Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.man die Originale nicht kennt, weil man in den klar und offen dargelegten Von derselben charakteristischen und auf den ersten Blick überzeugender Keinem der andern Maler, die in diesem Jahre ein Bild des Kaisers auf man die Originale nicht kennt, weil man in den klar und offen dargelegten Von derselben charakteristischen und auf den ersten Blick überzeugender Keinem der andern Maler, die in diesem Jahre ein Bild des Kaisers auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0028" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140907"/> <p xml:id="ID_74" prev="#ID_73"> man die Originale nicht kennt, weil man in den klar und offen dargelegten<lb/> Zügen wie in einem aufgeschlagenen Buche zu lesen glaubt und den Charakter<lb/> des Urbilds mit leichter Mühe erkennt. Die vornehme Einfachheit seines<lb/> malerischen Vortrags streift nie an die süßliche Eleganz unserer Modemaler.<lb/> Die Form bleibt ihm immer die Hauptsache; sie geht ihm niemals unter pikanten,<lb/> malerischen Effekten verloren.</p><lb/> <p xml:id="ID_75"> Von derselben charakteristischen und auf den ersten Blick überzeugender<lb/> Wahrheit ist auch ein Brustbild des Kaisers, das Richter im vorigen Jahre nach<lb/> der Natur gemalt hat. Es stellt den Monarchen im Hauskleide dar, d. h.<lb/> soweit von einem solchen bei Kaiser Wilhelm die Rede ist. Der Uniformrock<lb/> ist aufgeknöpft, sodaß die weiße Weste, die der Kaiser stets zu tragen pflegt,<lb/> in ihrer ganzen Breite und darüber das blaue, um den Hals gezogene Band<lb/> des Ordens xour 1s müriw sichtbar wird. Alle jene Charaktereigenschaften,<lb/> die wir an dem Kaiser verehren, seine gewinnende Herzensgüte, sein milder<lb/> Ernst, seine vertrauende Offenheit, vereinigen sich hier zu einem Gescunmtbilde,<lb/> dem trotz des legeren Kostüms das Jmponirende, Ritterliche nicht fehlt.</p><lb/> <p xml:id="ID_76" next="#ID_77"> Keinem der andern Maler, die in diesem Jahre ein Bild des Kaisers auf<lb/> die Ausstellung schickten, ist es gelungen, diese nicht leichte Aufgabe, an der<lb/> schon Männer wie Lenbach und v. Angeli vollständig gescheitert sind, in ähn¬<lb/> licher Weise zu lösen wie es Gustav Richter geglückt ist. Freilich war es nur<lb/> einem von ihnen, dem Frankfurter Donner, vergönnt gewesen, eine Sitzung von<lb/> dem Kaiser bewilligt zu erhalten. Aber dieser eine, der den Monarchen in Zivil<lb/> dargestellt hat, wie er sich im Badeaufenthalt zu bewegen pflegt, besitzt nicht die<lb/> malerische Kraft, um ein irgendwie bemerkenswerthes Bild zu schaffen. Am<lb/> nächsten kommt dem Richter'schen Porträt noch Konrad Freyberg, der wenig¬<lb/> stens die Persönlichkeit des Kaisers in großen Zügen so wiedergegeben hat, daß<lb/> man den Eindruck des Lebens gewinnt. Durch das Bestreben jedoch, seinem<lb/> Porträt einen historischen Hintergrund zu geben — man sieht darin eine der<lb/> auf das belagerte Paris gerichteten Batterien — hat der Künstler die gute<lb/> Wirkung seines Bildes zum Theil wieder aufgehoben. Ihm fehlte nämlich die<lb/> Fähigkeit, den Hintergrund so weit zu vertiefen und so groß zu gestalten, daß<lb/> die lebensgroße Gestalt des Kaisers in ein richtiges Verhältniß zu seiner Um¬<lb/> gebung tritt. Jetzt erscheint der Hintergrund wie ein gemaltes Panorama,<lb/> vor welches die Figur eines Riesen getreten ist. Freyberg ist ein geschickter<lb/> und scharf charakterisirender Kleinmaler in der Weise eines Terburg, Metzü oder<lb/> richtiger eines Wouverman, der ein ebenso passionirter Sportsmen war wie<lb/> Freyberg. Denn der moderne Maler porträtirt mit Vorliebe die glänzenden,<lb/> ritterlichen Gestalten der Offiziere unseres Gardekorps mit ihren edlen Rossen,<lb/> bald in Einzelbildnissen, bald in größeren Gruppen, die er geschickt und lebendig</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
man die Originale nicht kennt, weil man in den klar und offen dargelegten
Zügen wie in einem aufgeschlagenen Buche zu lesen glaubt und den Charakter
des Urbilds mit leichter Mühe erkennt. Die vornehme Einfachheit seines
malerischen Vortrags streift nie an die süßliche Eleganz unserer Modemaler.
Die Form bleibt ihm immer die Hauptsache; sie geht ihm niemals unter pikanten,
malerischen Effekten verloren.
Von derselben charakteristischen und auf den ersten Blick überzeugender
Wahrheit ist auch ein Brustbild des Kaisers, das Richter im vorigen Jahre nach
der Natur gemalt hat. Es stellt den Monarchen im Hauskleide dar, d. h.
soweit von einem solchen bei Kaiser Wilhelm die Rede ist. Der Uniformrock
ist aufgeknöpft, sodaß die weiße Weste, die der Kaiser stets zu tragen pflegt,
in ihrer ganzen Breite und darüber das blaue, um den Hals gezogene Band
des Ordens xour 1s müriw sichtbar wird. Alle jene Charaktereigenschaften,
die wir an dem Kaiser verehren, seine gewinnende Herzensgüte, sein milder
Ernst, seine vertrauende Offenheit, vereinigen sich hier zu einem Gescunmtbilde,
dem trotz des legeren Kostüms das Jmponirende, Ritterliche nicht fehlt.
Keinem der andern Maler, die in diesem Jahre ein Bild des Kaisers auf
die Ausstellung schickten, ist es gelungen, diese nicht leichte Aufgabe, an der
schon Männer wie Lenbach und v. Angeli vollständig gescheitert sind, in ähn¬
licher Weise zu lösen wie es Gustav Richter geglückt ist. Freilich war es nur
einem von ihnen, dem Frankfurter Donner, vergönnt gewesen, eine Sitzung von
dem Kaiser bewilligt zu erhalten. Aber dieser eine, der den Monarchen in Zivil
dargestellt hat, wie er sich im Badeaufenthalt zu bewegen pflegt, besitzt nicht die
malerische Kraft, um ein irgendwie bemerkenswerthes Bild zu schaffen. Am
nächsten kommt dem Richter'schen Porträt noch Konrad Freyberg, der wenig¬
stens die Persönlichkeit des Kaisers in großen Zügen so wiedergegeben hat, daß
man den Eindruck des Lebens gewinnt. Durch das Bestreben jedoch, seinem
Porträt einen historischen Hintergrund zu geben — man sieht darin eine der
auf das belagerte Paris gerichteten Batterien — hat der Künstler die gute
Wirkung seines Bildes zum Theil wieder aufgehoben. Ihm fehlte nämlich die
Fähigkeit, den Hintergrund so weit zu vertiefen und so groß zu gestalten, daß
die lebensgroße Gestalt des Kaisers in ein richtiges Verhältniß zu seiner Um¬
gebung tritt. Jetzt erscheint der Hintergrund wie ein gemaltes Panorama,
vor welches die Figur eines Riesen getreten ist. Freyberg ist ein geschickter
und scharf charakterisirender Kleinmaler in der Weise eines Terburg, Metzü oder
richtiger eines Wouverman, der ein ebenso passionirter Sportsmen war wie
Freyberg. Denn der moderne Maler porträtirt mit Vorliebe die glänzenden,
ritterlichen Gestalten der Offiziere unseres Gardekorps mit ihren edlen Rossen,
bald in Einzelbildnissen, bald in größeren Gruppen, die er geschickt und lebendig
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