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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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und Nur im Stillen :c. wird immer angenehmer je öfter man's hört, man
wird die Melodie nicht wieder los. Leben Sie wohl! Wir müssen nun auf
alle teutsche Opern Theater Anschläge machen. Von München hab ich Nach¬
richt, dort sind sie im moralischen Geschmack; das ist der schlimmste für den
Künstler und der glücklichste für den Pfuscher.

Man kann ihnen doch auch etwas nach dem Gaumen brauen.


G.

Weimar, 23. Dez. 1785.

Nachdem ich ausführlich genug gewesen, fange ich doch noch ein neues
Blatt an.

Seyn Sie nun auch sobald als möglich mir mit Ihren Anmerkungen
zur Hand das lyrische Drama selbst betr. denn ich arbeite immer fort und
je eher Sie mir Ihre Ideen mittheilen, desto eher kann ich sie nutzen.

Sie sehen an unserem Stücke, wo ich hinaus will. Sie können, wenn
Sie es mit Erwin, mit Claudium zusammenhalten sehen und urtheilen, wie
ich zugeruckt bin und wie ich über diese Art Kunstwerke denke. Auch bei
diesem letzten habe ich wieder gelernt und ich wünschte sehr von ihnen auch
hierüber zu hören. Ich habe schon wieder eine neue*) zu sieben Personen an¬
gefangen, also thun sie bald dazu, eh ich fortfahre. In dieser werde ich auch
für die Rührung sorgen, welche die Darstellung der Zärtlichkeit so leicht er¬
regt und wonach das gemeine Publikum so sehr sich sehnt. Es ist auch
natürlich, jeder Laffe und Läffin find einmal zärtlich gewesen und an diesen
Saiten ist leicht klimpern, um höhere Leidenschaften und Geist, Laune, Ge¬
schmack mit zu empfinden muß man ihrer auch fähig seyn, sie auch besitzen.

Meine sieben Personen und ihr Wesen durcheinander unterhalten mich
manchmal besonders wenn ich zu Pferde Tagereisen machen muß und unter¬
wegs nichts klügeres zu denken habe. Einigen geschmackvollen Personen habe
ich den Plan vorgelegt und ich kann Beifall hoffen. Jetzt da ich Ihre Probe
habe, macht mir das Lyrische Theater mehr Muth.

Könnte ich nur um Jhrentwillen meine Sprache zur italienischen um¬
schiffen, damit ich sie schneller ins grose Publicum brächte. Indessen was
nicht zu ändern ist! Behalten Sie nur guten Muth und seyn Sie überzeugt,
daß Sie mir große Freude machen.

Ich muß schließen und siegeln. Heut Abend ist Probe. Hierbei kommt



*) Die ungleichen Hausgenossen,

und Nur im Stillen :c. wird immer angenehmer je öfter man's hört, man
wird die Melodie nicht wieder los. Leben Sie wohl! Wir müssen nun auf
alle teutsche Opern Theater Anschläge machen. Von München hab ich Nach¬
richt, dort sind sie im moralischen Geschmack; das ist der schlimmste für den
Künstler und der glücklichste für den Pfuscher.

Man kann ihnen doch auch etwas nach dem Gaumen brauen.


G.

Weimar, 23. Dez. 1785.

Nachdem ich ausführlich genug gewesen, fange ich doch noch ein neues
Blatt an.

Seyn Sie nun auch sobald als möglich mir mit Ihren Anmerkungen
zur Hand das lyrische Drama selbst betr. denn ich arbeite immer fort und
je eher Sie mir Ihre Ideen mittheilen, desto eher kann ich sie nutzen.

Sie sehen an unserem Stücke, wo ich hinaus will. Sie können, wenn
Sie es mit Erwin, mit Claudium zusammenhalten sehen und urtheilen, wie
ich zugeruckt bin und wie ich über diese Art Kunstwerke denke. Auch bei
diesem letzten habe ich wieder gelernt und ich wünschte sehr von ihnen auch
hierüber zu hören. Ich habe schon wieder eine neue*) zu sieben Personen an¬
gefangen, also thun sie bald dazu, eh ich fortfahre. In dieser werde ich auch
für die Rührung sorgen, welche die Darstellung der Zärtlichkeit so leicht er¬
regt und wonach das gemeine Publikum so sehr sich sehnt. Es ist auch
natürlich, jeder Laffe und Läffin find einmal zärtlich gewesen und an diesen
Saiten ist leicht klimpern, um höhere Leidenschaften und Geist, Laune, Ge¬
schmack mit zu empfinden muß man ihrer auch fähig seyn, sie auch besitzen.

Meine sieben Personen und ihr Wesen durcheinander unterhalten mich
manchmal besonders wenn ich zu Pferde Tagereisen machen muß und unter¬
wegs nichts klügeres zu denken habe. Einigen geschmackvollen Personen habe
ich den Plan vorgelegt und ich kann Beifall hoffen. Jetzt da ich Ihre Probe
habe, macht mir das Lyrische Theater mehr Muth.

Könnte ich nur um Jhrentwillen meine Sprache zur italienischen um¬
schiffen, damit ich sie schneller ins grose Publicum brächte. Indessen was
nicht zu ändern ist! Behalten Sie nur guten Muth und seyn Sie überzeugt,
daß Sie mir große Freude machen.

Ich muß schließen und siegeln. Heut Abend ist Probe. Hierbei kommt



*) Die ungleichen Hausgenossen,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/522>, abgerufen am 06.02.2025.