bringt das Feuilleton des Hamburger Korre¬
spondenten sein neuestes Werk ,Das platte Land^." Wer darauf angewiesen
ist, seine literarhistorischen Kenntnisse ausschließlich aus dem Hamburger Korre¬
spondenten zu schöpfen, kann freilich zu keiner umfassenden Literaturkenntniß
durchdringen. Herr Röpe hätte aber den Hamburger Korrespondenten wenig¬
stens richtig ausschreiben können. Der Spielhagen'sche Roman heißt „Platt-
Land". Professor Röpe ist ein alter Herr, mit dem wir um seiner Flüchtigkeit
willen nicht allzu strenge in's Gericht gehen wollen. Aber er hätte genug
Selbsterkenntniß besitzen sollen, um eine Arbeit abzulehnen, der seine Kräfte
nicht mehr gewachsen sind. Er urtheilt mit größter Seelenruhe über Freytag's
„Journalisten", aber ich wette, er hat sie nie gelesen. „Dem gesinnungslosen
Literaten Bellmaus steht die prächtige Gestalt des Bolz gegenüber", sagt er
S. 915. Der gesinnungslose Literat heißt aber nicht Bellmaus, sondern
Schmock, Herr Röpe! und Bellmaus ist Bolzens bester Freund. „Die Kon¬
servativen werden allein durch den intriganten Gutsbesitzer Senden vertreten."
Das ist nicht wahr, Herr Röpe! das Haupt der Konservativen ist der edle,
ritterliche Oberst Berg, auf den Freytag auch nicht den leisesten Schatten ge¬
worfen hat. Auch die Romane der Marlitt muß Herr Röpe gar nicht oder
doch nur sehr unaufmerksam gelesen haben; denn er ist, soviel ich weiß, der
einzige, der sich zu der kühnen Behauptung verstiegen hat: „ihr Stil ist frei
von jeder Künstelei und Uebertreibung"!
Nichtsdestoweniger finden sich in dem Buche viel mehr treffende und
unbefangene Urtheile als in der unselbständigen Kompilation Koenig's. Was
Röpe über Geibel, Heyse, Lingg, Noquette sagt, wird jeder Vorurtheilsfreie
Beurtheiler im Ganzen unterschreiben können. Aber der einseitige theologische
Standpunkt des Verfassers und seine subjektive Willkür waltet doch derartig
vor, daß man auch dieses Buch nur mit Mißbehagen aus der Hand legt.
Der Herausgeber schimpft auf die Juden in einer Weise, daß man das Werk
einer gebildeten christlichen Dame schlechterdings nicht empfehlen kaun. Ja,
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