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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Einflüsse des Lawson an fast ans 1350 Meter verengert und floß mit merk¬
lich beschleunigter Stromgeschwindigkeit durch die tiefe Kluft im Tafellande,
dessen nach dem Fluß abfallende Abhänge meist unbewohnt waren; aber auf
der Höhe waren zu beiden Seiten neben dem Nande Dörfer, Bananenpflan¬
zungen und andere Anzeichen der Bewohnung zu erkennen. Lothringen in dieser
ziemlich engen Passage ergaben Wassertiefen von 48, 50 und 24 Meter. Sechs
Meilen unterhalb der Einmündung des Nkutu-Flusses ließ Stanley die Fahr¬
zeuge nahe an einen großen dichten Hain heranziehen, um hier für die ver¬
hungerte Mannschaft die erste Morgenmahlzeit bereiten zu lassen und die
Führer abzuwarten. Hungrig harrte Alles der willkommenen Einladung des
Koches, als plötzlich ganz in der Nähe Flintenschüsse abgefeuert wurden, und
sechs der Leute Stänker/s verwundet niederfielen. Wiewohl in sehr ungünstiger
Lage -- ungedeckt vor einem dichten Wald, gelang es Stanley's Mannschaft
doch, nach einem einstündigem verzweifelten Kampf, die Wilden zurückzuschlagen,
freilich hatte auch Stanley's Korps 14 Verwundete. Das war sein zweiund¬
dreißigstes und letztes Gefecht. Die Verwundeten wurden sorgsam verpflegt,
ein kurzes Frühstück eingenommen; dann ging es weiter stromab. Um 4 Uhr
Nachmittags, als Stanley eben mit seiner Mannschaft auf einer kleinen Insel
rastete, erschienen plötzlich die lange vermißten Führer, hielten aber nicht an,
sondern fuhren auf eine große Ansiedelung Namens Mwana Jbaka los, wohin
Stanley ihnen arglos folgte. Sowie er sich aber dem Ufer näherte, wimmelte
dasselbe von wilderregten Menschen, die mit Musketen bewaffnet waren. Die
Führer gaben bewegliche Zeichen zu eiligem Rückzug, der auch ohne Zeitver¬
lust angetreten wurde. Das Nachtlager ward drei Meilen stromabwärts auf
dem rechten Ufer genommen. Die Führer kampirten gegenüber auf dem
linken Ufer.

Am Morgen des 10. März ging die Thalfahrt auf dein Strome schon
früh 6 Uhr weiter zwischen hochansteigenden, malerischen Gestaden, welche bald
jäh und steil, bald vom Fuß bis zum Gipfel bewaldet waren und oftmals
auch Blicke in bewaldete Seitenthäler gestatteten. Die Führer holten Stanley
ein, ließen sich aber erst um zehn Uhr Vormittags dazu herbei, zum Frühstück
sich bei Stanley einzufinden. Seit dem 8. März das erste Mal, daß sie
sich zu einem Gespräch mit dem Anführer der von ihnen angeblich geleiteten
Reisegesellschaft herbeiließen. Sie entschuldigten sich- sofort, daß sie Stanley
und seine Genossen bei allen Gefahren und Angriffen der vergangenen zwei
Tage im Stiche gelassen hätten, ohne sie nur zuvor zu warnen. Stanley ließ
die Entschuldigung gelten und versprach ihnen noch mehr Messingdraht, wenn
sie bis zum Katarakt ankamen. Da sie aber diese Zahlung im Voraus ver¬
langten, und Stanley nach den bisherigen Erfahrungen hierzu gar keine Lust


Einflüsse des Lawson an fast ans 1350 Meter verengert und floß mit merk¬
lich beschleunigter Stromgeschwindigkeit durch die tiefe Kluft im Tafellande,
dessen nach dem Fluß abfallende Abhänge meist unbewohnt waren; aber auf
der Höhe waren zu beiden Seiten neben dem Nande Dörfer, Bananenpflan¬
zungen und andere Anzeichen der Bewohnung zu erkennen. Lothringen in dieser
ziemlich engen Passage ergaben Wassertiefen von 48, 50 und 24 Meter. Sechs
Meilen unterhalb der Einmündung des Nkutu-Flusses ließ Stanley die Fahr¬
zeuge nahe an einen großen dichten Hain heranziehen, um hier für die ver¬
hungerte Mannschaft die erste Morgenmahlzeit bereiten zu lassen und die
Führer abzuwarten. Hungrig harrte Alles der willkommenen Einladung des
Koches, als plötzlich ganz in der Nähe Flintenschüsse abgefeuert wurden, und
sechs der Leute Stänker/s verwundet niederfielen. Wiewohl in sehr ungünstiger
Lage — ungedeckt vor einem dichten Wald, gelang es Stanley's Mannschaft
doch, nach einem einstündigem verzweifelten Kampf, die Wilden zurückzuschlagen,
freilich hatte auch Stanley's Korps 14 Verwundete. Das war sein zweiund¬
dreißigstes und letztes Gefecht. Die Verwundeten wurden sorgsam verpflegt,
ein kurzes Frühstück eingenommen; dann ging es weiter stromab. Um 4 Uhr
Nachmittags, als Stanley eben mit seiner Mannschaft auf einer kleinen Insel
rastete, erschienen plötzlich die lange vermißten Führer, hielten aber nicht an,
sondern fuhren auf eine große Ansiedelung Namens Mwana Jbaka los, wohin
Stanley ihnen arglos folgte. Sowie er sich aber dem Ufer näherte, wimmelte
dasselbe von wilderregten Menschen, die mit Musketen bewaffnet waren. Die
Führer gaben bewegliche Zeichen zu eiligem Rückzug, der auch ohne Zeitver¬
lust angetreten wurde. Das Nachtlager ward drei Meilen stromabwärts auf
dem rechten Ufer genommen. Die Führer kampirten gegenüber auf dem
linken Ufer.

Am Morgen des 10. März ging die Thalfahrt auf dein Strome schon
früh 6 Uhr weiter zwischen hochansteigenden, malerischen Gestaden, welche bald
jäh und steil, bald vom Fuß bis zum Gipfel bewaldet waren und oftmals
auch Blicke in bewaldete Seitenthäler gestatteten. Die Führer holten Stanley
ein, ließen sich aber erst um zehn Uhr Vormittags dazu herbei, zum Frühstück
sich bei Stanley einzufinden. Seit dem 8. März das erste Mal, daß sie
sich zu einem Gespräch mit dem Anführer der von ihnen angeblich geleiteten
Reisegesellschaft herbeiließen. Sie entschuldigten sich- sofort, daß sie Stanley
und seine Genossen bei allen Gefahren und Angriffen der vergangenen zwei
Tage im Stiche gelassen hätten, ohne sie nur zuvor zu warnen. Stanley ließ
die Entschuldigung gelten und versprach ihnen noch mehr Messingdraht, wenn
sie bis zum Katarakt ankamen. Da sie aber diese Zahlung im Voraus ver¬
langten, und Stanley nach den bisherigen Erfahrungen hierzu gar keine Lust


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[0352] Einflüsse des Lawson an fast ans 1350 Meter verengert und floß mit merk¬ lich beschleunigter Stromgeschwindigkeit durch die tiefe Kluft im Tafellande, dessen nach dem Fluß abfallende Abhänge meist unbewohnt waren; aber auf der Höhe waren zu beiden Seiten neben dem Nande Dörfer, Bananenpflan¬ zungen und andere Anzeichen der Bewohnung zu erkennen. Lothringen in dieser ziemlich engen Passage ergaben Wassertiefen von 48, 50 und 24 Meter. Sechs Meilen unterhalb der Einmündung des Nkutu-Flusses ließ Stanley die Fahr¬ zeuge nahe an einen großen dichten Hain heranziehen, um hier für die ver¬ hungerte Mannschaft die erste Morgenmahlzeit bereiten zu lassen und die Führer abzuwarten. Hungrig harrte Alles der willkommenen Einladung des Koches, als plötzlich ganz in der Nähe Flintenschüsse abgefeuert wurden, und sechs der Leute Stänker/s verwundet niederfielen. Wiewohl in sehr ungünstiger Lage — ungedeckt vor einem dichten Wald, gelang es Stanley's Mannschaft doch, nach einem einstündigem verzweifelten Kampf, die Wilden zurückzuschlagen, freilich hatte auch Stanley's Korps 14 Verwundete. Das war sein zweiund¬ dreißigstes und letztes Gefecht. Die Verwundeten wurden sorgsam verpflegt, ein kurzes Frühstück eingenommen; dann ging es weiter stromab. Um 4 Uhr Nachmittags, als Stanley eben mit seiner Mannschaft auf einer kleinen Insel rastete, erschienen plötzlich die lange vermißten Führer, hielten aber nicht an, sondern fuhren auf eine große Ansiedelung Namens Mwana Jbaka los, wohin Stanley ihnen arglos folgte. Sowie er sich aber dem Ufer näherte, wimmelte dasselbe von wilderregten Menschen, die mit Musketen bewaffnet waren. Die Führer gaben bewegliche Zeichen zu eiligem Rückzug, der auch ohne Zeitver¬ lust angetreten wurde. Das Nachtlager ward drei Meilen stromabwärts auf dem rechten Ufer genommen. Die Führer kampirten gegenüber auf dem linken Ufer. Am Morgen des 10. März ging die Thalfahrt auf dein Strome schon früh 6 Uhr weiter zwischen hochansteigenden, malerischen Gestaden, welche bald jäh und steil, bald vom Fuß bis zum Gipfel bewaldet waren und oftmals auch Blicke in bewaldete Seitenthäler gestatteten. Die Führer holten Stanley ein, ließen sich aber erst um zehn Uhr Vormittags dazu herbei, zum Frühstück sich bei Stanley einzufinden. Seit dem 8. März das erste Mal, daß sie sich zu einem Gespräch mit dem Anführer der von ihnen angeblich geleiteten Reisegesellschaft herbeiließen. Sie entschuldigten sich- sofort, daß sie Stanley und seine Genossen bei allen Gefahren und Angriffen der vergangenen zwei Tage im Stiche gelassen hätten, ohne sie nur zuvor zu warnen. Stanley ließ die Entschuldigung gelten und versprach ihnen noch mehr Messingdraht, wenn sie bis zum Katarakt ankamen. Da sie aber diese Zahlung im Voraus ver¬ langten, und Stanley nach den bisherigen Erfahrungen hierzu gar keine Lust

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/352>, abgerufen am 05.02.2025.