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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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"Uf dis hat Jedermann sich noch höher erboten, bei kaiserl. Me. Leib, Ehre
Binet und Guet darzustrecken, und als ich den Richter in Beisein Hans Leon-
hard's von Isla befraget, ob solch Erbieten und Zusage der ganzen Gemeinde
verlässiger, endlicher Will sei, hat er geantwortet: Ja, sovil die Deutsche(n) be¬
treffe, welche Unterscheidung mir etwas Nachdenken gemacht; habe darumb an
Melchior Renner und Zabo Georg") als Vorsteher der Gemeind begehret, sie
wollten alle Zünfften beschicken, und von Teutschen und Ungern beiderseits ein
bevollmächtigten Ausschuß machen, damit ich dein Feld-Obristen ein Gewißheit,
ob sie alle für einen Mann zu stehen bedacht oder nit, zubringen könnte, und
als sie alle aufs Rathaus erschienen, haben Hungern und Teutsche einhellig zu
mir gesaget und geschrien, sie wollten Jhro Majestät Kaiser Rudolpho dem
Andern als Künigen zu Hungern den Eid, den sie geschworen, bis auf den
äußersten Blutstropfen halten, sodann Jhro Majestät Officirern (d. i. Beamten)
allen schuldigen Gehorsamb erzeigen. Darauf ich mich also verlassen, ihnen
etliche Ort, wo die Stadt wider dem Feind am nützlichsten zu befestigen und
zu defendiren seie, angeben, mit wiederholtem Erbieten, scunbt meinen Reutern
Leib und Leben für sie zu wagen, welches Alles von ihnen durch großes Froh¬
locken und Danksagung angenvmben und wo nötig würklich zu erstatten ganz
flehlich (flehentlich) gebeten worden. Ja es haben mir der Vorsteher der Ge¬
meind scunbt vielen Bürgersleuten und 4 Uhr nach Mittag des Gleit für die
Stadt heraus gegeben und vou neuem geschrien, weil ihnen die Gnad mit
Wiedergebung der Kirchen und anderer sequestrirten Güter erfolget, so wollten
sie bei Jhro kaiserl. Majestät und dem Feldobristen leben und sterben."

Soweit Rottwitz. Dieselbe Zusicherung, die Bürgerschaft werde treu bleibe"
und die kaiserlichen Beamten schützen, empfing anch Lassota durch Melchior
Renner; doch erklärte dieser zugleich, die katholischen Geistlichen vermöge man
nicht zu bewahren, falls die Jnsurgenten ihre Auslieferung fordern sollten.
Selbst die für ihre Abreise begehrten Wagen konnte oder wollte man nicht
stellen, so daß die Herren in schlimmster Lage zurückblieben. Auch der Ge¬
mahlin Belgiojoso's, welche sich noch in der Stadt befand und nun dem General
folgten wollte, wurde das Thor nicht eher geöffnet, als bis die Elisabethkirche
wirklich den Evangelischen übergeben war. In ihrem Gefolge verließen auch
die Jesuiten den ungastlichen Ort, alle freilich' nur, um am Abend halbwegs
zwischen Kaschau und Eperies von einem Reitertrupp angefallen und beraubt
zu werden. Die Dame selbst wurde nach dem Zipser Schloß, der alten Haupt-
burg des Zipserlcmdes, in die Belgiojoso sich geworfen, entlassen, ihre Be¬
deckung dagegen größtentheils zusammengehaueu. Was aus den Jesuiten ge¬
worden, erfuhr man nicht.



Derselbe, dessen oben (Ur. 6, S, 185) gedacht wurde.

„Uf dis hat Jedermann sich noch höher erboten, bei kaiserl. Me. Leib, Ehre
Binet und Guet darzustrecken, und als ich den Richter in Beisein Hans Leon-
hard's von Isla befraget, ob solch Erbieten und Zusage der ganzen Gemeinde
verlässiger, endlicher Will sei, hat er geantwortet: Ja, sovil die Deutsche(n) be¬
treffe, welche Unterscheidung mir etwas Nachdenken gemacht; habe darumb an
Melchior Renner und Zabo Georg") als Vorsteher der Gemeind begehret, sie
wollten alle Zünfften beschicken, und von Teutschen und Ungern beiderseits ein
bevollmächtigten Ausschuß machen, damit ich dein Feld-Obristen ein Gewißheit,
ob sie alle für einen Mann zu stehen bedacht oder nit, zubringen könnte, und
als sie alle aufs Rathaus erschienen, haben Hungern und Teutsche einhellig zu
mir gesaget und geschrien, sie wollten Jhro Majestät Kaiser Rudolpho dem
Andern als Künigen zu Hungern den Eid, den sie geschworen, bis auf den
äußersten Blutstropfen halten, sodann Jhro Majestät Officirern (d. i. Beamten)
allen schuldigen Gehorsamb erzeigen. Darauf ich mich also verlassen, ihnen
etliche Ort, wo die Stadt wider dem Feind am nützlichsten zu befestigen und
zu defendiren seie, angeben, mit wiederholtem Erbieten, scunbt meinen Reutern
Leib und Leben für sie zu wagen, welches Alles von ihnen durch großes Froh¬
locken und Danksagung angenvmben und wo nötig würklich zu erstatten ganz
flehlich (flehentlich) gebeten worden. Ja es haben mir der Vorsteher der Ge¬
meind scunbt vielen Bürgersleuten und 4 Uhr nach Mittag des Gleit für die
Stadt heraus gegeben und vou neuem geschrien, weil ihnen die Gnad mit
Wiedergebung der Kirchen und anderer sequestrirten Güter erfolget, so wollten
sie bei Jhro kaiserl. Majestät und dem Feldobristen leben und sterben."

Soweit Rottwitz. Dieselbe Zusicherung, die Bürgerschaft werde treu bleibe»
und die kaiserlichen Beamten schützen, empfing anch Lassota durch Melchior
Renner; doch erklärte dieser zugleich, die katholischen Geistlichen vermöge man
nicht zu bewahren, falls die Jnsurgenten ihre Auslieferung fordern sollten.
Selbst die für ihre Abreise begehrten Wagen konnte oder wollte man nicht
stellen, so daß die Herren in schlimmster Lage zurückblieben. Auch der Ge¬
mahlin Belgiojoso's, welche sich noch in der Stadt befand und nun dem General
folgten wollte, wurde das Thor nicht eher geöffnet, als bis die Elisabethkirche
wirklich den Evangelischen übergeben war. In ihrem Gefolge verließen auch
die Jesuiten den ungastlichen Ort, alle freilich' nur, um am Abend halbwegs
zwischen Kaschau und Eperies von einem Reitertrupp angefallen und beraubt
zu werden. Die Dame selbst wurde nach dem Zipser Schloß, der alten Haupt-
burg des Zipserlcmdes, in die Belgiojoso sich geworfen, entlassen, ihre Be¬
deckung dagegen größtentheils zusammengehaueu. Was aus den Jesuiten ge¬
worden, erfuhr man nicht.



Derselbe, dessen oben (Ur. 6, S, 185) gedacht wurde.
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[0230] „Uf dis hat Jedermann sich noch höher erboten, bei kaiserl. Me. Leib, Ehre Binet und Guet darzustrecken, und als ich den Richter in Beisein Hans Leon- hard's von Isla befraget, ob solch Erbieten und Zusage der ganzen Gemeinde verlässiger, endlicher Will sei, hat er geantwortet: Ja, sovil die Deutsche(n) be¬ treffe, welche Unterscheidung mir etwas Nachdenken gemacht; habe darumb an Melchior Renner und Zabo Georg") als Vorsteher der Gemeind begehret, sie wollten alle Zünfften beschicken, und von Teutschen und Ungern beiderseits ein bevollmächtigten Ausschuß machen, damit ich dein Feld-Obristen ein Gewißheit, ob sie alle für einen Mann zu stehen bedacht oder nit, zubringen könnte, und als sie alle aufs Rathaus erschienen, haben Hungern und Teutsche einhellig zu mir gesaget und geschrien, sie wollten Jhro Majestät Kaiser Rudolpho dem Andern als Künigen zu Hungern den Eid, den sie geschworen, bis auf den äußersten Blutstropfen halten, sodann Jhro Majestät Officirern (d. i. Beamten) allen schuldigen Gehorsamb erzeigen. Darauf ich mich also verlassen, ihnen etliche Ort, wo die Stadt wider dem Feind am nützlichsten zu befestigen und zu defendiren seie, angeben, mit wiederholtem Erbieten, scunbt meinen Reutern Leib und Leben für sie zu wagen, welches Alles von ihnen durch großes Froh¬ locken und Danksagung angenvmben und wo nötig würklich zu erstatten ganz flehlich (flehentlich) gebeten worden. Ja es haben mir der Vorsteher der Ge¬ meind scunbt vielen Bürgersleuten und 4 Uhr nach Mittag des Gleit für die Stadt heraus gegeben und vou neuem geschrien, weil ihnen die Gnad mit Wiedergebung der Kirchen und anderer sequestrirten Güter erfolget, so wollten sie bei Jhro kaiserl. Majestät und dem Feldobristen leben und sterben." Soweit Rottwitz. Dieselbe Zusicherung, die Bürgerschaft werde treu bleibe» und die kaiserlichen Beamten schützen, empfing anch Lassota durch Melchior Renner; doch erklärte dieser zugleich, die katholischen Geistlichen vermöge man nicht zu bewahren, falls die Jnsurgenten ihre Auslieferung fordern sollten. Selbst die für ihre Abreise begehrten Wagen konnte oder wollte man nicht stellen, so daß die Herren in schlimmster Lage zurückblieben. Auch der Ge¬ mahlin Belgiojoso's, welche sich noch in der Stadt befand und nun dem General folgten wollte, wurde das Thor nicht eher geöffnet, als bis die Elisabethkirche wirklich den Evangelischen übergeben war. In ihrem Gefolge verließen auch die Jesuiten den ungastlichen Ort, alle freilich' nur, um am Abend halbwegs zwischen Kaschau und Eperies von einem Reitertrupp angefallen und beraubt zu werden. Die Dame selbst wurde nach dem Zipser Schloß, der alten Haupt- burg des Zipserlcmdes, in die Belgiojoso sich geworfen, entlassen, ihre Be¬ deckung dagegen größtentheils zusammengehaueu. Was aus den Jesuiten ge¬ worden, erfuhr man nicht. Derselbe, dessen oben (Ur. 6, S, 185) gedacht wurde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/230>, abgerufen am 24.07.2024.