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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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Anfangs Ausfuhrprämien dafür zu zahlen, desgleichen ferner tüchtige und ver¬
ständige Männer auf Regierungskosteu hinzuschicken, damit sie die Leute drüben
anleiten und ihnen die beste Methode beibringen. Wenn wir dann ein Gesetz
erließen, welches die Anwendung von Maschinen zu den betreffenden Fabrika¬
tionszweigen verböte, so würden sie uns jene Erzeugnisse roh senden. Und
wie sie dann Rohstoffe, so würden wir die Verarbeitung derselben haben.
Allerdings werden die Kolonien, wenn wir ihnen Anleitung geben, Hanf,
Flachs, Baumwolle u. drgl. zu erbauen, ohne Zweifel bald anfangen, diese
Rohstoffe selbst zu verarbeiten, wenn man sie daran nicht hindert. Deshalb,
zur Verhinderung des Entstehens von Manufakturen, wird vorgeschlagen, daß
Niemand Webstuhle aufstellen darf, ohne sich vorher in einem besonders dazu
bezeichneten Bureau gemeldet und Namen und Wohnort seiner Arbeiter ange¬
geben zu haben, daß allen Negern verboten wird, Leinen- oder Wollweberei
oder Garnspiunerei oder Garnkämmerei zu treiben, oder in irgend einem Etab¬
lissement zur Bearbeitung von Eisen oder andern Metallen zu arbeiten, ausge¬
nommen bei Hochöfen für Roheisen; auch soll ihnen untersagt sein, in Hut-,
Strumpf- oder Lederfabriken Arbeit zu nehmen. Dies Alles soll übrigens den
Pflanzern keine ihrer bisherigen Freiheiten verkümmern, im Gegentheil, es soll
nnr ihre ganze Betriebsamkeit darauf lenken, jene Rohstofferzeugung in die
Hohe zu bringen."

Noch unumwundener äußert sich diese von ordinärster Selbstsucht einge¬
gebene Politik in Folgendem: "Neuengland und die nördlichen Kolonien können
uns lange nicht genug Erzeugnisse senden in Austausch gegen die von uns
bezogenen ihnen nothwendigen Bekleidungsstoffe; im Gegentheil, sie befinden
sich stets im Rückstände. Daher können wir ihnen schon gewöhnlichere (soll
heißen, schlechtere) Qualitäten von Waare verkaufen, und alles, was bei uns
aus der Mode ist, wird' immer noch gut genug für sie sein." Also Ladeil¬
hüter für die Kolonien! -- "NuMjÄr lor N,vroa,ä", Schund für das Ausland,
lautet eine andere anmuthige Maxime dieses hochmüthigen, gewissenlos selbst¬
süchtigen England, für das unsere Manchestermünner die Jahre daher geschwärmt
und gearbeitet haben. "In der That," bemerkt hierzu unsere Schrift, "Adam
Smith hatte Recht, wenn er sagte, das ganze System bezwecke nichts Anderes,
als aus den Kolonien Kundschaftsansiedelungen zu machen -- ein Projekt,
würdig einer Krämernativn, oder sogar nicht einmal würdig einer Krämer-
ncition, sondern einer solchen, die von Krämern regiert werde."

Trotzdem blieb die Tendenz der englischen Handelspolitik dieselbe, und
als ein halbes Jahrhundert nachher, um 1815, die Aufhebung der Kontinental¬
sperre die während derselben ans dein europäischen Festlande entstandenen
Fabriken gefährdete, und alle Staaten mit Ausnahme der deutschen sich ohne


Anfangs Ausfuhrprämien dafür zu zahlen, desgleichen ferner tüchtige und ver¬
ständige Männer auf Regierungskosteu hinzuschicken, damit sie die Leute drüben
anleiten und ihnen die beste Methode beibringen. Wenn wir dann ein Gesetz
erließen, welches die Anwendung von Maschinen zu den betreffenden Fabrika¬
tionszweigen verböte, so würden sie uns jene Erzeugnisse roh senden. Und
wie sie dann Rohstoffe, so würden wir die Verarbeitung derselben haben.
Allerdings werden die Kolonien, wenn wir ihnen Anleitung geben, Hanf,
Flachs, Baumwolle u. drgl. zu erbauen, ohne Zweifel bald anfangen, diese
Rohstoffe selbst zu verarbeiten, wenn man sie daran nicht hindert. Deshalb,
zur Verhinderung des Entstehens von Manufakturen, wird vorgeschlagen, daß
Niemand Webstuhle aufstellen darf, ohne sich vorher in einem besonders dazu
bezeichneten Bureau gemeldet und Namen und Wohnort seiner Arbeiter ange¬
geben zu haben, daß allen Negern verboten wird, Leinen- oder Wollweberei
oder Garnspiunerei oder Garnkämmerei zu treiben, oder in irgend einem Etab¬
lissement zur Bearbeitung von Eisen oder andern Metallen zu arbeiten, ausge¬
nommen bei Hochöfen für Roheisen; auch soll ihnen untersagt sein, in Hut-,
Strumpf- oder Lederfabriken Arbeit zu nehmen. Dies Alles soll übrigens den
Pflanzern keine ihrer bisherigen Freiheiten verkümmern, im Gegentheil, es soll
nnr ihre ganze Betriebsamkeit darauf lenken, jene Rohstofferzeugung in die
Hohe zu bringen."

Noch unumwundener äußert sich diese von ordinärster Selbstsucht einge¬
gebene Politik in Folgendem: „Neuengland und die nördlichen Kolonien können
uns lange nicht genug Erzeugnisse senden in Austausch gegen die von uns
bezogenen ihnen nothwendigen Bekleidungsstoffe; im Gegentheil, sie befinden
sich stets im Rückstände. Daher können wir ihnen schon gewöhnlichere (soll
heißen, schlechtere) Qualitäten von Waare verkaufen, und alles, was bei uns
aus der Mode ist, wird' immer noch gut genug für sie sein." Also Ladeil¬
hüter für die Kolonien! — „NuMjÄr lor N,vroa,ä", Schund für das Ausland,
lautet eine andere anmuthige Maxime dieses hochmüthigen, gewissenlos selbst¬
süchtigen England, für das unsere Manchestermünner die Jahre daher geschwärmt
und gearbeitet haben. „In der That," bemerkt hierzu unsere Schrift, „Adam
Smith hatte Recht, wenn er sagte, das ganze System bezwecke nichts Anderes,
als aus den Kolonien Kundschaftsansiedelungen zu machen — ein Projekt,
würdig einer Krämernativn, oder sogar nicht einmal würdig einer Krämer-
ncition, sondern einer solchen, die von Krämern regiert werde."

Trotzdem blieb die Tendenz der englischen Handelspolitik dieselbe, und
als ein halbes Jahrhundert nachher, um 1815, die Aufhebung der Kontinental¬
sperre die während derselben ans dein europäischen Festlande entstandenen
Fabriken gefährdete, und alle Staaten mit Ausnahme der deutschen sich ohne


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/22>, abgerufen am 05.02.2025.