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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Schottland gebracht worden war. Eine dringende Aufforderung Elisabeth's, ihn
nach Westminster bringen zu lassen, kam zu spät; er war bereits seit 8 Tagen
todt. Uebereinstimmend wird dann auch von diesen neueren Schriftstellern das
angebliche Testament Bothwell's angeführt, auf welches einzugehen ich hier
um so weniger Veranlassung habe, als dasselbe in neuester Zeit durch Fred.
Schlern in Kopenhagen nach sehr sorgfältigen Untersuchungen in überzeugendster
Weise als eine, wenn auch nicht ungeschickte Fälschung nachgewiesen worden ist.

Sehr heftig wird ferner das Artikelbuch angegriffen. Ohne Frage enthält
dasselbe auch verschiedene Uebertreibungen, wie die Schilderung der Reise der
Königin nach Ulloa, ihres Besuches in Jedburg, des Benehmens Darnley's
feiner Gemahlin gegenüber, indessen sind dieselben für die Hauptfrage von ge¬
ringer Bedeutung. Das ok Mtiolss, welches Hosack indessen aus den
Hvxstvrui wÄQuserixts im R,6Aiswr douss in Edinburgh veröffentlicht hat, ist
keine authentische Abschrift, weit eher ein Brouillon. Wir besitzen leider keinen
Abdruck dieses Dokumentes, sondern kennen nur ungefähr den Inhalt. Der
ganze Ton und Charakter des Hosack'schen Schriftstückes stimmt, wie von Burton
CV. 200) schon mit Recht hervorgehoben worden ist, mit Murray's Vorsicht und
Gründlichkeit gar nicht überein. Die Hauptsachen fehlen, dagegen werden eine
Menge unwesentlicher Kleinigkeiten erwähnt. Alles steht wirr durcheinander,
man sieht gar nicht, daß es sich um ein wirkliches Verbrechen handelt, welches
hier klar gelegt werden soll. Das Ganze macht den Eindruck, als ob der Ver¬
fasser allerhand kleine Sachen in boshafter Weise zusammengestellt habe.*)
Burton nennt das Hoxstorui inÄMserixt nicht ohne Berechtigung das Brouillon
eines der Betheiligten. Als einen neuen bedeutsamen Beweis für Maria
Stuart's Unschuld führt Hosack endlich auch einen allerdings höchst interessanten
Brief des Earl of Sussex an Cecil in's Feld, der aber bei näherer Prüfung
doch ganz andere Dinge enthält, als Hosack uns glauben machen will.**)
Sussex sagt in diesem Briefe nur, "man werde schwer eine Anklage gegen die
gefangene Königin erheben können, denn wenn ihre Gegner die Briefe vor¬
legten, so würde sie dieselben einfach ableugnen und viele von ihnen mit Recht
anklagen, selbst in den Mord gewilligt zu haben, so daß die Beweise noch besser
sein könnten." Deshalb den Schluß zu ziehen, daß Sussex die Briefe für
gefälscht hielt, ist unhistorisch, besonders da er dieselben noch gar nicht ge¬
sehen hatte. Der Brief ist vom 22. Oktober 1568 datirt.

Sussex' Rathschläge gehen dann weiter dahin, man möge am besten Maria
in England festhalten, nachdem man sie des Mordes für schuldig erklärt habe




*) Burton, v. 200.
**) Sussex an Cecil, 22. Oktober 1S68 in I^S^s, illustrations ot Vritisii liistory,
I. 468, Hosack, I, 414. Appendix A.

Schottland gebracht worden war. Eine dringende Aufforderung Elisabeth's, ihn
nach Westminster bringen zu lassen, kam zu spät; er war bereits seit 8 Tagen
todt. Uebereinstimmend wird dann auch von diesen neueren Schriftstellern das
angebliche Testament Bothwell's angeführt, auf welches einzugehen ich hier
um so weniger Veranlassung habe, als dasselbe in neuester Zeit durch Fred.
Schlern in Kopenhagen nach sehr sorgfältigen Untersuchungen in überzeugendster
Weise als eine, wenn auch nicht ungeschickte Fälschung nachgewiesen worden ist.

Sehr heftig wird ferner das Artikelbuch angegriffen. Ohne Frage enthält
dasselbe auch verschiedene Uebertreibungen, wie die Schilderung der Reise der
Königin nach Ulloa, ihres Besuches in Jedburg, des Benehmens Darnley's
feiner Gemahlin gegenüber, indessen sind dieselben für die Hauptfrage von ge¬
ringer Bedeutung. Das ok Mtiolss, welches Hosack indessen aus den
Hvxstvrui wÄQuserixts im R,6Aiswr douss in Edinburgh veröffentlicht hat, ist
keine authentische Abschrift, weit eher ein Brouillon. Wir besitzen leider keinen
Abdruck dieses Dokumentes, sondern kennen nur ungefähr den Inhalt. Der
ganze Ton und Charakter des Hosack'schen Schriftstückes stimmt, wie von Burton
CV. 200) schon mit Recht hervorgehoben worden ist, mit Murray's Vorsicht und
Gründlichkeit gar nicht überein. Die Hauptsachen fehlen, dagegen werden eine
Menge unwesentlicher Kleinigkeiten erwähnt. Alles steht wirr durcheinander,
man sieht gar nicht, daß es sich um ein wirkliches Verbrechen handelt, welches
hier klar gelegt werden soll. Das Ganze macht den Eindruck, als ob der Ver¬
fasser allerhand kleine Sachen in boshafter Weise zusammengestellt habe.*)
Burton nennt das Hoxstorui inÄMserixt nicht ohne Berechtigung das Brouillon
eines der Betheiligten. Als einen neuen bedeutsamen Beweis für Maria
Stuart's Unschuld führt Hosack endlich auch einen allerdings höchst interessanten
Brief des Earl of Sussex an Cecil in's Feld, der aber bei näherer Prüfung
doch ganz andere Dinge enthält, als Hosack uns glauben machen will.**)
Sussex sagt in diesem Briefe nur, „man werde schwer eine Anklage gegen die
gefangene Königin erheben können, denn wenn ihre Gegner die Briefe vor¬
legten, so würde sie dieselben einfach ableugnen und viele von ihnen mit Recht
anklagen, selbst in den Mord gewilligt zu haben, so daß die Beweise noch besser
sein könnten." Deshalb den Schluß zu ziehen, daß Sussex die Briefe für
gefälscht hielt, ist unhistorisch, besonders da er dieselben noch gar nicht ge¬
sehen hatte. Der Brief ist vom 22. Oktober 1568 datirt.

Sussex' Rathschläge gehen dann weiter dahin, man möge am besten Maria
in England festhalten, nachdem man sie des Mordes für schuldig erklärt habe




*) Burton, v. 200.
**) Sussex an Cecil, 22. Oktober 1S68 in I^S^s, illustrations ot Vritisii liistory,
I. 468, Hosack, I, 414. Appendix A.
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[0488] Schottland gebracht worden war. Eine dringende Aufforderung Elisabeth's, ihn nach Westminster bringen zu lassen, kam zu spät; er war bereits seit 8 Tagen todt. Uebereinstimmend wird dann auch von diesen neueren Schriftstellern das angebliche Testament Bothwell's angeführt, auf welches einzugehen ich hier um so weniger Veranlassung habe, als dasselbe in neuester Zeit durch Fred. Schlern in Kopenhagen nach sehr sorgfältigen Untersuchungen in überzeugendster Weise als eine, wenn auch nicht ungeschickte Fälschung nachgewiesen worden ist. Sehr heftig wird ferner das Artikelbuch angegriffen. Ohne Frage enthält dasselbe auch verschiedene Uebertreibungen, wie die Schilderung der Reise der Königin nach Ulloa, ihres Besuches in Jedburg, des Benehmens Darnley's feiner Gemahlin gegenüber, indessen sind dieselben für die Hauptfrage von ge¬ ringer Bedeutung. Das ok Mtiolss, welches Hosack indessen aus den Hvxstvrui wÄQuserixts im R,6Aiswr douss in Edinburgh veröffentlicht hat, ist keine authentische Abschrift, weit eher ein Brouillon. Wir besitzen leider keinen Abdruck dieses Dokumentes, sondern kennen nur ungefähr den Inhalt. Der ganze Ton und Charakter des Hosack'schen Schriftstückes stimmt, wie von Burton CV. 200) schon mit Recht hervorgehoben worden ist, mit Murray's Vorsicht und Gründlichkeit gar nicht überein. Die Hauptsachen fehlen, dagegen werden eine Menge unwesentlicher Kleinigkeiten erwähnt. Alles steht wirr durcheinander, man sieht gar nicht, daß es sich um ein wirkliches Verbrechen handelt, welches hier klar gelegt werden soll. Das Ganze macht den Eindruck, als ob der Ver¬ fasser allerhand kleine Sachen in boshafter Weise zusammengestellt habe.*) Burton nennt das Hoxstorui inÄMserixt nicht ohne Berechtigung das Brouillon eines der Betheiligten. Als einen neuen bedeutsamen Beweis für Maria Stuart's Unschuld führt Hosack endlich auch einen allerdings höchst interessanten Brief des Earl of Sussex an Cecil in's Feld, der aber bei näherer Prüfung doch ganz andere Dinge enthält, als Hosack uns glauben machen will.**) Sussex sagt in diesem Briefe nur, „man werde schwer eine Anklage gegen die gefangene Königin erheben können, denn wenn ihre Gegner die Briefe vor¬ legten, so würde sie dieselben einfach ableugnen und viele von ihnen mit Recht anklagen, selbst in den Mord gewilligt zu haben, so daß die Beweise noch besser sein könnten." Deshalb den Schluß zu ziehen, daß Sussex die Briefe für gefälscht hielt, ist unhistorisch, besonders da er dieselben noch gar nicht ge¬ sehen hatte. Der Brief ist vom 22. Oktober 1568 datirt. Sussex' Rathschläge gehen dann weiter dahin, man möge am besten Maria in England festhalten, nachdem man sie des Mordes für schuldig erklärt habe *) Burton, v. 200. **) Sussex an Cecil, 22. Oktober 1S68 in I^S^s, illustrations ot Vritisii liistory, I. 468, Hosack, I, 414. Appendix A.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/488>, abgerufen am 05.02.2025.