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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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von Gefechten überliefert, in denen die Reiterei den ersten Angriff machte und
die hellen Haufen des Fußvolks erst dann vorrückten, wenn durch jenen Angriff
die feindliche Linie bereits erschüttert oder durchbrochen war.^) Zur Ge-
fechtseinleitnng mögen übrigens noch einige Schaaren Leichtbewaffneter beige¬
tragen haben, die als Schleuderer und Bogner außer Reih' und Glied
kämpften.^)

Das Fußvolk, die xlsds, von dem 10 Mann auf einen Reiter kamen,
stand, wie bereits erwähnt, theilweise zu den einzelnen Rittern als ihren
Patronen im Verhältnisse von Clienten und erscheint insofern als deren per¬
sönliches Gefolge. Zum Theil aber gehörte es der Gesammtheit der Patrizier
an. Dieser Theil der plsds war für die allgemeinen Gefechts- und Kriegs¬
zwecke jedenfalls besser verwendbar als die Clienten, und so mag sich früh
schon der Wunsch geregt haben, die Hceresverfassung ans anderer Grundlage
aufzubauen als auf dem Geschlechtsverbande. Solchen Bestrebungen kamen
die bürgerlichen Verhältnisse bald entgegen.

Die Plebejer, soweit sie nicht Clienten waren, erscheinen als die Bewohner
benachbarter Orte und Landschaften, die, im Kriege bezwungen und vertrags¬
mäßig in den römischen Staatsverband aufgenommen, doch als außerhalb des
Geschlechts- und Curienverbandes stehend, keinerlei staatsbürgerliche Rechte
hatten. Es waren also meist Bauern, die nur an Markttagen in die Stadt
kamen; aber ihr Wohlstand war in stetem Steigen begriffen, und an den
Markttagen hielten sie Gemeindeversammlungen ab, bei denen sie mehr und
mehr selbstbewußt und fordernd aufgetreten sein mögen.

Mit der wachsenden Bedeutung Roms nahm auch die Zahl der in seinem
Bereiche wohnenden Nichtbürger Iiostos oder xMöN'im , welche sämmtlich zur
xlsds gerechnet wurden, namhaft zu. Immer dringender wurde die Nothwendig¬
keit, mächtigen Feinden gegenüber, die rechtlich schroff getrennten, durch ge¬
meinsames Interesse aber eng zusammengehaltenen Stände sür die Kriegsleistnng
in billiger und wirksamer Weise zu organisiren. Der Zusammenstoß mit den
nach griechischer Hovlitenart schwergerttsteten und phalangitisch geschaarten
Etruskern wies gleichzeitig auf das Bedürfniß eines tüchtigen, gut bewaffneten
und in geschlossener Phalanx fechtenden Fußvolks hin."^) Diese militärischen
Forderungen trafen mit solchen der inneren Politik zusammen; denn es konnte nicht





') Kio. niht. II. 31.
") Darauf deuten die offenbar uralten Wortbildungen pentes und "r-Mtes und die
spätere Organisation der Legion (Mommsen).
Köchly und Rüstow a. a, O- -- Die Etrusker standen noch i. I. 444 in der Phalanx,
wie man aus Livius Worten schließen darf: Ltrusei, "ins, intus rsesntidus Lnbsiäils Mes,
xrim" Kviss tun, noto fixus, eireaque owues esviäsrunt. (IX. 32.)

von Gefechten überliefert, in denen die Reiterei den ersten Angriff machte und
die hellen Haufen des Fußvolks erst dann vorrückten, wenn durch jenen Angriff
die feindliche Linie bereits erschüttert oder durchbrochen war.^) Zur Ge-
fechtseinleitnng mögen übrigens noch einige Schaaren Leichtbewaffneter beige¬
tragen haben, die als Schleuderer und Bogner außer Reih' und Glied
kämpften.^)

Das Fußvolk, die xlsds, von dem 10 Mann auf einen Reiter kamen,
stand, wie bereits erwähnt, theilweise zu den einzelnen Rittern als ihren
Patronen im Verhältnisse von Clienten und erscheint insofern als deren per¬
sönliches Gefolge. Zum Theil aber gehörte es der Gesammtheit der Patrizier
an. Dieser Theil der plsds war für die allgemeinen Gefechts- und Kriegs¬
zwecke jedenfalls besser verwendbar als die Clienten, und so mag sich früh
schon der Wunsch geregt haben, die Hceresverfassung ans anderer Grundlage
aufzubauen als auf dem Geschlechtsverbande. Solchen Bestrebungen kamen
die bürgerlichen Verhältnisse bald entgegen.

Die Plebejer, soweit sie nicht Clienten waren, erscheinen als die Bewohner
benachbarter Orte und Landschaften, die, im Kriege bezwungen und vertrags¬
mäßig in den römischen Staatsverband aufgenommen, doch als außerhalb des
Geschlechts- und Curienverbandes stehend, keinerlei staatsbürgerliche Rechte
hatten. Es waren also meist Bauern, die nur an Markttagen in die Stadt
kamen; aber ihr Wohlstand war in stetem Steigen begriffen, und an den
Markttagen hielten sie Gemeindeversammlungen ab, bei denen sie mehr und
mehr selbstbewußt und fordernd aufgetreten sein mögen.

Mit der wachsenden Bedeutung Roms nahm auch die Zahl der in seinem
Bereiche wohnenden Nichtbürger Iiostos oder xMöN'im , welche sämmtlich zur
xlsds gerechnet wurden, namhaft zu. Immer dringender wurde die Nothwendig¬
keit, mächtigen Feinden gegenüber, die rechtlich schroff getrennten, durch ge¬
meinsames Interesse aber eng zusammengehaltenen Stände sür die Kriegsleistnng
in billiger und wirksamer Weise zu organisiren. Der Zusammenstoß mit den
nach griechischer Hovlitenart schwergerttsteten und phalangitisch geschaarten
Etruskern wies gleichzeitig auf das Bedürfniß eines tüchtigen, gut bewaffneten
und in geschlossener Phalanx fechtenden Fußvolks hin."^) Diese militärischen
Forderungen trafen mit solchen der inneren Politik zusammen; denn es konnte nicht





') Kio. niht. II. 31.
") Darauf deuten die offenbar uralten Wortbildungen pentes und »r-Mtes und die
spätere Organisation der Legion (Mommsen).
Köchly und Rüstow a. a, O- — Die Etrusker standen noch i. I. 444 in der Phalanx,
wie man aus Livius Worten schließen darf: Ltrusei, «ins, intus rsesntidus Lnbsiäils Mes,
xrim» Kviss tun, noto fixus, eireaque owues esviäsrunt. (IX. 32.)
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[0094] von Gefechten überliefert, in denen die Reiterei den ersten Angriff machte und die hellen Haufen des Fußvolks erst dann vorrückten, wenn durch jenen Angriff die feindliche Linie bereits erschüttert oder durchbrochen war.^) Zur Ge- fechtseinleitnng mögen übrigens noch einige Schaaren Leichtbewaffneter beige¬ tragen haben, die als Schleuderer und Bogner außer Reih' und Glied kämpften.^) Das Fußvolk, die xlsds, von dem 10 Mann auf einen Reiter kamen, stand, wie bereits erwähnt, theilweise zu den einzelnen Rittern als ihren Patronen im Verhältnisse von Clienten und erscheint insofern als deren per¬ sönliches Gefolge. Zum Theil aber gehörte es der Gesammtheit der Patrizier an. Dieser Theil der plsds war für die allgemeinen Gefechts- und Kriegs¬ zwecke jedenfalls besser verwendbar als die Clienten, und so mag sich früh schon der Wunsch geregt haben, die Hceresverfassung ans anderer Grundlage aufzubauen als auf dem Geschlechtsverbande. Solchen Bestrebungen kamen die bürgerlichen Verhältnisse bald entgegen. Die Plebejer, soweit sie nicht Clienten waren, erscheinen als die Bewohner benachbarter Orte und Landschaften, die, im Kriege bezwungen und vertrags¬ mäßig in den römischen Staatsverband aufgenommen, doch als außerhalb des Geschlechts- und Curienverbandes stehend, keinerlei staatsbürgerliche Rechte hatten. Es waren also meist Bauern, die nur an Markttagen in die Stadt kamen; aber ihr Wohlstand war in stetem Steigen begriffen, und an den Markttagen hielten sie Gemeindeversammlungen ab, bei denen sie mehr und mehr selbstbewußt und fordernd aufgetreten sein mögen. Mit der wachsenden Bedeutung Roms nahm auch die Zahl der in seinem Bereiche wohnenden Nichtbürger Iiostos oder xMöN'im , welche sämmtlich zur xlsds gerechnet wurden, namhaft zu. Immer dringender wurde die Nothwendig¬ keit, mächtigen Feinden gegenüber, die rechtlich schroff getrennten, durch ge¬ meinsames Interesse aber eng zusammengehaltenen Stände sür die Kriegsleistnng in billiger und wirksamer Weise zu organisiren. Der Zusammenstoß mit den nach griechischer Hovlitenart schwergerttsteten und phalangitisch geschaarten Etruskern wies gleichzeitig auf das Bedürfniß eines tüchtigen, gut bewaffneten und in geschlossener Phalanx fechtenden Fußvolks hin."^) Diese militärischen Forderungen trafen mit solchen der inneren Politik zusammen; denn es konnte nicht ') Kio. niht. II. 31. ") Darauf deuten die offenbar uralten Wortbildungen pentes und »r-Mtes und die spätere Organisation der Legion (Mommsen). Köchly und Rüstow a. a, O- — Die Etrusker standen noch i. I. 444 in der Phalanx, wie man aus Livius Worten schließen darf: Ltrusei, «ins, intus rsesntidus Lnbsiäils Mes, xrim» Kviss tun, noto fixus, eireaque owues esviäsrunt. (IX. 32.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/94>, abgerufen am 22.07.2024.