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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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zeigt eine Reihenfolge stufenartig vom Schwarzen Meere ans aufsteigender
Berge mit steilen Schluchten, dichten Wäldern, Klüften und verschiedenen
Bergströmen. Wege giebt es hier nicht und nur Wild- und Ziegenpfade leiten
die Menschen oder das vorsichtig einherschreitende Saumroß. Adscharah und
Madschkal umfassen den Seeabhang der Anatolisch-Georgischen Gebirge, welche
in der Ebene des Rom (Transkaukasien) endigen. Höher und höher erheben
sich von hier aus die Gebirge, bis sie das Plateau von Ardahan und Kars
bilden. Der südwestliche Abfall liegt nach dem Thale des Euphrat zu.
Adscharah ist die erste Stufe zu diesem Plateau und somit gewissermaßen der
Schlüssel zum Euphratthale; Ober-Adscharah liegt in einer Höhe von 1000
Meter, hat 22 Dörfer und 12,000 Einwohner.

Bis vor kurzem war Scherif-Bey der regierende Häuptling des Laudes;
doch er ist zu den Russen übergegangen. Natürlich ist er dadurch dem Hasse
seines Volkes verfallen, aber die Russen stützen auf diese Unterwerfung natürlich
auch ihre Ansprüche auf das Land. Der Mann stand stets mit den weit¬
sichtigen Behörden von Tiflis in Verbindung, die ihm Geschenke machten und
seine Gunst erwarben. Verlassen von seinem Volke, nur von seiner Familie
begleitet, überschritt er die russische Grenze und begab sich nach Tiflis.

Von Adscharah sührt ein leidlicher Saumpfad nach Batna, der einzige
Weg auf dem man nach dieser Feste von Südwesten her vordringen l.an'
Er geht durch Madschkal (26 Dörfer 8000 Einwohner). Daran schließt sich
das von den Russen schon besetzte Livcma, zu beiden Seiten des Tschornkflusses,
mit der Hauptstadt Artwin, welche in kommerzieller Beziehung nicht unwichtig
ist. Doch hört hier bereits das lazische Element ans und die Armenier be¬
ginnen. Auf ganz Lipara rechnet man 69 Dörfer mit 38,000 Einwohnern.
Hauptpnlsader des Landes ist der Tschvruk, welcher für Boote von einem
halben Meter Tiefgang von Artwin bis zum Schwarzen Meere schiffbar ist.
Hier ist Osman-Pascha zu Hause, der die Führung der Lazen übernommen
hat, und welcher seinen Titel den Verdiensten verdankt, die er sich im letzten
Kriege gegen die Russen erwarb. Er ist die Seele des Lazenaufstandes, er
hat auch die britische Flagge aufgezogen und die Deputation nach Konstanti-
nopel an den englischen Gesandten veranlaßt. Seit die Engländer aber nicht
ans die kühne Idee eingingen, Batna für sich zu nehmen, sehen die Lazen,
auch von den Türken verlassen, sich ans die eigene Kraft angewiesen.

Ein Zusammenstoß zwischen Lazen und Russen steht bevor und nach den
Berichten von Anfang Juni waren mehrere tausend wohlbewaffnete Krieger
im Anmarsch auf Lipara um dort den russischen General Komaroff zu ver¬
A. Rauchhaupt. treiben.




zeigt eine Reihenfolge stufenartig vom Schwarzen Meere ans aufsteigender
Berge mit steilen Schluchten, dichten Wäldern, Klüften und verschiedenen
Bergströmen. Wege giebt es hier nicht und nur Wild- und Ziegenpfade leiten
die Menschen oder das vorsichtig einherschreitende Saumroß. Adscharah und
Madschkal umfassen den Seeabhang der Anatolisch-Georgischen Gebirge, welche
in der Ebene des Rom (Transkaukasien) endigen. Höher und höher erheben
sich von hier aus die Gebirge, bis sie das Plateau von Ardahan und Kars
bilden. Der südwestliche Abfall liegt nach dem Thale des Euphrat zu.
Adscharah ist die erste Stufe zu diesem Plateau und somit gewissermaßen der
Schlüssel zum Euphratthale; Ober-Adscharah liegt in einer Höhe von 1000
Meter, hat 22 Dörfer und 12,000 Einwohner.

Bis vor kurzem war Scherif-Bey der regierende Häuptling des Laudes;
doch er ist zu den Russen übergegangen. Natürlich ist er dadurch dem Hasse
seines Volkes verfallen, aber die Russen stützen auf diese Unterwerfung natürlich
auch ihre Ansprüche auf das Land. Der Mann stand stets mit den weit¬
sichtigen Behörden von Tiflis in Verbindung, die ihm Geschenke machten und
seine Gunst erwarben. Verlassen von seinem Volke, nur von seiner Familie
begleitet, überschritt er die russische Grenze und begab sich nach Tiflis.

Von Adscharah sührt ein leidlicher Saumpfad nach Batna, der einzige
Weg auf dem man nach dieser Feste von Südwesten her vordringen l.an'
Er geht durch Madschkal (26 Dörfer 8000 Einwohner). Daran schließt sich
das von den Russen schon besetzte Livcma, zu beiden Seiten des Tschornkflusses,
mit der Hauptstadt Artwin, welche in kommerzieller Beziehung nicht unwichtig
ist. Doch hört hier bereits das lazische Element ans und die Armenier be¬
ginnen. Auf ganz Lipara rechnet man 69 Dörfer mit 38,000 Einwohnern.
Hauptpnlsader des Landes ist der Tschvruk, welcher für Boote von einem
halben Meter Tiefgang von Artwin bis zum Schwarzen Meere schiffbar ist.
Hier ist Osman-Pascha zu Hause, der die Führung der Lazen übernommen
hat, und welcher seinen Titel den Verdiensten verdankt, die er sich im letzten
Kriege gegen die Russen erwarb. Er ist die Seele des Lazenaufstandes, er
hat auch die britische Flagge aufgezogen und die Deputation nach Konstanti-
nopel an den englischen Gesandten veranlaßt. Seit die Engländer aber nicht
ans die kühne Idee eingingen, Batna für sich zu nehmen, sehen die Lazen,
auch von den Türken verlassen, sich ans die eigene Kraft angewiesen.

Ein Zusammenstoß zwischen Lazen und Russen steht bevor und nach den
Berichten von Anfang Juni waren mehrere tausend wohlbewaffnete Krieger
im Anmarsch auf Lipara um dort den russischen General Komaroff zu ver¬
A. Rauchhaupt. treiben.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/71>, abgerufen am 25.08.2024.