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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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bildliche Stoff seines Werkes so reich und geeignet zurs Umzeichnung oder zur
Gruppirung, daß man hätte annehmen sollen, ein förmlicher Wettlauf von
Unternehmungen würde angestellt werden, um dieses überreiche Material der
Jngend nutzbar zu machen. Statt dessen begnügt sich selbst Julius Hoffmann's
Verlag in Stuttgart, der sich doch sonst durch seine gediegenen Jugendwerke
belehrender Art auf den hier in Rede stehenden Gebieten auszeichnet, "frei
nach dem Englischen" von N. Almen, "eine Erzählung für die reifere Jugend"
"Schwarzes Elfenbein" zu bieten, deren Negertypen in den Illustrationen
stark übertrieben, beinahe karikirt sind. Man braucht damit z. B. nur Stan¬
ley's Negertypen, selbst solche von den Kannibalenstämmen des äquatorialen
Afrika zu vergleichen, um das Unschöne dieser Bilder zu empfinden. -- I. M.
Gebhardt's Verlag in Leipzig ist auf diesem Gebiete der Jugendliteratur mit
zwei Werken vertreten: der zweiten Auflage von I. H. Campe's Entdeckung
von Amerika ("der reiferen Jugend wiedererzählt" von A. Hummel) und
"den Goldgräber" von G. Mensch. Das zuletzt genannte Buch enthält
lebenswahre Natur- und Kulturbilder aus den Goldminen und den Kämpfen
mit den Buschkleppern Australien's, die den Tagebnchblättern des deutschen
Diggers und Squatters aus australischen Boden, von Ehrenfels, nacherzählt
sind; diese waren dem Verfasser zur Benutzung überlassen, und sind ergänzt durch
sonstige glaubwürdige Berichte. So sind der Jugend in lesbarer fesselnder
Darstellung wichtige Fingerzeige über jenes ferne Land geboten, von dem es
in dem ergötzlichen Liede heißt: "Wo die Weltumsegler stehen und sonst Alles
unbekannt." Campe's Entdeckung von Amerika dagegen hatte Hummel schou
in der ersten Ausgabe mit Takt und Verständniß zeitgemäß umgestaltet. Bei
aller Pietät sür den so hochverdienten Versasser des Originals, hatte er entschlossen
ausgemerzt was vor bald neunzig Jahren bei dem ersten Erscheinen von
Campe's Buch (1781) als geschmackvoll, neu und pädagogisch richtig galt: die
uns Modernen ungenießbare dialogische Form, die nachdrückliche breite, jedes
selbständige Denken erdrückende, statt weckende, Absicht der Belehrung über alle
auftauchenden, namentlich ethischen Fragen, die lehrhaften Abschweifungen auf
alle möglichen Gebiete, welche mit dem Gange der Erzählung nur in losem
oder gar keinem Zusammenhange stehen, endlich die vielfach unrichtige, in dein
ungenügenden Quellenmaterial, das Campe zur Verfügung stand, beruhende
Zeichnung und Gliederung des historischen Stoffes. Namentlich in letzterer
Hinsicht trägt Hummel's Arbeit überall das Gepräge selbständiger tüchtiger
Umschau in dein weiten Quellengebiete, das die Neuzeit seit Campe über die
Zeit der Entdeckungen des westlichen Kontinents erschlossen hat. Daß das
Publikum die Tüchtigkeit der Arbeit des Verfassers anerkennt, beweist diese
zweite Auflage, die im Text unverändert geblieben ist, in dein Bilderschmuck


bildliche Stoff seines Werkes so reich und geeignet zurs Umzeichnung oder zur
Gruppirung, daß man hätte annehmen sollen, ein förmlicher Wettlauf von
Unternehmungen würde angestellt werden, um dieses überreiche Material der
Jngend nutzbar zu machen. Statt dessen begnügt sich selbst Julius Hoffmann's
Verlag in Stuttgart, der sich doch sonst durch seine gediegenen Jugendwerke
belehrender Art auf den hier in Rede stehenden Gebieten auszeichnet, „frei
nach dem Englischen" von N. Almen, „eine Erzählung für die reifere Jugend"
„Schwarzes Elfenbein" zu bieten, deren Negertypen in den Illustrationen
stark übertrieben, beinahe karikirt sind. Man braucht damit z. B. nur Stan¬
ley's Negertypen, selbst solche von den Kannibalenstämmen des äquatorialen
Afrika zu vergleichen, um das Unschöne dieser Bilder zu empfinden. — I. M.
Gebhardt's Verlag in Leipzig ist auf diesem Gebiete der Jugendliteratur mit
zwei Werken vertreten: der zweiten Auflage von I. H. Campe's Entdeckung
von Amerika („der reiferen Jugend wiedererzählt" von A. Hummel) und
„den Goldgräber" von G. Mensch. Das zuletzt genannte Buch enthält
lebenswahre Natur- und Kulturbilder aus den Goldminen und den Kämpfen
mit den Buschkleppern Australien's, die den Tagebnchblättern des deutschen
Diggers und Squatters aus australischen Boden, von Ehrenfels, nacherzählt
sind; diese waren dem Verfasser zur Benutzung überlassen, und sind ergänzt durch
sonstige glaubwürdige Berichte. So sind der Jugend in lesbarer fesselnder
Darstellung wichtige Fingerzeige über jenes ferne Land geboten, von dem es
in dem ergötzlichen Liede heißt: „Wo die Weltumsegler stehen und sonst Alles
unbekannt." Campe's Entdeckung von Amerika dagegen hatte Hummel schou
in der ersten Ausgabe mit Takt und Verständniß zeitgemäß umgestaltet. Bei
aller Pietät sür den so hochverdienten Versasser des Originals, hatte er entschlossen
ausgemerzt was vor bald neunzig Jahren bei dem ersten Erscheinen von
Campe's Buch (1781) als geschmackvoll, neu und pädagogisch richtig galt: die
uns Modernen ungenießbare dialogische Form, die nachdrückliche breite, jedes
selbständige Denken erdrückende, statt weckende, Absicht der Belehrung über alle
auftauchenden, namentlich ethischen Fragen, die lehrhaften Abschweifungen auf
alle möglichen Gebiete, welche mit dem Gange der Erzählung nur in losem
oder gar keinem Zusammenhange stehen, endlich die vielfach unrichtige, in dein
ungenügenden Quellenmaterial, das Campe zur Verfügung stand, beruhende
Zeichnung und Gliederung des historischen Stoffes. Namentlich in letzterer
Hinsicht trägt Hummel's Arbeit überall das Gepräge selbständiger tüchtiger
Umschau in dein weiten Quellengebiete, das die Neuzeit seit Campe über die
Zeit der Entdeckungen des westlichen Kontinents erschlossen hat. Daß das
Publikum die Tüchtigkeit der Arbeit des Verfassers anerkennt, beweist diese
zweite Auflage, die im Text unverändert geblieben ist, in dein Bilderschmuck


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/403>, abgerufen am 05.02.2025.