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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beschlüsse, welche sich auf ihn beziehen,
sind folgende: 1. Unter Belastung der Navigations-, Steuermanns- und Schiffer¬
schulen bei dem Ministerium für Handel und Gewerbe der Uebertragung des
gewerblichen Unterrichtswesens auf das Ministerium der geistlichen, Unterrichts¬
und Medizinalangelegenheiten in der von der Staatsregierung vorgeschlagenen
Weise zuzustimmen. 2. Die Regierung bei Ueberweisung der technischen Unter¬
richtsanstalten an das Unterrichtsministerium aufzufordern, s,) eine stündige
Kommission, in welcher außer den Ministeriell des Unterrichts, für Handel
und Gewerbe und für öffentliche Arbeiten sachkundige Mitglieder, insbesondere
aus dem Gewerbe- und Handwerkerstande vertreten sind, einzusetzen und dieselben
bei der weiteren Entwickelung des technischen Schulwesens und bei wichtigen
Fragen der Verwaltung, namentlich des Berechtigungswesens, zu hören; d) in
Erwägung zu ziehen, ob es nicht zweckmäßig sei, eine organische Einrichtung
(obersten Unterrichtsrath) zu schaffen, welche als berathende Behörde dem
Unterrichtsministerium zur Seite zu stehen hätte, und über das Ergebniß der
angestellten Erwägungen dem Landtage in der nächsten Session Mittheilung zu
machen.

Der zweite Beschluß ist aus dem Gefühl hervorgegangen, daß die Ueber¬
tragung der rein technische" Anstalten an ein Ministerium, das vor allem sein
Augenmerk auf die allgemeine Bildung zu richten habe und weder Kenntniß
der gewerblichen Verhältnisse noch Verständniß für die Bedürfnisse der einzelnen
Zweige des Gewerbes besitze, doch mancherlei Gefahren in sich schließe, und
daß man durch eine derartige Uebertragung dem Gewerbe vielleicht eher schaden
als nützen könne. Diese Befürchtung fand in dem Umstände eine Bestätigung,
daß die gewerblichen Fortbildungsschulen, die seit mehreren Jahren unter dem
Unterrichtsministerium stehen, ganz und gar darniederliegen, so sehr, daß die
von dem Abgeordnetenhause dieser Schnlgattung bewilligten Gelder keine Ver¬
wendung fanden, zurückgezogen und den landwirtschaftlichen Schulen zuge¬
wendet wurden. Freilich muß dieser Mißerfolg zum größten Theile der Lethar¬
gie der preußischen Städte in die Schuhe geschoben werden, die es nicht für
nöthig fanden, gewerbliche Fortbildungsschulen in's Leben zu rufen. Die
größten Bedenken aber konnten entstehen, als der landwirtschaftliche Minister
sich mit aller Kraft dagegen sträubte, daß auch die ihm unterstellten land¬
wirtschaftlichen Schulen auf das Unterrichtsministerium übertragen werden
sollten. Die landwirtschaftlichen Schulen sind in Preußen ungemein rasch
emporgeblüht, ein Zeugniß einerseits dafür, daß sie ein dringendes Bedürfniß
befriedigen, andererseits, daß sie unter einer tüchtigen Oberleitung stehen. Und
nun äußerte der landwirtschaftliche Minister auf den betreffenden Antrag:
"Die landwirtschaftlichen Schulen ständen in unmittelbarer und engster Be-


von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beschlüsse, welche sich auf ihn beziehen,
sind folgende: 1. Unter Belastung der Navigations-, Steuermanns- und Schiffer¬
schulen bei dem Ministerium für Handel und Gewerbe der Uebertragung des
gewerblichen Unterrichtswesens auf das Ministerium der geistlichen, Unterrichts¬
und Medizinalangelegenheiten in der von der Staatsregierung vorgeschlagenen
Weise zuzustimmen. 2. Die Regierung bei Ueberweisung der technischen Unter¬
richtsanstalten an das Unterrichtsministerium aufzufordern, s,) eine stündige
Kommission, in welcher außer den Ministeriell des Unterrichts, für Handel
und Gewerbe und für öffentliche Arbeiten sachkundige Mitglieder, insbesondere
aus dem Gewerbe- und Handwerkerstande vertreten sind, einzusetzen und dieselben
bei der weiteren Entwickelung des technischen Schulwesens und bei wichtigen
Fragen der Verwaltung, namentlich des Berechtigungswesens, zu hören; d) in
Erwägung zu ziehen, ob es nicht zweckmäßig sei, eine organische Einrichtung
(obersten Unterrichtsrath) zu schaffen, welche als berathende Behörde dem
Unterrichtsministerium zur Seite zu stehen hätte, und über das Ergebniß der
angestellten Erwägungen dem Landtage in der nächsten Session Mittheilung zu
machen.

Der zweite Beschluß ist aus dem Gefühl hervorgegangen, daß die Ueber¬
tragung der rein technische» Anstalten an ein Ministerium, das vor allem sein
Augenmerk auf die allgemeine Bildung zu richten habe und weder Kenntniß
der gewerblichen Verhältnisse noch Verständniß für die Bedürfnisse der einzelnen
Zweige des Gewerbes besitze, doch mancherlei Gefahren in sich schließe, und
daß man durch eine derartige Uebertragung dem Gewerbe vielleicht eher schaden
als nützen könne. Diese Befürchtung fand in dem Umstände eine Bestätigung,
daß die gewerblichen Fortbildungsschulen, die seit mehreren Jahren unter dem
Unterrichtsministerium stehen, ganz und gar darniederliegen, so sehr, daß die
von dem Abgeordnetenhause dieser Schnlgattung bewilligten Gelder keine Ver¬
wendung fanden, zurückgezogen und den landwirtschaftlichen Schulen zuge¬
wendet wurden. Freilich muß dieser Mißerfolg zum größten Theile der Lethar¬
gie der preußischen Städte in die Schuhe geschoben werden, die es nicht für
nöthig fanden, gewerbliche Fortbildungsschulen in's Leben zu rufen. Die
größten Bedenken aber konnten entstehen, als der landwirtschaftliche Minister
sich mit aller Kraft dagegen sträubte, daß auch die ihm unterstellten land¬
wirtschaftlichen Schulen auf das Unterrichtsministerium übertragen werden
sollten. Die landwirtschaftlichen Schulen sind in Preußen ungemein rasch
emporgeblüht, ein Zeugniß einerseits dafür, daß sie ein dringendes Bedürfniß
befriedigen, andererseits, daß sie unter einer tüchtigen Oberleitung stehen. Und
nun äußerte der landwirtschaftliche Minister auf den betreffenden Antrag:
„Die landwirtschaftlichen Schulen ständen in unmittelbarer und engster Be-


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[0259] von ausschlaggebender Bedeutung. Die Beschlüsse, welche sich auf ihn beziehen, sind folgende: 1. Unter Belastung der Navigations-, Steuermanns- und Schiffer¬ schulen bei dem Ministerium für Handel und Gewerbe der Uebertragung des gewerblichen Unterrichtswesens auf das Ministerium der geistlichen, Unterrichts¬ und Medizinalangelegenheiten in der von der Staatsregierung vorgeschlagenen Weise zuzustimmen. 2. Die Regierung bei Ueberweisung der technischen Unter¬ richtsanstalten an das Unterrichtsministerium aufzufordern, s,) eine stündige Kommission, in welcher außer den Ministeriell des Unterrichts, für Handel und Gewerbe und für öffentliche Arbeiten sachkundige Mitglieder, insbesondere aus dem Gewerbe- und Handwerkerstande vertreten sind, einzusetzen und dieselben bei der weiteren Entwickelung des technischen Schulwesens und bei wichtigen Fragen der Verwaltung, namentlich des Berechtigungswesens, zu hören; d) in Erwägung zu ziehen, ob es nicht zweckmäßig sei, eine organische Einrichtung (obersten Unterrichtsrath) zu schaffen, welche als berathende Behörde dem Unterrichtsministerium zur Seite zu stehen hätte, und über das Ergebniß der angestellten Erwägungen dem Landtage in der nächsten Session Mittheilung zu machen. Der zweite Beschluß ist aus dem Gefühl hervorgegangen, daß die Ueber¬ tragung der rein technische» Anstalten an ein Ministerium, das vor allem sein Augenmerk auf die allgemeine Bildung zu richten habe und weder Kenntniß der gewerblichen Verhältnisse noch Verständniß für die Bedürfnisse der einzelnen Zweige des Gewerbes besitze, doch mancherlei Gefahren in sich schließe, und daß man durch eine derartige Uebertragung dem Gewerbe vielleicht eher schaden als nützen könne. Diese Befürchtung fand in dem Umstände eine Bestätigung, daß die gewerblichen Fortbildungsschulen, die seit mehreren Jahren unter dem Unterrichtsministerium stehen, ganz und gar darniederliegen, so sehr, daß die von dem Abgeordnetenhause dieser Schnlgattung bewilligten Gelder keine Ver¬ wendung fanden, zurückgezogen und den landwirtschaftlichen Schulen zuge¬ wendet wurden. Freilich muß dieser Mißerfolg zum größten Theile der Lethar¬ gie der preußischen Städte in die Schuhe geschoben werden, die es nicht für nöthig fanden, gewerbliche Fortbildungsschulen in's Leben zu rufen. Die größten Bedenken aber konnten entstehen, als der landwirtschaftliche Minister sich mit aller Kraft dagegen sträubte, daß auch die ihm unterstellten land¬ wirtschaftlichen Schulen auf das Unterrichtsministerium übertragen werden sollten. Die landwirtschaftlichen Schulen sind in Preußen ungemein rasch emporgeblüht, ein Zeugniß einerseits dafür, daß sie ein dringendes Bedürfniß befriedigen, andererseits, daß sie unter einer tüchtigen Oberleitung stehen. Und nun äußerte der landwirtschaftliche Minister auf den betreffenden Antrag: „Die landwirtschaftlichen Schulen ständen in unmittelbarer und engster Be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/259>, abgerufen am 01.07.2024.