Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.Eindruck eines Zierrath macht. In allen übrigen Fällen muß entweder dem Daß ich in dem Vorstehenden nicht übertreibe, davon kann sich der Leser an *) Das Gewerbe-Monogramm. Herausgegeben von Martin Gerlach. Wien,
Verlag von M. Gerlach K Co. IM77Z. Eindruck eines Zierrath macht. In allen übrigen Fällen muß entweder dem Daß ich in dem Vorstehenden nicht übertreibe, davon kann sich der Leser an *) Das Gewerbe-Monogramm. Herausgegeben von Martin Gerlach. Wien,
Verlag von M. Gerlach K Co. IM77Z. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0282" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141161"/> <p xml:id="ID_993" prev="#ID_992"> Eindruck eines Zierrath macht. In allen übrigen Fällen muß entweder dem<lb/> einen Buchstaben, öfter aber beiden, so lange Gewalt angethan werden, sie<lb/> müssen durch Dehnen, Zerren, Quetschen, Abstumpfen, Schwänzen, Umbrechen,<lb/> Verdrehen, Stürzen u. tgi. so lange malträtirt werden, um sich zu dem er¬<lb/> sehnten Monogramm zu fügen, bis die Buchstaben als solche gar nicht wieder¬<lb/> zuerkennen sind. So sind eben nur zwei Möglichkeiten denkbar: Entweder die<lb/> Buchstaben fügen sich in ihrer normalen Gestalt leicht, bequem und deutlich<lb/> erkennbar zum Monogramm; dann machen sie nicht entfernt irgend welchen<lb/> dekorativen Eindruck, sondern sie bleiben eben nüchterne Buchstaben, und man<lb/> sieht nicht recht ein, wozu überhaupt das Verschlingen und Durcheinanderstecken;<lb/> beide könnten eben so gut neben einander stehen. Oder man hat bei ober¬<lb/> flächlichem Hinsehen ungefähr den Eindruck eines, wenn auch äußerst abge¬<lb/> schmackten Ornaments; dann muß man sich aber mühselig die verzerrten Zeichen<lb/> erst wieder zu Buchstaben umdenken, um sie lesen zu können. Buchstaben aber,<lb/> und folglich auch Monogramme, sind doch wohl dazu da, gelesen zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_994" next="#ID_995"> Daß ich in dem Vorstehenden nicht übertreibe, davon kann sich der Leser an<lb/> dem Schaufenster der ersten besten Luxnspapierhandlung, lithographischen An¬<lb/> stalt oder Aceidenzdruckerei überzeugen, oder er nehme die erste, beste Nummer<lb/> eines unserer verbreiteten Modejournale zur Hand, er wird auch dort das<lb/> Gesagte bestätigt finden. Wer aber die ganze Narrheit dieses Mouogrämmen-<lb/> uufugs einmal in ihrer vollen Blüthe sehen will, der suche sich das vor einiger<lb/> Zeit unter dem Titel „Das Gewerbemonogramm" erschienene Prachtwerk zu<lb/> verschaffen.*) Dieses Buch, übrigens eine Glanzleistung des Holzschnitts wie<lb/> der Typographie, enthält auf 84 Tafeln in Großqnart in brillantester Aus¬<lb/> stattung weit über tausend aus zwei Buchstaben und gegen 50 aus drei Buch¬<lb/> staben zusammengesetzte Monogramme, außerdem eine Anzahl solcher — eine<lb/> unfaßbare Kinderei —, in denen sämmtliche Buchstaben eines Vornamens durch<lb/> einander verschlungen sind (!), endlich 12 Tafeln mit Kronen, heraldischen Dar¬<lb/> stellungen und gewerblichen Emblemen. Was dieses Buch als „Monogramm"<lb/> ausgibt, das spottet geradezu jeder Beschreibung; man muß es gesehen haben,<lb/> um es zu glauben. Vier Jahre lang ist der Zeichner dieses Buches der Schrulle<lb/> nachgegangen, neue und immer neue Monogramme zu erfinden. Bei allen er¬<lb/> denklichen Gattungen des Stils und der Technik hat er Anleihen gemacht und<lb/> seine Phantasie in der unglaublichsten Weise gemartert; vieles davon sieht aus,<lb/> als ob es unter Krämpfen oder Delirien geboren wäre. Und wozu nun dieser<lb/> ganze Aufwand von Zeit und Mühe? Höchstens der zehnte Theil von dem</p><lb/> <note xml:id="FID_88" place="foot"> *) Das Gewerbe-Monogramm. Herausgegeben von Martin Gerlach. Wien,<lb/> Verlag von M. Gerlach K Co. IM77Z.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0282]
Eindruck eines Zierrath macht. In allen übrigen Fällen muß entweder dem
einen Buchstaben, öfter aber beiden, so lange Gewalt angethan werden, sie
müssen durch Dehnen, Zerren, Quetschen, Abstumpfen, Schwänzen, Umbrechen,
Verdrehen, Stürzen u. tgi. so lange malträtirt werden, um sich zu dem er¬
sehnten Monogramm zu fügen, bis die Buchstaben als solche gar nicht wieder¬
zuerkennen sind. So sind eben nur zwei Möglichkeiten denkbar: Entweder die
Buchstaben fügen sich in ihrer normalen Gestalt leicht, bequem und deutlich
erkennbar zum Monogramm; dann machen sie nicht entfernt irgend welchen
dekorativen Eindruck, sondern sie bleiben eben nüchterne Buchstaben, und man
sieht nicht recht ein, wozu überhaupt das Verschlingen und Durcheinanderstecken;
beide könnten eben so gut neben einander stehen. Oder man hat bei ober¬
flächlichem Hinsehen ungefähr den Eindruck eines, wenn auch äußerst abge¬
schmackten Ornaments; dann muß man sich aber mühselig die verzerrten Zeichen
erst wieder zu Buchstaben umdenken, um sie lesen zu können. Buchstaben aber,
und folglich auch Monogramme, sind doch wohl dazu da, gelesen zu werden.
Daß ich in dem Vorstehenden nicht übertreibe, davon kann sich der Leser an
dem Schaufenster der ersten besten Luxnspapierhandlung, lithographischen An¬
stalt oder Aceidenzdruckerei überzeugen, oder er nehme die erste, beste Nummer
eines unserer verbreiteten Modejournale zur Hand, er wird auch dort das
Gesagte bestätigt finden. Wer aber die ganze Narrheit dieses Mouogrämmen-
uufugs einmal in ihrer vollen Blüthe sehen will, der suche sich das vor einiger
Zeit unter dem Titel „Das Gewerbemonogramm" erschienene Prachtwerk zu
verschaffen.*) Dieses Buch, übrigens eine Glanzleistung des Holzschnitts wie
der Typographie, enthält auf 84 Tafeln in Großqnart in brillantester Aus¬
stattung weit über tausend aus zwei Buchstaben und gegen 50 aus drei Buch¬
staben zusammengesetzte Monogramme, außerdem eine Anzahl solcher — eine
unfaßbare Kinderei —, in denen sämmtliche Buchstaben eines Vornamens durch
einander verschlungen sind (!), endlich 12 Tafeln mit Kronen, heraldischen Dar¬
stellungen und gewerblichen Emblemen. Was dieses Buch als „Monogramm"
ausgibt, das spottet geradezu jeder Beschreibung; man muß es gesehen haben,
um es zu glauben. Vier Jahre lang ist der Zeichner dieses Buches der Schrulle
nachgegangen, neue und immer neue Monogramme zu erfinden. Bei allen er¬
denklichen Gattungen des Stils und der Technik hat er Anleihen gemacht und
seine Phantasie in der unglaublichsten Weise gemartert; vieles davon sieht aus,
als ob es unter Krämpfen oder Delirien geboren wäre. Und wozu nun dieser
ganze Aufwand von Zeit und Mühe? Höchstens der zehnte Theil von dem
*) Das Gewerbe-Monogramm. Herausgegeben von Martin Gerlach. Wien,
Verlag von M. Gerlach K Co. IM77Z.
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