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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

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mente aus den spanischen Archiven veröffentlicht hat, vollendete er während
der acht Monate seines Aufenthalts in Madrid nicht weniger als vierzig
Bilder, d. h. in jeder Woche mindestens eins. Es befinden sich darunter
Kopieen nach Tizian, Porträts und große Kompositionen für Kirchen und
Schlösser. Die Beihilfe von Schülern ist hierbei natürlich auszuschließen.
Die meisten dieser Bilder lassen sich heute noch nachweisen. Für uns sind
diejenigen von besonderem Interesse, welche Rubens in seinem Briefe namhaft
macht.

Das Reiterporträt des Königs Philipp IV., welches seiner Zeit so großes
Aufsehen machte, daß es Lope de Vega in einem schwungvollen Gedichte feierte,
ist wahrscheinlich durch den Brand des Escurial vom Jahre 1734 zu Grunde
gegangen. Von da verschwindet es aus den Jnventaren. Ein Verzeichniß vom
Jahre 1636 beschreibt es mit diesen Worten: "Der König sitzt bewaffnet auf
einem braunrothen Pferde, er trägt eine karmoisinrothe Schärpe, einen Stab in der
Hand und einen schwarzen Hut mit weißen Federn. Oben befindet sich eine
Erdkugel, die von zwei Engeln gehalten wird und von der Gestalt des Glaubens,
welche ein Kreuz über den Globus erhebt und Sr. Majestät einen Lorbeerkranz
darbietet. Auf der einen Seite blitzt die göttliche Gerechtigkeit seine Feinde
nieder, auf der andern sitzt auf dem Erdboden ein Indianer, welcher einen
Helm trägt."

Ebenso wenig läßt sich mit Sicherheit nachweisen, welche von den ver¬
schiedenen noch vorhandenen Porträts der spanischen Königsfamilie von der
Hand unseres Meisters für das erzherzogliche Paar in Brüssel gemalt worden
sind. Albert und Jsabella hatten eine besondere Vorliebe für Familienporträts
und besaßen eine große Sammlung derselben in ihrer Brüsseler Residenz. Bei
dem Brande dieses Schlosses im Jahre 1734 gingen mehrere Werke von Rubens
unter, vielleicht befanden sich unter ihnen auch die spanischen Porträts. Vielleicht
sind dieselben auch früher in die Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm
übergegangen, die 1657 nach Wien ging. Dort befindet sich im Belvedere
ein Porträt des Prinzen Ferdinand, des Kardinal-Infanten und Bruders des
Königs, das mit großer Wahrscheinlichkeit als ein Bestandtheil jener spanischen
Serie zu bezeichnen ist.

Der achte Brief gehört zu den ältesten, die wir von der Hand des Künstlers
besitzen. Er ist vom 19. Juni 1622 datirt und an den Advokaten Peter van Veer
gerichtet, der ein Bruder des Otto Vaenius war, des Lehrers von Rubens. Peter
van Veer war ein eifriger Kunstsammler und hatte an Rubens geschrieben, er solle
ihm diejenigen Kupferstiche schicken, die er in einem gewissen Zeitraume nach
seinen Bildern und Zeichnungen hatte anfertigen lassen, und die in seiner Samm¬
lung noch fehlten. Rubens antwortet, daß es folgende seien: Stigmatisation des


mente aus den spanischen Archiven veröffentlicht hat, vollendete er während
der acht Monate seines Aufenthalts in Madrid nicht weniger als vierzig
Bilder, d. h. in jeder Woche mindestens eins. Es befinden sich darunter
Kopieen nach Tizian, Porträts und große Kompositionen für Kirchen und
Schlösser. Die Beihilfe von Schülern ist hierbei natürlich auszuschließen.
Die meisten dieser Bilder lassen sich heute noch nachweisen. Für uns sind
diejenigen von besonderem Interesse, welche Rubens in seinem Briefe namhaft
macht.

Das Reiterporträt des Königs Philipp IV., welches seiner Zeit so großes
Aufsehen machte, daß es Lope de Vega in einem schwungvollen Gedichte feierte,
ist wahrscheinlich durch den Brand des Escurial vom Jahre 1734 zu Grunde
gegangen. Von da verschwindet es aus den Jnventaren. Ein Verzeichniß vom
Jahre 1636 beschreibt es mit diesen Worten: „Der König sitzt bewaffnet auf
einem braunrothen Pferde, er trägt eine karmoisinrothe Schärpe, einen Stab in der
Hand und einen schwarzen Hut mit weißen Federn. Oben befindet sich eine
Erdkugel, die von zwei Engeln gehalten wird und von der Gestalt des Glaubens,
welche ein Kreuz über den Globus erhebt und Sr. Majestät einen Lorbeerkranz
darbietet. Auf der einen Seite blitzt die göttliche Gerechtigkeit seine Feinde
nieder, auf der andern sitzt auf dem Erdboden ein Indianer, welcher einen
Helm trägt."

Ebenso wenig läßt sich mit Sicherheit nachweisen, welche von den ver¬
schiedenen noch vorhandenen Porträts der spanischen Königsfamilie von der
Hand unseres Meisters für das erzherzogliche Paar in Brüssel gemalt worden
sind. Albert und Jsabella hatten eine besondere Vorliebe für Familienporträts
und besaßen eine große Sammlung derselben in ihrer Brüsseler Residenz. Bei
dem Brande dieses Schlosses im Jahre 1734 gingen mehrere Werke von Rubens
unter, vielleicht befanden sich unter ihnen auch die spanischen Porträts. Vielleicht
sind dieselben auch früher in die Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm
übergegangen, die 1657 nach Wien ging. Dort befindet sich im Belvedere
ein Porträt des Prinzen Ferdinand, des Kardinal-Infanten und Bruders des
Königs, das mit großer Wahrscheinlichkeit als ein Bestandtheil jener spanischen
Serie zu bezeichnen ist.

Der achte Brief gehört zu den ältesten, die wir von der Hand des Künstlers
besitzen. Er ist vom 19. Juni 1622 datirt und an den Advokaten Peter van Veer
gerichtet, der ein Bruder des Otto Vaenius war, des Lehrers von Rubens. Peter
van Veer war ein eifriger Kunstsammler und hatte an Rubens geschrieben, er solle
ihm diejenigen Kupferstiche schicken, die er in einem gewissen Zeitraume nach
seinen Bildern und Zeichnungen hatte anfertigen lassen, und die in seiner Samm¬
lung noch fehlten. Rubens antwortet, daß es folgende seien: Stigmatisation des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/159>, abgerufen am 23.07.2024.