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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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Bischer war ein Baseler Kind und hat seit dein Ende seiner Studienzeit
ununterbrochen seine Kraft der Vaterstadt gewidmet. Er war 1808 geboren.
Der Vater stand an der Spitze eines geachteten Handelshauses, die Mutter
war eine Enkelin Jsaak Jselin's, des berühmten Historikers. Seine Ausbildung
hatte er in der einst berühmten Fellenberg'schen Erziehungsanstalt in Hofwyl
empfangen, an der damals Griepenkerl, Fr. Kortüm und andere ausgezeichnete
Kräfte als Lehrer wirkten, und der eine große Anzahl von Schülern aus aller
Herren Ländern und zum guten Theil aus hocharistokratischen Kreisen zuge¬
führt wurden, hatte dann seit 1825 an der Baseler Universität, und von 1828
bis 1831 an deutschen Universitäten (Bonn, Jena, Berlin) studirt; Niebuhr,
Welcker und Boeckh waren es, an die er vornehmlich sich angeschlossen. Nach
Basel zurückgekehrt, fand er bald am dortigen "Pädagogium" Anstellung, begann
aber gleichzeitig auch Vorlesungen an der Universität zu halten, und schon 1835
wurde er zum außerordentlichen, im Jahre darauf zum Ordentlichen Professor
der griechischen Sprache und Literatur ernannt. Doch blieb mit dieser Pro¬
fessur der Unterricht im Griechischen an den beiden obersten Klassen des Päda¬
gogiums verbunden, und beinahe dreißig Jahre lang hat Bischer in dieser
Doppelstellung gewirkt. Erst 1861 trat er von der Thätigkeit an der Schule zurück.

Seine akademische Thätigkeit hatte er mit Vorlesungen über Aeschylos'
"Prometheus" begonnen; in der Folgezeit erweiterte er, von der griechischen
Dichtung ausgehend, das Gebiet seiner Vorlesungen fort und fort, bis es sich
über die meisten bedeutenden Schriftsteller aus der Blüthezeit der griechische"
Literatur ausdehnte. Pindar und die Fragmente der übrigen Lyriker, die
Elegiker, die Tragiker und Aristophanes, Thukydides und die Redner, Platon und
Aristoteles, sie alle hat er nach und nach in exegetischen Kollegien behandelt.
In zusammenhängenden Darstellungen trug er die Geschichte der griechischen Philo¬
sophie und die griechische Literaturgeschichte vor und führte seine Zuhörer in
das Studium der griechischen Geschichte und der griechischen Alterthümer und
Inschriften ein. Daneben leitete er Jnterpretativnsübungen, anfangs auf eigne
Faust, seit 1861 offiziell an dem neubegründeten philologischen Seminar. Drei¬
mal, in den Jahren 1845, 1846 und 1857, bekleidete er das Rektorat der Uni¬
versität. Ueber dreißig Jahre lang, bis an seinen Tod, leitete Bischer außerdem
die 1841 unter seiner Mitwirkung gegründete "Antiquarische Gesellschaft" in
Basel, und als 1849 die Sammlungen derselben mit dem der Universität ge¬
hörigen Antikenkabinet vereinigt wurden, wurde er zum Vorsteher der Kommission
erwählt, welcher die ganze, neu zu organisirende Sammlung übergeben wurde.
Unermüdlich war er auch hier bestrebt, durch Mittheilungen und Vorträge das
Interesse für die Sammlung zu erwecken und zu erhalten und ihren Werth
durch eine wohldurchgeführte Ordnung zu erhöhen. Namentlich auf deu Katalog


Bischer war ein Baseler Kind und hat seit dein Ende seiner Studienzeit
ununterbrochen seine Kraft der Vaterstadt gewidmet. Er war 1808 geboren.
Der Vater stand an der Spitze eines geachteten Handelshauses, die Mutter
war eine Enkelin Jsaak Jselin's, des berühmten Historikers. Seine Ausbildung
hatte er in der einst berühmten Fellenberg'schen Erziehungsanstalt in Hofwyl
empfangen, an der damals Griepenkerl, Fr. Kortüm und andere ausgezeichnete
Kräfte als Lehrer wirkten, und der eine große Anzahl von Schülern aus aller
Herren Ländern und zum guten Theil aus hocharistokratischen Kreisen zuge¬
führt wurden, hatte dann seit 1825 an der Baseler Universität, und von 1828
bis 1831 an deutschen Universitäten (Bonn, Jena, Berlin) studirt; Niebuhr,
Welcker und Boeckh waren es, an die er vornehmlich sich angeschlossen. Nach
Basel zurückgekehrt, fand er bald am dortigen „Pädagogium" Anstellung, begann
aber gleichzeitig auch Vorlesungen an der Universität zu halten, und schon 1835
wurde er zum außerordentlichen, im Jahre darauf zum Ordentlichen Professor
der griechischen Sprache und Literatur ernannt. Doch blieb mit dieser Pro¬
fessur der Unterricht im Griechischen an den beiden obersten Klassen des Päda¬
gogiums verbunden, und beinahe dreißig Jahre lang hat Bischer in dieser
Doppelstellung gewirkt. Erst 1861 trat er von der Thätigkeit an der Schule zurück.

Seine akademische Thätigkeit hatte er mit Vorlesungen über Aeschylos'
„Prometheus" begonnen; in der Folgezeit erweiterte er, von der griechischen
Dichtung ausgehend, das Gebiet seiner Vorlesungen fort und fort, bis es sich
über die meisten bedeutenden Schriftsteller aus der Blüthezeit der griechische»
Literatur ausdehnte. Pindar und die Fragmente der übrigen Lyriker, die
Elegiker, die Tragiker und Aristophanes, Thukydides und die Redner, Platon und
Aristoteles, sie alle hat er nach und nach in exegetischen Kollegien behandelt.
In zusammenhängenden Darstellungen trug er die Geschichte der griechischen Philo¬
sophie und die griechische Literaturgeschichte vor und führte seine Zuhörer in
das Studium der griechischen Geschichte und der griechischen Alterthümer und
Inschriften ein. Daneben leitete er Jnterpretativnsübungen, anfangs auf eigne
Faust, seit 1861 offiziell an dem neubegründeten philologischen Seminar. Drei¬
mal, in den Jahren 1845, 1846 und 1857, bekleidete er das Rektorat der Uni¬
versität. Ueber dreißig Jahre lang, bis an seinen Tod, leitete Bischer außerdem
die 1841 unter seiner Mitwirkung gegründete „Antiquarische Gesellschaft" in
Basel, und als 1849 die Sammlungen derselben mit dem der Universität ge¬
hörigen Antikenkabinet vereinigt wurden, wurde er zum Vorsteher der Kommission
erwählt, welcher die ganze, neu zu organisirende Sammlung übergeben wurde.
Unermüdlich war er auch hier bestrebt, durch Mittheilungen und Vorträge das
Interesse für die Sammlung zu erwecken und zu erhalten und ihren Werth
durch eine wohldurchgeführte Ordnung zu erhöhen. Namentlich auf deu Katalog


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/180>, abgerufen am 22.07.2024.