Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.Wahrheit einer solchen Hilfe gar nicht bedürfte, und Elisabeth's Unterstützung Die Betheiligung Maria Stuart's an der projektirten katholischen Liga ist Ueber Riccio's Ermordung wird auch in den neuesten Schriften wieder Randolph, der englische Gesandte, wußte durch Murray und Morton, *) Uebertricben scheint mir Fronde's Behauptung (VIII. 226), daß Elisabeth sich nie in
größerer Gefahr befunden habe. Wenn die Lage wirklich eine derartige war, so konnte Elisabeth dieselbe durch kräftigere Unterstützung der schottischen Aufständischen leicht zu ihren Gunsten verändern. Sie hat dieses aus Rücksichten der auswärtigen Politik nicht gethan, und es zeigt dieses, daß ihr die Lage keineswegs so bedrohlich erschien. Wahrheit einer solchen Hilfe gar nicht bedürfte, und Elisabeth's Unterstützung Die Betheiligung Maria Stuart's an der projektirten katholischen Liga ist Ueber Riccio's Ermordung wird auch in den neuesten Schriften wieder Randolph, der englische Gesandte, wußte durch Murray und Morton, *) Uebertricben scheint mir Fronde's Behauptung (VIII. 226), daß Elisabeth sich nie in
größerer Gefahr befunden habe. Wenn die Lage wirklich eine derartige war, so konnte Elisabeth dieselbe durch kräftigere Unterstützung der schottischen Aufständischen leicht zu ihren Gunsten verändern. Sie hat dieses aus Rücksichten der auswärtigen Politik nicht gethan, und es zeigt dieses, daß ihr die Lage keineswegs so bedrohlich erschien. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0377" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141256"/> <p xml:id="ID_1272" prev="#ID_1271"> Wahrheit einer solchen Hilfe gar nicht bedürfte, und Elisabeth's Unterstützung<lb/> kaum der Rede werth war und überdies nichts gefruchtet hat.")</p><lb/> <p xml:id="ID_1273"> Die Betheiligung Maria Stuart's an der projektirten katholischen Liga ist<lb/> insofern nicht nachzuweisen, als die Königin doch keine Truppen stellen und<lb/> nur ein passives Mitglied derselben sein konnte. Die Liga ist in der projek¬<lb/> tirten Weise überhaupt nicht zu Staude gekommen, denn Katharina de Medici<lb/> lehnte es ab, diesem Bunde beizutreten. Alba beklagte bei der Zusammenkunft,<lb/> die er in Bayonne mit ihr zu diesem Zwecke hatte, ausdrücklich ihre hartnäckige<lb/> Weigerung. Katharina wollte damals ein Gegengewicht gegen die Guises haben<lb/> und bedürfte dazu Conde's und der Hugenotten. Mit Fug und Recht konnte<lb/> daher Bedford an Cecil am 14. Februar schreiben: „tuo lo^us ooras to<lb/> Ms (jussns liÄQci, but not z^se Lontirinkä."</p><lb/> <p xml:id="ID_1274"> Ueber Riccio's Ermordung wird auch in den neuesten Schriften wieder<lb/> eine Menge unbeglanbigter Details aufgetischt. Was den Mordakt selbst be¬<lb/> trifft, so gibt den sichersten Anhalt noch immer Maria's eigener Bericht an<lb/> ihren Gesandten in Paris, den Ranke auch seiner Darstellung zu Grunde ge¬<lb/> legt hat. Daß Riccio nicht in Gegenwart der Königin verwundet wurde, wird<lb/> auch von Randolph und Bedford in ihren Berichten betont. Fronde's Dar¬<lb/> stellung, obwohl sehr ausführlich und lebendig, ist durchaus unwahrscheinlich<lb/> und beruht auf zweifelhaften Berichten. Wie immer, so wurden auch hier nach<lb/> der That in dritter und vierter Hand Zusätze und Veränderungen mannich-<lb/> facher Art angebracht. Die Erzählung Skelton's <S. 161), nach der Maria die<lb/> drohenden Worte uach der That ausgestoßen habe: „ich werde Blut von jedem<lb/> von Euch verlangen", und zu ihrer Umgebung gewendet: „keine Thränen mehr,<lb/> ich will an Rache denken", ist den unzuverlässigen Memoiren von Herries ent¬<lb/> nommen. Die Abhandlung Petit's (im Appendix) über das Verhältniß der<lb/> Königin zu Riccio war ganz überflüssig, da heute — Fronde etwa ausge¬<lb/> nommen — von keinem Historiker mehr ein Liebesverhältniß angenommen wird.<lb/> Petit macht sich hier Sätze zurecht, die er den Gegnern Maria's in den Mund<lb/> legt und die er dann widerlegt, die aber von Niemand behauptet worden sind,<lb/> wie z. B. daß sie Darnley niemals geliebt und keinen Kummer über sein Be¬<lb/> nehmen gezeigt habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1275" next="#ID_1276"> Randolph, der englische Gesandte, wußte durch Murray und Morton,<lb/> daß etwas gegen Riccio im Werke sei, er berichtete an Leicester, und da</p><lb/> <note xml:id="FID_131" place="foot"> *) Uebertricben scheint mir Fronde's Behauptung (VIII. 226), daß Elisabeth sich nie in<lb/> größerer Gefahr befunden habe. Wenn die Lage wirklich eine derartige war, so konnte<lb/> Elisabeth dieselbe durch kräftigere Unterstützung der schottischen Aufständischen leicht zu ihren<lb/> Gunsten verändern. Sie hat dieses aus Rücksichten der auswärtigen Politik nicht gethan,<lb/> und es zeigt dieses, daß ihr die Lage keineswegs so bedrohlich erschien.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0377]
Wahrheit einer solchen Hilfe gar nicht bedürfte, und Elisabeth's Unterstützung
kaum der Rede werth war und überdies nichts gefruchtet hat.")
Die Betheiligung Maria Stuart's an der projektirten katholischen Liga ist
insofern nicht nachzuweisen, als die Königin doch keine Truppen stellen und
nur ein passives Mitglied derselben sein konnte. Die Liga ist in der projek¬
tirten Weise überhaupt nicht zu Staude gekommen, denn Katharina de Medici
lehnte es ab, diesem Bunde beizutreten. Alba beklagte bei der Zusammenkunft,
die er in Bayonne mit ihr zu diesem Zwecke hatte, ausdrücklich ihre hartnäckige
Weigerung. Katharina wollte damals ein Gegengewicht gegen die Guises haben
und bedürfte dazu Conde's und der Hugenotten. Mit Fug und Recht konnte
daher Bedford an Cecil am 14. Februar schreiben: „tuo lo^us ooras to
Ms (jussns liÄQci, but not z^se Lontirinkä."
Ueber Riccio's Ermordung wird auch in den neuesten Schriften wieder
eine Menge unbeglanbigter Details aufgetischt. Was den Mordakt selbst be¬
trifft, so gibt den sichersten Anhalt noch immer Maria's eigener Bericht an
ihren Gesandten in Paris, den Ranke auch seiner Darstellung zu Grunde ge¬
legt hat. Daß Riccio nicht in Gegenwart der Königin verwundet wurde, wird
auch von Randolph und Bedford in ihren Berichten betont. Fronde's Dar¬
stellung, obwohl sehr ausführlich und lebendig, ist durchaus unwahrscheinlich
und beruht auf zweifelhaften Berichten. Wie immer, so wurden auch hier nach
der That in dritter und vierter Hand Zusätze und Veränderungen mannich-
facher Art angebracht. Die Erzählung Skelton's <S. 161), nach der Maria die
drohenden Worte uach der That ausgestoßen habe: „ich werde Blut von jedem
von Euch verlangen", und zu ihrer Umgebung gewendet: „keine Thränen mehr,
ich will an Rache denken", ist den unzuverlässigen Memoiren von Herries ent¬
nommen. Die Abhandlung Petit's (im Appendix) über das Verhältniß der
Königin zu Riccio war ganz überflüssig, da heute — Fronde etwa ausge¬
nommen — von keinem Historiker mehr ein Liebesverhältniß angenommen wird.
Petit macht sich hier Sätze zurecht, die er den Gegnern Maria's in den Mund
legt und die er dann widerlegt, die aber von Niemand behauptet worden sind,
wie z. B. daß sie Darnley niemals geliebt und keinen Kummer über sein Be¬
nehmen gezeigt habe.
Randolph, der englische Gesandte, wußte durch Murray und Morton,
daß etwas gegen Riccio im Werke sei, er berichtete an Leicester, und da
*) Uebertricben scheint mir Fronde's Behauptung (VIII. 226), daß Elisabeth sich nie in
größerer Gefahr befunden habe. Wenn die Lage wirklich eine derartige war, so konnte
Elisabeth dieselbe durch kräftigere Unterstützung der schottischen Aufständischen leicht zu ihren
Gunsten verändern. Sie hat dieses aus Rücksichten der auswärtigen Politik nicht gethan,
und es zeigt dieses, daß ihr die Lage keineswegs so bedrohlich erschien.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |