Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.
Im mittleren Deutschland, an der Saale und Elbe sangen sie:
Der Umzug der alten Gottheit als Vision geschaut wird uus von einer Anzahl In der Nacht vor dem Dreikönigstage untersucht Perchta im Orlagau die Zu Oppurg traf Perchta bei diesem Umzüge einmal eine Spinnstube, in *) Sagen ans Thüringen, S. 211 ff. S. 229 ff.
Im mittleren Deutschland, an der Saale und Elbe sangen sie:
Der Umzug der alten Gottheit als Vision geschaut wird uus von einer Anzahl In der Nacht vor dem Dreikönigstage untersucht Perchta im Orlagau die Zu Oppurg traf Perchta bei diesem Umzüge einmal eine Spinnstube, in *) Sagen ans Thüringen, S. 211 ff. S. 229 ff.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0044" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141455"/> <quote> <lg xml:id="POEMID_1" type="poem"> <l> „Wir kommen daher aus aller Gefahr,<lb/> Wir wünschen euch allen ein glückhaft Neujahr.<lb/> Ein glückhaft Neujahr, eine fröhliche Zeit,<lb/> Gleich wie's uns Gott Vater vom Himmel 'rab geit.<lb/> Vom Himmel herab die ewige Freud',<lb/> Gott Vater, Gott Sohn, Gott heiliger Geist.<lb/> Wir ziehen wohl über die Haide hinein,<lb/> Wir finden Maria, ein Kindlein klein.<lb/> Ein Kindlein klein, ein grosier Gott,<lb/> .Der Himmel und Erden erschaffen hat.<lb/> Der Himmel und Erden erschaffen hat,<lb/> Drum wollet uns spenden eine Gab'.<lb/> Wollt ihr sie uns spenden, so gebt sie bald,<lb/> Wir müssen heut noch durch den finstern Wald,<lb/> Durch den finstern Wald, durch den tiefen Schnee,<lb/> Wie thut's uns heil'gen Drei Königen so weh l"</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_110"> Im mittleren Deutschland, an der Saale und Elbe sangen sie:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_2" type="poem"> <l> Die heiligen Drei Könige mit ihrem Stern,<lb/> Die suchen den Herrn, sie hätten ihn gern.<lb/> Sie steigen den hohen Berg hinauf,<lb/> Da sehn sie den Stern wohl über'in Haus,<lb/> Herodes, der guckt zum Fenster heraus,<lb/> Er sagt mit falschem Bedacht:<lb/> „Was ist denn der mittelste König so schwarz?" —<lb/> „Er ist so schwarz, es ist wohl bekannt,<lb/> Weil er der König aus Mohrenland."<lb/> Sie gehn alle Drei in's Haus hinein.<lb/> Da finden sie Maria und 's Kindlein klein,<lb/> Das Kindlein klein, so nackt und bloß,<lb/> > Auf Marien, seiner Mutter ihren: Schooß.<lb/> Wollt ihr uns was geben, so gebt es bald,<lb/> Wir müssen heut noch durch den finstern Wald,<lb/> Und wenn wir gehn, so gehn wir geschwind,<lb/> Da friert's uns nicht an die Füß und Händ."</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_111"> Der Umzug der alten Gottheit als Vision geschaut wird uus von einer Anzahl<lb/> von Sagen aufbewahrt, die auch den Namen der urgermnnischeu Ackergöttin,<lb/> Spinnmeisterin und Todtenführerin noch nennen, und die wir Witschel*) und<lb/> Grimm nacherzählen.</p><lb/> <p xml:id="ID_112"> In der Nacht vor dem Dreikönigstage untersucht Perchta im Orlagau die<lb/> Rockenstuben, bringt den Spinnerinnen leere Spulen mit der Weisung, die¬<lb/> selben in kurzer Frist vollzuspinuen, und bestraft die Frauen, wenn sie diese<lb/> Arbeit nicht fertigbringen, mit Verwirrung und Verunreinigung ihres Flachses.<lb/> Denen aber, welche ein diesem Tage nicht das für ihn herkömmliche Gericht<lb/> Zemmede gegessen haben, schneidet sie den Leib auf, nimmt die genossene andere<lb/> Speise heraus, füllt den leeren Raum mit Werch und Steinen aus und näht<lb/> den Schnitt wieder zu, wobei sie sich statt der Nadel einer Pflugschar, statt<lb/> des Zwirns einer Rosenkette bedient.</p><lb/> <p xml:id="ID_113" next="#ID_114"> Zu Oppurg traf Perchta bei diesem Umzüge einmal eine Spinnstube, in<lb/> der man statt zu arbeiten allerhand Kurzweil und Schabernack trieb. Erzürnt<lb/> darüber reichte sie zwölf leere Spindeln durch's Fenster hinein, die sollten<lb/> binnen einer Stunde vollgesponnen sein. Die Leute drinnen wußten nicht, wie<lb/> sie das möglich machen sollten, und waren in großer Angst und Verlegenheit,<lb/> bis endlich ein Mädchen Rath schaffte. Sie lief auf den -Boden, langte sich<lb/> ein Bündel Werch und umwickelte damit die leere« Spindeln. Dann über-</p><lb/> <note xml:id="FID_12" place="foot"> *) Sagen ans Thüringen, S. 211 ff. S. 229 ff.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0044]
„Wir kommen daher aus aller Gefahr,
Wir wünschen euch allen ein glückhaft Neujahr.
Ein glückhaft Neujahr, eine fröhliche Zeit,
Gleich wie's uns Gott Vater vom Himmel 'rab geit.
Vom Himmel herab die ewige Freud',
Gott Vater, Gott Sohn, Gott heiliger Geist.
Wir ziehen wohl über die Haide hinein,
Wir finden Maria, ein Kindlein klein.
Ein Kindlein klein, ein grosier Gott,
.Der Himmel und Erden erschaffen hat.
Der Himmel und Erden erschaffen hat,
Drum wollet uns spenden eine Gab'.
Wollt ihr sie uns spenden, so gebt sie bald,
Wir müssen heut noch durch den finstern Wald,
Durch den finstern Wald, durch den tiefen Schnee,
Wie thut's uns heil'gen Drei Königen so weh l"
Im mittleren Deutschland, an der Saale und Elbe sangen sie:
Die heiligen Drei Könige mit ihrem Stern,
Die suchen den Herrn, sie hätten ihn gern.
Sie steigen den hohen Berg hinauf,
Da sehn sie den Stern wohl über'in Haus,
Herodes, der guckt zum Fenster heraus,
Er sagt mit falschem Bedacht:
„Was ist denn der mittelste König so schwarz?" —
„Er ist so schwarz, es ist wohl bekannt,
Weil er der König aus Mohrenland."
Sie gehn alle Drei in's Haus hinein.
Da finden sie Maria und 's Kindlein klein,
Das Kindlein klein, so nackt und bloß,
> Auf Marien, seiner Mutter ihren: Schooß.
Wollt ihr uns was geben, so gebt es bald,
Wir müssen heut noch durch den finstern Wald,
Und wenn wir gehn, so gehn wir geschwind,
Da friert's uns nicht an die Füß und Händ."
Der Umzug der alten Gottheit als Vision geschaut wird uus von einer Anzahl
von Sagen aufbewahrt, die auch den Namen der urgermnnischeu Ackergöttin,
Spinnmeisterin und Todtenführerin noch nennen, und die wir Witschel*) und
Grimm nacherzählen.
In der Nacht vor dem Dreikönigstage untersucht Perchta im Orlagau die
Rockenstuben, bringt den Spinnerinnen leere Spulen mit der Weisung, die¬
selben in kurzer Frist vollzuspinuen, und bestraft die Frauen, wenn sie diese
Arbeit nicht fertigbringen, mit Verwirrung und Verunreinigung ihres Flachses.
Denen aber, welche ein diesem Tage nicht das für ihn herkömmliche Gericht
Zemmede gegessen haben, schneidet sie den Leib auf, nimmt die genossene andere
Speise heraus, füllt den leeren Raum mit Werch und Steinen aus und näht
den Schnitt wieder zu, wobei sie sich statt der Nadel einer Pflugschar, statt
des Zwirns einer Rosenkette bedient.
Zu Oppurg traf Perchta bei diesem Umzüge einmal eine Spinnstube, in
der man statt zu arbeiten allerhand Kurzweil und Schabernack trieb. Erzürnt
darüber reichte sie zwölf leere Spindeln durch's Fenster hinein, die sollten
binnen einer Stunde vollgesponnen sein. Die Leute drinnen wußten nicht, wie
sie das möglich machen sollten, und waren in großer Angst und Verlegenheit,
bis endlich ein Mädchen Rath schaffte. Sie lief auf den -Boden, langte sich
ein Bündel Werch und umwickelte damit die leere« Spindeln. Dann über-
*) Sagen ans Thüringen, S. 211 ff. S. 229 ff.
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