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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Südstaaten, den früheren Sklavenstaaten, vielfach eine Militärdiktatur, die den
sezessionellen Geist der Südländer niederhielt. Erst als Präsident Hayes 1877
in das "Weiße Hans" einzog, erhielt der Süden der Union seine volle Freiheit
wieder. Der Gebrauch aber, den die südliche Demokratie von der wieder¬
erlangten Freiheit bisher gemacht hat, ist kein weiser gewesen. Wie schon
angedeutet, leben die alten rebellischen Sezessionsgelüste wieder ans, die Lehre
von den "Staatenrechten" wird wieder mächtig, man will die Verfassungs-
amendements, die den Negern politische Bürgerrechte zugestehen, wieder aufheben,
man glorisizirt die niedergeworfene südliche Konföderation, man schreit über
Gewalt, wenn die Bundesregierung, nöthigenfalls mit Hilfe der Armee, die
Freiheit des Wahlrechtes zu schützen bemüht ist, man will das stehende Heer,
welches kaum hinreicht, die Indianer in Ordnung zu halten, die mexikanische
Grenze zu schützen und etwaige Pöbelaufstände niederzuwerfen, abschaffen, weil
es angeblich nicht konstitutionell sei, man läßt den alten sezessiouistischen Ruf:
"Laßt uns allein" (I^t n,s gloris) wieder ertönen, -- kurz man ist auf dem
besten Wege, die blutig errungenen Resultate des Bürgerkrieges über den
Haufen zu werfen. Ganz könnte dies freilich, wenn es überhaupt möglich ist,
erst gelingen, wenn die demokratische Partei wieder die Zügel der nationalen
Herrschaft in den Händen hält, wenn sie Besitz von dem Präsidentenamte ge¬
nommen hat. Um dies zu erringen, scheut sie daher keine Anstrengungen; alle
Mittel dazu scheinen ihr recht und genehm. Sie hat die Majorität in beiden
Kongreßhäusern, und sie wird von diesem Umstände Gebrauch machen.

"Die südliche Konföderation", so schrieb kürzlich ein demokratisches
Journal in Washington City, der Hauptstadt der Union, "hat endlich Besitz
vom Kapitol und der nationalen Gesetzgebung genommen"; und mit Jubel
begrüßte ein demokratisches Blatt im Staate Missisippi diese Worte, indem es
hinzufügte: "Ja, Gott sei Dank, wir haben das Kapitol erobert und herrschen
in den Hallen der nationalen Gesetzgebung. Im Jahre 1880 wird unser Mann
in das "Weiße Haus" einziehen und Besitz von dem Präsidentenstuhl nehmen.
Dann erst wird unser Triumph vollkommen sein, dann werden wir die von
den Republikanern durchgesetzten Amendements aus der Bundesverfassung
herausreißen und in den Koth treten (trauixlk in tKs irnrs). Dann wollen
wir die Ketten brechen, die der Unabhängigkeit der Einzelstaaten angelegt sind.
Das Recht der Sezession wollen wir dann anerkennen, ein Recht, das nicht
todt ist, sondern nur schläft. Wir wollen das Kapitol schmücken mit den
Bildnissen von Jefferson Davis, Robert E. Lee, I. E. B. Stuart und allen
den heldenmüthigen Führern einer Sache, die nicht verloren ist, sondern noch
Leben hat. Ja,--Gott sei Dank, wir haben das Kapitol erobert, und von dort aus


Südstaaten, den früheren Sklavenstaaten, vielfach eine Militärdiktatur, die den
sezessionellen Geist der Südländer niederhielt. Erst als Präsident Hayes 1877
in das „Weiße Hans" einzog, erhielt der Süden der Union seine volle Freiheit
wieder. Der Gebrauch aber, den die südliche Demokratie von der wieder¬
erlangten Freiheit bisher gemacht hat, ist kein weiser gewesen. Wie schon
angedeutet, leben die alten rebellischen Sezessionsgelüste wieder ans, die Lehre
von den „Staatenrechten" wird wieder mächtig, man will die Verfassungs-
amendements, die den Negern politische Bürgerrechte zugestehen, wieder aufheben,
man glorisizirt die niedergeworfene südliche Konföderation, man schreit über
Gewalt, wenn die Bundesregierung, nöthigenfalls mit Hilfe der Armee, die
Freiheit des Wahlrechtes zu schützen bemüht ist, man will das stehende Heer,
welches kaum hinreicht, die Indianer in Ordnung zu halten, die mexikanische
Grenze zu schützen und etwaige Pöbelaufstände niederzuwerfen, abschaffen, weil
es angeblich nicht konstitutionell sei, man läßt den alten sezessiouistischen Ruf:
„Laßt uns allein" (I^t n,s gloris) wieder ertönen, — kurz man ist auf dem
besten Wege, die blutig errungenen Resultate des Bürgerkrieges über den
Haufen zu werfen. Ganz könnte dies freilich, wenn es überhaupt möglich ist,
erst gelingen, wenn die demokratische Partei wieder die Zügel der nationalen
Herrschaft in den Händen hält, wenn sie Besitz von dem Präsidentenamte ge¬
nommen hat. Um dies zu erringen, scheut sie daher keine Anstrengungen; alle
Mittel dazu scheinen ihr recht und genehm. Sie hat die Majorität in beiden
Kongreßhäusern, und sie wird von diesem Umstände Gebrauch machen.

„Die südliche Konföderation", so schrieb kürzlich ein demokratisches
Journal in Washington City, der Hauptstadt der Union, „hat endlich Besitz
vom Kapitol und der nationalen Gesetzgebung genommen"; und mit Jubel
begrüßte ein demokratisches Blatt im Staate Missisippi diese Worte, indem es
hinzufügte: „Ja, Gott sei Dank, wir haben das Kapitol erobert und herrschen
in den Hallen der nationalen Gesetzgebung. Im Jahre 1880 wird unser Mann
in das „Weiße Haus" einziehen und Besitz von dem Präsidentenstuhl nehmen.
Dann erst wird unser Triumph vollkommen sein, dann werden wir die von
den Republikanern durchgesetzten Amendements aus der Bundesverfassung
herausreißen und in den Koth treten (trauixlk in tKs irnrs). Dann wollen
wir die Ketten brechen, die der Unabhängigkeit der Einzelstaaten angelegt sind.
Das Recht der Sezession wollen wir dann anerkennen, ein Recht, das nicht
todt ist, sondern nur schläft. Wir wollen das Kapitol schmücken mit den
Bildnissen von Jefferson Davis, Robert E. Lee, I. E. B. Stuart und allen
den heldenmüthigen Führern einer Sache, die nicht verloren ist, sondern noch
Leben hat. Ja,--Gott sei Dank, wir haben das Kapitol erobert, und von dort aus


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/115>, abgerufen am 28.12.2024.