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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Filigranarbeiten, die Pokale und Becher verweil, die bis zur Durchsichtig¬
keit polirten, silberbeschlagenen Bisonhvrner, die als Tafelaufsätze dienen, die
Hardahs, d. h, die Pavillons, die auf den Rücken der Elephanten gelegt wer¬
den, die kunstvollen Emailarbeiten, besonders HiNs.it eloiscmnü, welches die in¬
dischen Kunsthandwerker mit unvergleichlicher Sauberkeit auszuführen wissen,
die Kupfergefäße mit Gold- und Silberinkrnstation -- ich würde kein Ende
finden, wollte ich alle diese Herrlichkeiten Revue Passiren lassen. Um eines
jener polirten Bisonhvrner, ein Exemplar von besonderer Größe und Schön¬
heit, welches von drei schwarzbraunen Bronzefiguren getragen wird, ringelt
sich eine große, silberne Schlange, deren Augen durch grüne Diamanten dar¬
gestellt sind. Ein silbernes Theeservice hat die Gestalt eines Bananenbauius.
Tassen, Kannen und Becher hängen wie Bananen in den Zweigen umher. Zu
den Prunkstücken der Sammlung -- und damit sei unsere Umschau beendet --
gehört auch ein Nargileh, indisch Hvokah genannt. Er steht auf einer rothen,
mit Gold gestickten und dicht mit weißen Perlen besetzten Scnnmetdecke, die so
groß ist> daß sie zugleich den Raum für den Sitz des Rauchers gewährt. Der
Kopf der Pfeife ist mit starkem Goldblech beschlagen, das mit wundervollem
Zellenschmelz verziert ist.

Inmitten dieser Herrlichkeiten erhebt sich ans hohem, mit Reliefs ge¬
schmücktem Piedestal die bronzene Reiterstatue des Prinzen von Wales von
I. E. Bochen, welche ein Privatmann, Sir Albert Scissoon, auf eigene Kosten
hat anfertigen lassen, um sie der Stadt Bombay zur Erinnerung an den Auf¬
enthalt des englischen Thronerben in Indien zu schenken.

Die linke Seite der Ehrengalerie nimmt eine stolze Säulenarchitektur
in den Formen der italienischen Renaissance ein. Zwei Triumphbogen
und sechszehn gekuppelte Säulen aus lichtbraunem Holz mit vergoldeten Kapi¬
talen umschließen eine Reihe von Nischen, auf deren Rückwänden die herrlichsten
Erzeugnisse der französischen Gobelinmanufaktnr ausgespannt sind, während
auf den Simsen und Postamenten, ans einer halbkreisförmigen Empore am
Anfang und am Ende der Säulenreihe die prachtvollsten Exemplare der Por¬
zellanfabrik von Sevres aufgestellt sind.

Zwei Jahrhunderte sind verflossen, seitdem die von Jean Gobelin ge¬
gründete Tapetenweberei in den Besitz des Staates übergegangen ist. Alle
Regierungen, die Orleans und die Bourbons, die Republikaner und die napo-
leoniden haben die Gobelinfabrik des Staates mit gleicher Sorge gepflegt, und
so hat sich ein Institut entwickelt, das auf der Welt ohne Gleichen dasteht.
Was zwei Jahrhunderte in stetiger Entwicklung geschaffen, vermochten selbst
die Mordbrenner der Kommune nicht zu zerstören, als sie an dem Schreckens¬
tage des 25. Mai 1871 die Brandfackel in das Etablissement schlenderten.


Filigranarbeiten, die Pokale und Becher verweil, die bis zur Durchsichtig¬
keit polirten, silberbeschlagenen Bisonhvrner, die als Tafelaufsätze dienen, die
Hardahs, d. h, die Pavillons, die auf den Rücken der Elephanten gelegt wer¬
den, die kunstvollen Emailarbeiten, besonders HiNs.it eloiscmnü, welches die in¬
dischen Kunsthandwerker mit unvergleichlicher Sauberkeit auszuführen wissen,
die Kupfergefäße mit Gold- und Silberinkrnstation — ich würde kein Ende
finden, wollte ich alle diese Herrlichkeiten Revue Passiren lassen. Um eines
jener polirten Bisonhvrner, ein Exemplar von besonderer Größe und Schön¬
heit, welches von drei schwarzbraunen Bronzefiguren getragen wird, ringelt
sich eine große, silberne Schlange, deren Augen durch grüne Diamanten dar¬
gestellt sind. Ein silbernes Theeservice hat die Gestalt eines Bananenbauius.
Tassen, Kannen und Becher hängen wie Bananen in den Zweigen umher. Zu
den Prunkstücken der Sammlung — und damit sei unsere Umschau beendet —
gehört auch ein Nargileh, indisch Hvokah genannt. Er steht auf einer rothen,
mit Gold gestickten und dicht mit weißen Perlen besetzten Scnnmetdecke, die so
groß ist> daß sie zugleich den Raum für den Sitz des Rauchers gewährt. Der
Kopf der Pfeife ist mit starkem Goldblech beschlagen, das mit wundervollem
Zellenschmelz verziert ist.

Inmitten dieser Herrlichkeiten erhebt sich ans hohem, mit Reliefs ge¬
schmücktem Piedestal die bronzene Reiterstatue des Prinzen von Wales von
I. E. Bochen, welche ein Privatmann, Sir Albert Scissoon, auf eigene Kosten
hat anfertigen lassen, um sie der Stadt Bombay zur Erinnerung an den Auf¬
enthalt des englischen Thronerben in Indien zu schenken.

Die linke Seite der Ehrengalerie nimmt eine stolze Säulenarchitektur
in den Formen der italienischen Renaissance ein. Zwei Triumphbogen
und sechszehn gekuppelte Säulen aus lichtbraunem Holz mit vergoldeten Kapi¬
talen umschließen eine Reihe von Nischen, auf deren Rückwänden die herrlichsten
Erzeugnisse der französischen Gobelinmanufaktnr ausgespannt sind, während
auf den Simsen und Postamenten, ans einer halbkreisförmigen Empore am
Anfang und am Ende der Säulenreihe die prachtvollsten Exemplare der Por¬
zellanfabrik von Sevres aufgestellt sind.

Zwei Jahrhunderte sind verflossen, seitdem die von Jean Gobelin ge¬
gründete Tapetenweberei in den Besitz des Staates übergegangen ist. Alle
Regierungen, die Orleans und die Bourbons, die Republikaner und die napo-
leoniden haben die Gobelinfabrik des Staates mit gleicher Sorge gepflegt, und
so hat sich ein Institut entwickelt, das auf der Welt ohne Gleichen dasteht.
Was zwei Jahrhunderte in stetiger Entwicklung geschaffen, vermochten selbst
die Mordbrenner der Kommune nicht zu zerstören, als sie an dem Schreckens¬
tage des 25. Mai 1871 die Brandfackel in das Etablissement schlenderten.


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[0075] Filigranarbeiten, die Pokale und Becher verweil, die bis zur Durchsichtig¬ keit polirten, silberbeschlagenen Bisonhvrner, die als Tafelaufsätze dienen, die Hardahs, d. h, die Pavillons, die auf den Rücken der Elephanten gelegt wer¬ den, die kunstvollen Emailarbeiten, besonders HiNs.it eloiscmnü, welches die in¬ dischen Kunsthandwerker mit unvergleichlicher Sauberkeit auszuführen wissen, die Kupfergefäße mit Gold- und Silberinkrnstation — ich würde kein Ende finden, wollte ich alle diese Herrlichkeiten Revue Passiren lassen. Um eines jener polirten Bisonhvrner, ein Exemplar von besonderer Größe und Schön¬ heit, welches von drei schwarzbraunen Bronzefiguren getragen wird, ringelt sich eine große, silberne Schlange, deren Augen durch grüne Diamanten dar¬ gestellt sind. Ein silbernes Theeservice hat die Gestalt eines Bananenbauius. Tassen, Kannen und Becher hängen wie Bananen in den Zweigen umher. Zu den Prunkstücken der Sammlung — und damit sei unsere Umschau beendet — gehört auch ein Nargileh, indisch Hvokah genannt. Er steht auf einer rothen, mit Gold gestickten und dicht mit weißen Perlen besetzten Scnnmetdecke, die so groß ist> daß sie zugleich den Raum für den Sitz des Rauchers gewährt. Der Kopf der Pfeife ist mit starkem Goldblech beschlagen, das mit wundervollem Zellenschmelz verziert ist. Inmitten dieser Herrlichkeiten erhebt sich ans hohem, mit Reliefs ge¬ schmücktem Piedestal die bronzene Reiterstatue des Prinzen von Wales von I. E. Bochen, welche ein Privatmann, Sir Albert Scissoon, auf eigene Kosten hat anfertigen lassen, um sie der Stadt Bombay zur Erinnerung an den Auf¬ enthalt des englischen Thronerben in Indien zu schenken. Die linke Seite der Ehrengalerie nimmt eine stolze Säulenarchitektur in den Formen der italienischen Renaissance ein. Zwei Triumphbogen und sechszehn gekuppelte Säulen aus lichtbraunem Holz mit vergoldeten Kapi¬ talen umschließen eine Reihe von Nischen, auf deren Rückwänden die herrlichsten Erzeugnisse der französischen Gobelinmanufaktnr ausgespannt sind, während auf den Simsen und Postamenten, ans einer halbkreisförmigen Empore am Anfang und am Ende der Säulenreihe die prachtvollsten Exemplare der Por¬ zellanfabrik von Sevres aufgestellt sind. Zwei Jahrhunderte sind verflossen, seitdem die von Jean Gobelin ge¬ gründete Tapetenweberei in den Besitz des Staates übergegangen ist. Alle Regierungen, die Orleans und die Bourbons, die Republikaner und die napo- leoniden haben die Gobelinfabrik des Staates mit gleicher Sorge gepflegt, und so hat sich ein Institut entwickelt, das auf der Welt ohne Gleichen dasteht. Was zwei Jahrhunderte in stetiger Entwicklung geschaffen, vermochten selbst die Mordbrenner der Kommune nicht zu zerstören, als sie an dem Schreckens¬ tage des 25. Mai 1871 die Brandfackel in das Etablissement schlenderten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/75>, abgerufen am 22.07.2024.