Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

einmal den spanischen Gesandten, auch nicht den Sekretär von Flandern, der
in Paris residirt.....Ich darf die Geheimnisse der Fürsten nicht preisgeben.
Aber es ist wahr, daß der König von Spanien mir befohlen hat, mit der Post
zu kommen, und vielleicht hat meine erlauchteste Herrin geglaubt, daß ich wegen
meiner engen Beziehungen zur Königin-Mutter einige Tage an ihrem Hofe
aufgehalten werden würde. Ich beschäftige mich hier mit Malen, wie ich es
überall thue, und ich habe schon das Reiterporträt Sr. Majestät des Königs
fertig gemacht, dem es sehr gefallen hat, und der damit sehr zufrieden gewesen
ist. Er scheint ein außerordentliches Vergnügen an der Malerei zu finden,
und nach meinem Urtheil ist dieser Fürst mit den schönsten Eigenschaften be¬
gabt. Ich kenne ihn hinlänglich aus dem Umgange. Da ich ein Zimmer im
Palaste habe, besucht er mich fast alle Tage. Ich habe anch die Porträts der
ganzen königlichen Familie gemalt, getreu und mit größter Leichtigkeit in ihrer
Gegenwart, für die erlauchteste Infantin, meine Herrin. Diese hat mir die
Erlaubniß gegeben, den Rückweg über Italien zu nehmen, und ich hoffe, so
Gott will, die Ueberfahrt von Barcelona nach Genua mit der Königin von
Ungarn zu machen, welche Ende nächsten Märzes erfolgen soll."

Der Schleier, den Rubens in diesem Briese mit achtungswerther Diskretion
über seine politische Sendung geworfen hat, ist inzwischen durch die Publikation
offizieller Aktenstücke aus den reichen Archiven von Simancas gelüftet worden.
Es handelte sich um den Frieden zwischen England und Spanien, zu dessen
Abschluß sich die erstere Macht, wie Rubens erfahren hatte, endlich geneigt
zeigte. Er hatte deshalb an den spanischen Minister, Herzog von Olivarez,
unter dem 30. März 1628 geschrieben, und am 6. Juli schrieb der König von
Spanien auf Antrag des Staatsraths an die Erzherzogin Jsabella, den Maler
sofort nach Madrid zu schicken. Rubens traf daselbst nach schneller Reise Ende
August ein. Er durfte, wie er in obigem Briefe schreibt, nicht einmal in
Paris einen kurzen Aufenthalt nehmen. Die Hauptabsicht, welche der Madrider
Hof mit der Berufung dieses geschickten, schon in mehreren Missionen bewährten
Unterhändlers verband, lag darin, Zeit zu gewinnen und eine Entscheidung so
weit als möglich hinauszuschieben. Erst am 26. April 1628 reiste Rubens
von Madrid wieder ab. Sein Ausflug nach Italien unterblieb. Er war mit
einer wichtigen Mission nach London betraut worden und ging deshalb über
Paris, wo er sich am 12. Mai befand, direkt nach Antwerpen und von dort
nach kurzem Aufenthalt nach London, von wo er unter dem 30. Juni seine
erste diplomatische Depesche an den Herzog von Olivarez absandte.

Seine diplomatische Aufgabe in Madrid ließ ihm noch Zeit genug, seiner
Kunst zu leben. Er entfaltete eine Thätigkeit von geradezu erstaunlichem Um¬
fang. Nach der Berechnung Villaamil's, welcher die oben erwähnten Dolm-


einmal den spanischen Gesandten, auch nicht den Sekretär von Flandern, der
in Paris residirt.....Ich darf die Geheimnisse der Fürsten nicht preisgeben.
Aber es ist wahr, daß der König von Spanien mir befohlen hat, mit der Post
zu kommen, und vielleicht hat meine erlauchteste Herrin geglaubt, daß ich wegen
meiner engen Beziehungen zur Königin-Mutter einige Tage an ihrem Hofe
aufgehalten werden würde. Ich beschäftige mich hier mit Malen, wie ich es
überall thue, und ich habe schon das Reiterporträt Sr. Majestät des Königs
fertig gemacht, dem es sehr gefallen hat, und der damit sehr zufrieden gewesen
ist. Er scheint ein außerordentliches Vergnügen an der Malerei zu finden,
und nach meinem Urtheil ist dieser Fürst mit den schönsten Eigenschaften be¬
gabt. Ich kenne ihn hinlänglich aus dem Umgange. Da ich ein Zimmer im
Palaste habe, besucht er mich fast alle Tage. Ich habe anch die Porträts der
ganzen königlichen Familie gemalt, getreu und mit größter Leichtigkeit in ihrer
Gegenwart, für die erlauchteste Infantin, meine Herrin. Diese hat mir die
Erlaubniß gegeben, den Rückweg über Italien zu nehmen, und ich hoffe, so
Gott will, die Ueberfahrt von Barcelona nach Genua mit der Königin von
Ungarn zu machen, welche Ende nächsten Märzes erfolgen soll."

Der Schleier, den Rubens in diesem Briese mit achtungswerther Diskretion
über seine politische Sendung geworfen hat, ist inzwischen durch die Publikation
offizieller Aktenstücke aus den reichen Archiven von Simancas gelüftet worden.
Es handelte sich um den Frieden zwischen England und Spanien, zu dessen
Abschluß sich die erstere Macht, wie Rubens erfahren hatte, endlich geneigt
zeigte. Er hatte deshalb an den spanischen Minister, Herzog von Olivarez,
unter dem 30. März 1628 geschrieben, und am 6. Juli schrieb der König von
Spanien auf Antrag des Staatsraths an die Erzherzogin Jsabella, den Maler
sofort nach Madrid zu schicken. Rubens traf daselbst nach schneller Reise Ende
August ein. Er durfte, wie er in obigem Briefe schreibt, nicht einmal in
Paris einen kurzen Aufenthalt nehmen. Die Hauptabsicht, welche der Madrider
Hof mit der Berufung dieses geschickten, schon in mehreren Missionen bewährten
Unterhändlers verband, lag darin, Zeit zu gewinnen und eine Entscheidung so
weit als möglich hinauszuschieben. Erst am 26. April 1628 reiste Rubens
von Madrid wieder ab. Sein Ausflug nach Italien unterblieb. Er war mit
einer wichtigen Mission nach London betraut worden und ging deshalb über
Paris, wo er sich am 12. Mai befand, direkt nach Antwerpen und von dort
nach kurzem Aufenthalt nach London, von wo er unter dem 30. Juni seine
erste diplomatische Depesche an den Herzog von Olivarez absandte.

Seine diplomatische Aufgabe in Madrid ließ ihm noch Zeit genug, seiner
Kunst zu leben. Er entfaltete eine Thätigkeit von geradezu erstaunlichem Um¬
fang. Nach der Berechnung Villaamil's, welcher die oben erwähnten Dolm-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141569"/>
          <p xml:id="ID_475" prev="#ID_474"> einmal den spanischen Gesandten, auch nicht den Sekretär von Flandern, der<lb/>
in Paris residirt.....Ich darf die Geheimnisse der Fürsten nicht preisgeben.<lb/>
Aber es ist wahr, daß der König von Spanien mir befohlen hat, mit der Post<lb/>
zu kommen, und vielleicht hat meine erlauchteste Herrin geglaubt, daß ich wegen<lb/>
meiner engen Beziehungen zur Königin-Mutter einige Tage an ihrem Hofe<lb/>
aufgehalten werden würde. Ich beschäftige mich hier mit Malen, wie ich es<lb/>
überall thue, und ich habe schon das Reiterporträt Sr. Majestät des Königs<lb/>
fertig gemacht, dem es sehr gefallen hat, und der damit sehr zufrieden gewesen<lb/>
ist. Er scheint ein außerordentliches Vergnügen an der Malerei zu finden,<lb/>
und nach meinem Urtheil ist dieser Fürst mit den schönsten Eigenschaften be¬<lb/>
gabt. Ich kenne ihn hinlänglich aus dem Umgange. Da ich ein Zimmer im<lb/>
Palaste habe, besucht er mich fast alle Tage. Ich habe anch die Porträts der<lb/>
ganzen königlichen Familie gemalt, getreu und mit größter Leichtigkeit in ihrer<lb/>
Gegenwart, für die erlauchteste Infantin, meine Herrin. Diese hat mir die<lb/>
Erlaubniß gegeben, den Rückweg über Italien zu nehmen, und ich hoffe, so<lb/>
Gott will, die Ueberfahrt von Barcelona nach Genua mit der Königin von<lb/>
Ungarn zu machen, welche Ende nächsten Märzes erfolgen soll."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_476"> Der Schleier, den Rubens in diesem Briese mit achtungswerther Diskretion<lb/>
über seine politische Sendung geworfen hat, ist inzwischen durch die Publikation<lb/>
offizieller Aktenstücke aus den reichen Archiven von Simancas gelüftet worden.<lb/>
Es handelte sich um den Frieden zwischen England und Spanien, zu dessen<lb/>
Abschluß sich die erstere Macht, wie Rubens erfahren hatte, endlich geneigt<lb/>
zeigte. Er hatte deshalb an den spanischen Minister, Herzog von Olivarez,<lb/>
unter dem 30. März 1628 geschrieben, und am 6. Juli schrieb der König von<lb/>
Spanien auf Antrag des Staatsraths an die Erzherzogin Jsabella, den Maler<lb/>
sofort nach Madrid zu schicken. Rubens traf daselbst nach schneller Reise Ende<lb/>
August ein. Er durfte, wie er in obigem Briefe schreibt, nicht einmal in<lb/>
Paris einen kurzen Aufenthalt nehmen. Die Hauptabsicht, welche der Madrider<lb/>
Hof mit der Berufung dieses geschickten, schon in mehreren Missionen bewährten<lb/>
Unterhändlers verband, lag darin, Zeit zu gewinnen und eine Entscheidung so<lb/>
weit als möglich hinauszuschieben. Erst am 26. April 1628 reiste Rubens<lb/>
von Madrid wieder ab. Sein Ausflug nach Italien unterblieb. Er war mit<lb/>
einer wichtigen Mission nach London betraut worden und ging deshalb über<lb/>
Paris, wo er sich am 12. Mai befand, direkt nach Antwerpen und von dort<lb/>
nach kurzem Aufenthalt nach London, von wo er unter dem 30. Juni seine<lb/>
erste diplomatische Depesche an den Herzog von Olivarez absandte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_477" next="#ID_478"> Seine diplomatische Aufgabe in Madrid ließ ihm noch Zeit genug, seiner<lb/>
Kunst zu leben. Er entfaltete eine Thätigkeit von geradezu erstaunlichem Um¬<lb/>
fang. Nach der Berechnung Villaamil's, welcher die oben erwähnten Dolm-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0158] einmal den spanischen Gesandten, auch nicht den Sekretär von Flandern, der in Paris residirt.....Ich darf die Geheimnisse der Fürsten nicht preisgeben. Aber es ist wahr, daß der König von Spanien mir befohlen hat, mit der Post zu kommen, und vielleicht hat meine erlauchteste Herrin geglaubt, daß ich wegen meiner engen Beziehungen zur Königin-Mutter einige Tage an ihrem Hofe aufgehalten werden würde. Ich beschäftige mich hier mit Malen, wie ich es überall thue, und ich habe schon das Reiterporträt Sr. Majestät des Königs fertig gemacht, dem es sehr gefallen hat, und der damit sehr zufrieden gewesen ist. Er scheint ein außerordentliches Vergnügen an der Malerei zu finden, und nach meinem Urtheil ist dieser Fürst mit den schönsten Eigenschaften be¬ gabt. Ich kenne ihn hinlänglich aus dem Umgange. Da ich ein Zimmer im Palaste habe, besucht er mich fast alle Tage. Ich habe anch die Porträts der ganzen königlichen Familie gemalt, getreu und mit größter Leichtigkeit in ihrer Gegenwart, für die erlauchteste Infantin, meine Herrin. Diese hat mir die Erlaubniß gegeben, den Rückweg über Italien zu nehmen, und ich hoffe, so Gott will, die Ueberfahrt von Barcelona nach Genua mit der Königin von Ungarn zu machen, welche Ende nächsten Märzes erfolgen soll." Der Schleier, den Rubens in diesem Briese mit achtungswerther Diskretion über seine politische Sendung geworfen hat, ist inzwischen durch die Publikation offizieller Aktenstücke aus den reichen Archiven von Simancas gelüftet worden. Es handelte sich um den Frieden zwischen England und Spanien, zu dessen Abschluß sich die erstere Macht, wie Rubens erfahren hatte, endlich geneigt zeigte. Er hatte deshalb an den spanischen Minister, Herzog von Olivarez, unter dem 30. März 1628 geschrieben, und am 6. Juli schrieb der König von Spanien auf Antrag des Staatsraths an die Erzherzogin Jsabella, den Maler sofort nach Madrid zu schicken. Rubens traf daselbst nach schneller Reise Ende August ein. Er durfte, wie er in obigem Briefe schreibt, nicht einmal in Paris einen kurzen Aufenthalt nehmen. Die Hauptabsicht, welche der Madrider Hof mit der Berufung dieses geschickten, schon in mehreren Missionen bewährten Unterhändlers verband, lag darin, Zeit zu gewinnen und eine Entscheidung so weit als möglich hinauszuschieben. Erst am 26. April 1628 reiste Rubens von Madrid wieder ab. Sein Ausflug nach Italien unterblieb. Er war mit einer wichtigen Mission nach London betraut worden und ging deshalb über Paris, wo er sich am 12. Mai befand, direkt nach Antwerpen und von dort nach kurzem Aufenthalt nach London, von wo er unter dem 30. Juni seine erste diplomatische Depesche an den Herzog von Olivarez absandte. Seine diplomatische Aufgabe in Madrid ließ ihm noch Zeit genug, seiner Kunst zu leben. Er entfaltete eine Thätigkeit von geradezu erstaunlichem Um¬ fang. Nach der Berechnung Villaamil's, welcher die oben erwähnten Dolm-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/158
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_141412/158>, abgerufen am 23.07.2024.