Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Endlich waren auch die meteorologischen Verhältnisse, Wind und Feuchtig¬
keit nicht ohne Einfluß. Insbesondere mußte die Temperatur berücksichtigt
werden, insofern durch die Sonnenhitze die Anwendung des hölzernen Stativs
beeinträchtigt wurde. Der aus starkem Stoffe gefertigte Feldschirm, welcher
während der Arbeit stets darüber ausgespannt wurde, that indeß seine Schuldig¬
keit so vollkommen, daß auffallende Unterschiede der einzelnen Beobachtungen,
soweit sie sich auf denselben Gegenstand bezogen, nicht vorkamen. Denn prin¬
zipiell wurden, wie es stets zu geschehen Pflegt, die Beobachtungen eines Objektes
nicht einmal gemacht, sondern in systematischer Folge auf jeder Station wieder¬
holt. Gegen Mittag mußten dieselben übrigens für einige Zeit unterbrochen
werden, weil bei der Hitze die Lust derartig zitterte, daß die Bilder zu schwanken
begannen und es unmöglich war, einen Punkt zu fixiren. In solchen Momenten
bot dann die landschaftliche Umgebung Gelegenheit zu anderen Beobachtungen.
Denn ganz verschieden von dem, wie er in der Ebene sich ausspricht, ist ihr
Charakter im Gebirge. Mehr noch als dort unten fühlt man hier die tiefe
Einsamkeit, die über der ganzen Gegend ruht. Kein Laut bewegt die Luft,
kein lebendes Wesen regt sich in dem unabsehbaren Felsenmeere. Nur hoch in
den Lüften zieht der Adler seine Kreise. Doch von neuem ruft die Arbeit.
Noch ehe der letzte Sonnenstrahl über den Bergen im Westen erglänzt, muß
das Tagewerk beendigt, das Instrument in Sicherheit gebracht sein. Die
Dämmerung ist kurz, und ein Transport im Dunkeln im unwegsamen Gebirge
unmöglich. Auch der Unsicherheit wegen ist ein nächtlicher Marsch durch's
Gebirge nicht rathsam.

Es würde zu weit führen, in die Details unserer Beobachtungen hier
näher einzugehen. Es genüge, das Resultat anzudeuten, daß, nachdem auf
allen Stationen die Winkel gemessen und daraus durch Rechnung die Seiten
des Dreiecksnetzes ermittelt waren, das Endergebniß trotz der erwähnten
Schwierigkeiten so genau war, wie es der vorliegende Zweck nnr irgend er¬
forderte, denn die Abweichungen der einzelnen Beobachtungen unter einander,
soweit sie sich auf dasselbe Objekt bezogen, betrugen noch nicht die Größe eines
Zirkelstichs in dem für die Karte projektirten Maßstabe (1:25000). Noch
größer womöglich waren die störenden Einflüsse hinsichtlich der Höhenwinkel.
Hier kam es bei weitem mehr auf richtige und genaue Horizontalstellung des
Instrumentes an, als im ersten Falle. Wie sollte man aber bei dem fort¬
währenden Winde die Libelle zur Ruhe bringen, die schon bei der leisesten
Berührung des Stativs zu schwanken beginnt? Auch hier konnte nur das
Mittel helfen, aus einer größeren Anzahl von Beobachtungen desselben Ob¬
jektes den geeignetsten Werth zu bestimmen. Die Abweichungen zeigten sich
indeß auch hier so gering, daß der erwünschte Grad von Genauigkeit vollkommen


Grenzboten II. 1L79. 18

Endlich waren auch die meteorologischen Verhältnisse, Wind und Feuchtig¬
keit nicht ohne Einfluß. Insbesondere mußte die Temperatur berücksichtigt
werden, insofern durch die Sonnenhitze die Anwendung des hölzernen Stativs
beeinträchtigt wurde. Der aus starkem Stoffe gefertigte Feldschirm, welcher
während der Arbeit stets darüber ausgespannt wurde, that indeß seine Schuldig¬
keit so vollkommen, daß auffallende Unterschiede der einzelnen Beobachtungen,
soweit sie sich auf denselben Gegenstand bezogen, nicht vorkamen. Denn prin¬
zipiell wurden, wie es stets zu geschehen Pflegt, die Beobachtungen eines Objektes
nicht einmal gemacht, sondern in systematischer Folge auf jeder Station wieder¬
holt. Gegen Mittag mußten dieselben übrigens für einige Zeit unterbrochen
werden, weil bei der Hitze die Lust derartig zitterte, daß die Bilder zu schwanken
begannen und es unmöglich war, einen Punkt zu fixiren. In solchen Momenten
bot dann die landschaftliche Umgebung Gelegenheit zu anderen Beobachtungen.
Denn ganz verschieden von dem, wie er in der Ebene sich ausspricht, ist ihr
Charakter im Gebirge. Mehr noch als dort unten fühlt man hier die tiefe
Einsamkeit, die über der ganzen Gegend ruht. Kein Laut bewegt die Luft,
kein lebendes Wesen regt sich in dem unabsehbaren Felsenmeere. Nur hoch in
den Lüften zieht der Adler seine Kreise. Doch von neuem ruft die Arbeit.
Noch ehe der letzte Sonnenstrahl über den Bergen im Westen erglänzt, muß
das Tagewerk beendigt, das Instrument in Sicherheit gebracht sein. Die
Dämmerung ist kurz, und ein Transport im Dunkeln im unwegsamen Gebirge
unmöglich. Auch der Unsicherheit wegen ist ein nächtlicher Marsch durch's
Gebirge nicht rathsam.

Es würde zu weit führen, in die Details unserer Beobachtungen hier
näher einzugehen. Es genüge, das Resultat anzudeuten, daß, nachdem auf
allen Stationen die Winkel gemessen und daraus durch Rechnung die Seiten
des Dreiecksnetzes ermittelt waren, das Endergebniß trotz der erwähnten
Schwierigkeiten so genau war, wie es der vorliegende Zweck nnr irgend er¬
forderte, denn die Abweichungen der einzelnen Beobachtungen unter einander,
soweit sie sich auf dasselbe Objekt bezogen, betrugen noch nicht die Größe eines
Zirkelstichs in dem für die Karte projektirten Maßstabe (1:25000). Noch
größer womöglich waren die störenden Einflüsse hinsichtlich der Höhenwinkel.
Hier kam es bei weitem mehr auf richtige und genaue Horizontalstellung des
Instrumentes an, als im ersten Falle. Wie sollte man aber bei dem fort¬
währenden Winde die Libelle zur Ruhe bringen, die schon bei der leisesten
Berührung des Stativs zu schwanken beginnt? Auch hier konnte nur das
Mittel helfen, aus einer größeren Anzahl von Beobachtungen desselben Ob¬
jektes den geeignetsten Werth zu bestimmen. Die Abweichungen zeigten sich
indeß auch hier so gering, daß der erwünschte Grad von Genauigkeit vollkommen


Grenzboten II. 1L79. 18
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142096"/>
          <p xml:id="ID_412"> Endlich waren auch die meteorologischen Verhältnisse, Wind und Feuchtig¬<lb/>
keit nicht ohne Einfluß. Insbesondere mußte die Temperatur berücksichtigt<lb/>
werden, insofern durch die Sonnenhitze die Anwendung des hölzernen Stativs<lb/>
beeinträchtigt wurde. Der aus starkem Stoffe gefertigte Feldschirm, welcher<lb/>
während der Arbeit stets darüber ausgespannt wurde, that indeß seine Schuldig¬<lb/>
keit so vollkommen, daß auffallende Unterschiede der einzelnen Beobachtungen,<lb/>
soweit sie sich auf denselben Gegenstand bezogen, nicht vorkamen. Denn prin¬<lb/>
zipiell wurden, wie es stets zu geschehen Pflegt, die Beobachtungen eines Objektes<lb/>
nicht einmal gemacht, sondern in systematischer Folge auf jeder Station wieder¬<lb/>
holt. Gegen Mittag mußten dieselben übrigens für einige Zeit unterbrochen<lb/>
werden, weil bei der Hitze die Lust derartig zitterte, daß die Bilder zu schwanken<lb/>
begannen und es unmöglich war, einen Punkt zu fixiren. In solchen Momenten<lb/>
bot dann die landschaftliche Umgebung Gelegenheit zu anderen Beobachtungen.<lb/>
Denn ganz verschieden von dem, wie er in der Ebene sich ausspricht, ist ihr<lb/>
Charakter im Gebirge. Mehr noch als dort unten fühlt man hier die tiefe<lb/>
Einsamkeit, die über der ganzen Gegend ruht. Kein Laut bewegt die Luft,<lb/>
kein lebendes Wesen regt sich in dem unabsehbaren Felsenmeere. Nur hoch in<lb/>
den Lüften zieht der Adler seine Kreise. Doch von neuem ruft die Arbeit.<lb/>
Noch ehe der letzte Sonnenstrahl über den Bergen im Westen erglänzt, muß<lb/>
das Tagewerk beendigt, das Instrument in Sicherheit gebracht sein. Die<lb/>
Dämmerung ist kurz, und ein Transport im Dunkeln im unwegsamen Gebirge<lb/>
unmöglich. Auch der Unsicherheit wegen ist ein nächtlicher Marsch durch's<lb/>
Gebirge nicht rathsam.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_413" next="#ID_414"> Es würde zu weit führen, in die Details unserer Beobachtungen hier<lb/>
näher einzugehen. Es genüge, das Resultat anzudeuten, daß, nachdem auf<lb/>
allen Stationen die Winkel gemessen und daraus durch Rechnung die Seiten<lb/>
des Dreiecksnetzes ermittelt waren, das Endergebniß trotz der erwähnten<lb/>
Schwierigkeiten so genau war, wie es der vorliegende Zweck nnr irgend er¬<lb/>
forderte, denn die Abweichungen der einzelnen Beobachtungen unter einander,<lb/>
soweit sie sich auf dasselbe Objekt bezogen, betrugen noch nicht die Größe eines<lb/>
Zirkelstichs in dem für die Karte projektirten Maßstabe (1:25000). Noch<lb/>
größer womöglich waren die störenden Einflüsse hinsichtlich der Höhenwinkel.<lb/>
Hier kam es bei weitem mehr auf richtige und genaue Horizontalstellung des<lb/>
Instrumentes an, als im ersten Falle. Wie sollte man aber bei dem fort¬<lb/>
währenden Winde die Libelle zur Ruhe bringen, die schon bei der leisesten<lb/>
Berührung des Stativs zu schwanken beginnt? Auch hier konnte nur das<lb/>
Mittel helfen, aus einer größeren Anzahl von Beobachtungen desselben Ob¬<lb/>
jektes den geeignetsten Werth zu bestimmen. Die Abweichungen zeigten sich<lb/>
indeß auch hier so gering, daß der erwünschte Grad von Genauigkeit vollkommen</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II. 1L79. 18</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0141] Endlich waren auch die meteorologischen Verhältnisse, Wind und Feuchtig¬ keit nicht ohne Einfluß. Insbesondere mußte die Temperatur berücksichtigt werden, insofern durch die Sonnenhitze die Anwendung des hölzernen Stativs beeinträchtigt wurde. Der aus starkem Stoffe gefertigte Feldschirm, welcher während der Arbeit stets darüber ausgespannt wurde, that indeß seine Schuldig¬ keit so vollkommen, daß auffallende Unterschiede der einzelnen Beobachtungen, soweit sie sich auf denselben Gegenstand bezogen, nicht vorkamen. Denn prin¬ zipiell wurden, wie es stets zu geschehen Pflegt, die Beobachtungen eines Objektes nicht einmal gemacht, sondern in systematischer Folge auf jeder Station wieder¬ holt. Gegen Mittag mußten dieselben übrigens für einige Zeit unterbrochen werden, weil bei der Hitze die Lust derartig zitterte, daß die Bilder zu schwanken begannen und es unmöglich war, einen Punkt zu fixiren. In solchen Momenten bot dann die landschaftliche Umgebung Gelegenheit zu anderen Beobachtungen. Denn ganz verschieden von dem, wie er in der Ebene sich ausspricht, ist ihr Charakter im Gebirge. Mehr noch als dort unten fühlt man hier die tiefe Einsamkeit, die über der ganzen Gegend ruht. Kein Laut bewegt die Luft, kein lebendes Wesen regt sich in dem unabsehbaren Felsenmeere. Nur hoch in den Lüften zieht der Adler seine Kreise. Doch von neuem ruft die Arbeit. Noch ehe der letzte Sonnenstrahl über den Bergen im Westen erglänzt, muß das Tagewerk beendigt, das Instrument in Sicherheit gebracht sein. Die Dämmerung ist kurz, und ein Transport im Dunkeln im unwegsamen Gebirge unmöglich. Auch der Unsicherheit wegen ist ein nächtlicher Marsch durch's Gebirge nicht rathsam. Es würde zu weit führen, in die Details unserer Beobachtungen hier näher einzugehen. Es genüge, das Resultat anzudeuten, daß, nachdem auf allen Stationen die Winkel gemessen und daraus durch Rechnung die Seiten des Dreiecksnetzes ermittelt waren, das Endergebniß trotz der erwähnten Schwierigkeiten so genau war, wie es der vorliegende Zweck nnr irgend er¬ forderte, denn die Abweichungen der einzelnen Beobachtungen unter einander, soweit sie sich auf dasselbe Objekt bezogen, betrugen noch nicht die Größe eines Zirkelstichs in dem für die Karte projektirten Maßstabe (1:25000). Noch größer womöglich waren die störenden Einflüsse hinsichtlich der Höhenwinkel. Hier kam es bei weitem mehr auf richtige und genaue Horizontalstellung des Instrumentes an, als im ersten Falle. Wie sollte man aber bei dem fort¬ währenden Winde die Libelle zur Ruhe bringen, die schon bei der leisesten Berührung des Stativs zu schwanken beginnt? Auch hier konnte nur das Mittel helfen, aus einer größeren Anzahl von Beobachtungen desselben Ob¬ jektes den geeignetsten Werth zu bestimmen. Die Abweichungen zeigten sich indeß auch hier so gering, daß der erwünschte Grad von Genauigkeit vollkommen Grenzboten II. 1L79. 18

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/141
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/141>, abgerufen am 27.12.2024.