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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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ihm unmittelbar nachher die Einzelheiten der Unterredung mitgetheilt habe,
damit er sie seinem Vater berichte. Die Kommissaire Maria Stuart's wiesen
es in Westminster ab, Crawford mündlich darüber zu verhören. Hosack
erklärt es für ganz unmöglich, daß ein Gespräch von zwei Augenzeugen in so
gleichlautenden Ausdrücken wiedergegeben werden könne, und führt als Beispiel
zwei Berichte über eine moderne Gerichtsrede an. Es handelt sich hier indessen
um einige wenige, ganz bestimmte Fragen und Antworten; überdies ist, wie
schon erwähnt, die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß Crawford die Briefe
der Königin zu Gesicht bekommen hat, ehe er seine Aussage verfaßte. Jene
Schreiben von Lennox und Wood, die Crawford um Details über den Aufent¬
halt der Königin in Glasgow ersuchten, über ihre Ankunft, Begleitung, das
Gespräch, ob sie Briefe und Sendungen abgeschickt und Rücksendungen erhalten
habe, beweisen nur, daß Lennox nach Kräften Material zu sammeln bemüht
war, wie ja auch Murray ohne Zweifel sein book ok artiolkL sorgfältig vor¬
bereiten ließ.

Killegrew's Sendung. Der Inhalt dieser vielbesprochenen, Elisabeth
schwer kompromittirenden Sendung, die bei Tytler bereits ausführlich darge¬
stellt ist, wird durch die neuesten Forschungen durchweg bestätigt. Die betreffenden
Aktenstücke sind im Record office von Hosack und Fronde originalster benutzt
worden. Die Partei Maria Stuart's in Schottland war damals wieder sehr
groß geworden. Fast der gesammte Adel gehörte ihr an, wenn auch der Be¬
richt de la Motte Fenelon's an Karl IX., daß nur vier Familien (also Lennox,
Mar, Morton und Glencairn) Gegner der Königin gewesen seien, sicher eine
Uebertreibung enthält. Unzweifelhaft empfand die schottische Regierung nicht
minder als die englische die Unbequemlichkeit von Maria Stuart's Gefangen¬
schaft sehr schwer und hätte ihren Tod mit Freuden begrüßt. In dieser
Stimmung schickte Elisabeth damals Sir Henry Killegrew nach Schottland
mit dem Auftrage, eine Auslieferung der gefangenen Königin, falls man in
Schottland geneigt sei, sie unschädlich zu machen, in Aussicht zu stellen. Die Art
und Weise wurde dem Regenten überlassen, entweder sollte eine heimliche Hin¬
richtung oder ein förmlicher Prozeß stattfinden. Es konnte indessen bei den
Parteiverhältnissen in Schottland nur von einem heimlichen Verfahren die
Rede sein. Ein allgemeiner Aufstand, dessen Ausgang für den Regenten un¬
berechenbar sein konnte, wenn ihm auch der Beistand England's jeder Hilfs¬
leistung der katholischen kontinentalen Mächte gegenüber gewiß war, wäre die
Folge gewesen.

Cecil benutzte bei der Mission Killegrew's geschickt die Aufregung, welche
in England wie in Schottland in Folge der Bartholomäusnacht vorhanden
war. Wenige Tage, nachdem die Nachricht eingetroffen war (8. Sept.), ver-


ihm unmittelbar nachher die Einzelheiten der Unterredung mitgetheilt habe,
damit er sie seinem Vater berichte. Die Kommissaire Maria Stuart's wiesen
es in Westminster ab, Crawford mündlich darüber zu verhören. Hosack
erklärt es für ganz unmöglich, daß ein Gespräch von zwei Augenzeugen in so
gleichlautenden Ausdrücken wiedergegeben werden könne, und führt als Beispiel
zwei Berichte über eine moderne Gerichtsrede an. Es handelt sich hier indessen
um einige wenige, ganz bestimmte Fragen und Antworten; überdies ist, wie
schon erwähnt, die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß Crawford die Briefe
der Königin zu Gesicht bekommen hat, ehe er seine Aussage verfaßte. Jene
Schreiben von Lennox und Wood, die Crawford um Details über den Aufent¬
halt der Königin in Glasgow ersuchten, über ihre Ankunft, Begleitung, das
Gespräch, ob sie Briefe und Sendungen abgeschickt und Rücksendungen erhalten
habe, beweisen nur, daß Lennox nach Kräften Material zu sammeln bemüht
war, wie ja auch Murray ohne Zweifel sein book ok artiolkL sorgfältig vor¬
bereiten ließ.

Killegrew's Sendung. Der Inhalt dieser vielbesprochenen, Elisabeth
schwer kompromittirenden Sendung, die bei Tytler bereits ausführlich darge¬
stellt ist, wird durch die neuesten Forschungen durchweg bestätigt. Die betreffenden
Aktenstücke sind im Record office von Hosack und Fronde originalster benutzt
worden. Die Partei Maria Stuart's in Schottland war damals wieder sehr
groß geworden. Fast der gesammte Adel gehörte ihr an, wenn auch der Be¬
richt de la Motte Fenelon's an Karl IX., daß nur vier Familien (also Lennox,
Mar, Morton und Glencairn) Gegner der Königin gewesen seien, sicher eine
Uebertreibung enthält. Unzweifelhaft empfand die schottische Regierung nicht
minder als die englische die Unbequemlichkeit von Maria Stuart's Gefangen¬
schaft sehr schwer und hätte ihren Tod mit Freuden begrüßt. In dieser
Stimmung schickte Elisabeth damals Sir Henry Killegrew nach Schottland
mit dem Auftrage, eine Auslieferung der gefangenen Königin, falls man in
Schottland geneigt sei, sie unschädlich zu machen, in Aussicht zu stellen. Die Art
und Weise wurde dem Regenten überlassen, entweder sollte eine heimliche Hin¬
richtung oder ein förmlicher Prozeß stattfinden. Es konnte indessen bei den
Parteiverhältnissen in Schottland nur von einem heimlichen Verfahren die
Rede sein. Ein allgemeiner Aufstand, dessen Ausgang für den Regenten un¬
berechenbar sein konnte, wenn ihm auch der Beistand England's jeder Hilfs¬
leistung der katholischen kontinentalen Mächte gegenüber gewiß war, wäre die
Folge gewesen.

Cecil benutzte bei der Mission Killegrew's geschickt die Aufregung, welche
in England wie in Schottland in Folge der Bartholomäusnacht vorhanden
war. Wenige Tage, nachdem die Nachricht eingetroffen war (8. Sept.), ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/490>, abgerufen am 05.02.2025.