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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Feldfriichte, welche die Eingeborenen in allen Häusern Westafrikas zum Ver¬
kauf bringen.

Die Arbeit am Strande eilt rüstig vorwärts, ein Boot zieht schwer
beladen auf das Meer hinaus, um einem anderen, leeren Platz zu machen; im
Hause sind die Boys dabei, die Zimmer zu säubern, Betten zu macheu, auf¬
zuräumen, den Filter für das Trinkwasser und die schöngeformten thönernen
Kühler aus Madeira zu füllen, Zahnstocher aus dem weißen, festen Holz der
Mangrove zu schnitzen, Tischgeschirr zu waschen und später in der vom Hanse
etwas entfernten Küche dein Cook bei seinen Verrichtungen behilflich zu fein.

Die Feuster des mit geschmackvoll gemusterten, feinen Matten der Ein¬
geborenen ausgelegten Zimmers des Hausherrn sind offen, und leise weht die
zarte Musselinmoskitäre des sauberen Bettes hin und her; an seinem Arbeits¬
tisch sitzt der Faktorist über seinen Büchern, rechnend und zählend, Einnahmen
und Ausgaben sorgfältig eintragend. Nur von Zeit zu Zeit wirft er links
durch das Fenster einen Blick auf die Krooboys, um sich vom Fortgang der
Arbeit zu überzeugen. Er ist ein Sohn Albions, eine lange, hagere Gestalt
mit freundlichem, bartlosen Gesicht, dessen verhältnißmüßig frische Farbe wenig
Spuren eines Aufenthalts in gesundheitsschädlichen Klima aufweist, und mit
schlichtem, rothblonden Haar. Seine Kleidung ist der Anzug, wie ihn die
meisten Europäer in den Tropen, uno besonders seine Landsleute tragen,
leinene Schuhe, weiße Beinkleider, in der Hüfte von einer seidenen Schärpe
umschlungen, ein Faltenhemd und eine weiße Joppe mit metallglänzenden
Ankerknvpfen; den Kopf bedeckt, auch meist im Zimmer, eine weiße Mütze. Die
Stube macht einen ebenso wohlthuenden Eindruck, wie ihr Bewohner, denn
nicht allein, was zum Leben absolut nothwendig, sondern auch manches, was
es verschont, füllt uns hier auf. Allerdings wenn wir ans Europa kommen,
werden unsere Vergleiche nicht zu Gunsten Afrika's ausfallen und wir werden
über Mangel an Comfort klagen, kommen wir aber ans dem "Busch", so
staunen wir "ut sühlen den Athem der Civilisation uus umHauchen. Erfreut
bemerken wir ein gut ausgestattetes Bücherbrett, dessen Schätze -- wir finden
namentlich naturwissenschaftliche Werke, z. B. Lsntiöv's Nanual ot Lowii?,
Oliver's A'lorg, ot trvxioal ^.trilca u. a. in. -- uns von den wissenschaftlichen
Bestrebungen unseres Engländers Kunde geben, Papierballen mit getrockneten
Pflanzen, Gläser und Flaschen mit mancherlei Gethier in Rum, dann Holz- und
Rindeprvben, Bilder an den Wänden, eine wohlassortirte Hausapotheke, eine
kleine Elektrisirmaschine, zahlreiche Zeitungen und Journale, darunter Blätter,
die für Niederguinea ein überraschend neues Datum zeigen, und sogar ein
Harmonium mit den Spuren häufigen Gebrauchs; alles das erzählt von der


Feldfriichte, welche die Eingeborenen in allen Häusern Westafrikas zum Ver¬
kauf bringen.

Die Arbeit am Strande eilt rüstig vorwärts, ein Boot zieht schwer
beladen auf das Meer hinaus, um einem anderen, leeren Platz zu machen; im
Hause sind die Boys dabei, die Zimmer zu säubern, Betten zu macheu, auf¬
zuräumen, den Filter für das Trinkwasser und die schöngeformten thönernen
Kühler aus Madeira zu füllen, Zahnstocher aus dem weißen, festen Holz der
Mangrove zu schnitzen, Tischgeschirr zu waschen und später in der vom Hanse
etwas entfernten Küche dein Cook bei seinen Verrichtungen behilflich zu fein.

Die Feuster des mit geschmackvoll gemusterten, feinen Matten der Ein¬
geborenen ausgelegten Zimmers des Hausherrn sind offen, und leise weht die
zarte Musselinmoskitäre des sauberen Bettes hin und her; an seinem Arbeits¬
tisch sitzt der Faktorist über seinen Büchern, rechnend und zählend, Einnahmen
und Ausgaben sorgfältig eintragend. Nur von Zeit zu Zeit wirft er links
durch das Fenster einen Blick auf die Krooboys, um sich vom Fortgang der
Arbeit zu überzeugen. Er ist ein Sohn Albions, eine lange, hagere Gestalt
mit freundlichem, bartlosen Gesicht, dessen verhältnißmüßig frische Farbe wenig
Spuren eines Aufenthalts in gesundheitsschädlichen Klima aufweist, und mit
schlichtem, rothblonden Haar. Seine Kleidung ist der Anzug, wie ihn die
meisten Europäer in den Tropen, uno besonders seine Landsleute tragen,
leinene Schuhe, weiße Beinkleider, in der Hüfte von einer seidenen Schärpe
umschlungen, ein Faltenhemd und eine weiße Joppe mit metallglänzenden
Ankerknvpfen; den Kopf bedeckt, auch meist im Zimmer, eine weiße Mütze. Die
Stube macht einen ebenso wohlthuenden Eindruck, wie ihr Bewohner, denn
nicht allein, was zum Leben absolut nothwendig, sondern auch manches, was
es verschont, füllt uns hier auf. Allerdings wenn wir ans Europa kommen,
werden unsere Vergleiche nicht zu Gunsten Afrika's ausfallen und wir werden
über Mangel an Comfort klagen, kommen wir aber ans dem „Busch", so
staunen wir »ut sühlen den Athem der Civilisation uus umHauchen. Erfreut
bemerken wir ein gut ausgestattetes Bücherbrett, dessen Schätze — wir finden
namentlich naturwissenschaftliche Werke, z. B. Lsntiöv's Nanual ot Lowii?,
Oliver's A'lorg, ot trvxioal ^.trilca u. a. in. — uns von den wissenschaftlichen
Bestrebungen unseres Engländers Kunde geben, Papierballen mit getrockneten
Pflanzen, Gläser und Flaschen mit mancherlei Gethier in Rum, dann Holz- und
Rindeprvben, Bilder an den Wänden, eine wohlassortirte Hausapotheke, eine
kleine Elektrisirmaschine, zahlreiche Zeitungen und Journale, darunter Blätter,
die für Niederguinea ein überraschend neues Datum zeigen, und sogar ein
Harmonium mit den Spuren häufigen Gebrauchs; alles das erzählt von der


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[0063] Feldfriichte, welche die Eingeborenen in allen Häusern Westafrikas zum Ver¬ kauf bringen. Die Arbeit am Strande eilt rüstig vorwärts, ein Boot zieht schwer beladen auf das Meer hinaus, um einem anderen, leeren Platz zu machen; im Hause sind die Boys dabei, die Zimmer zu säubern, Betten zu macheu, auf¬ zuräumen, den Filter für das Trinkwasser und die schöngeformten thönernen Kühler aus Madeira zu füllen, Zahnstocher aus dem weißen, festen Holz der Mangrove zu schnitzen, Tischgeschirr zu waschen und später in der vom Hanse etwas entfernten Küche dein Cook bei seinen Verrichtungen behilflich zu fein. Die Feuster des mit geschmackvoll gemusterten, feinen Matten der Ein¬ geborenen ausgelegten Zimmers des Hausherrn sind offen, und leise weht die zarte Musselinmoskitäre des sauberen Bettes hin und her; an seinem Arbeits¬ tisch sitzt der Faktorist über seinen Büchern, rechnend und zählend, Einnahmen und Ausgaben sorgfältig eintragend. Nur von Zeit zu Zeit wirft er links durch das Fenster einen Blick auf die Krooboys, um sich vom Fortgang der Arbeit zu überzeugen. Er ist ein Sohn Albions, eine lange, hagere Gestalt mit freundlichem, bartlosen Gesicht, dessen verhältnißmüßig frische Farbe wenig Spuren eines Aufenthalts in gesundheitsschädlichen Klima aufweist, und mit schlichtem, rothblonden Haar. Seine Kleidung ist der Anzug, wie ihn die meisten Europäer in den Tropen, uno besonders seine Landsleute tragen, leinene Schuhe, weiße Beinkleider, in der Hüfte von einer seidenen Schärpe umschlungen, ein Faltenhemd und eine weiße Joppe mit metallglänzenden Ankerknvpfen; den Kopf bedeckt, auch meist im Zimmer, eine weiße Mütze. Die Stube macht einen ebenso wohlthuenden Eindruck, wie ihr Bewohner, denn nicht allein, was zum Leben absolut nothwendig, sondern auch manches, was es verschont, füllt uns hier auf. Allerdings wenn wir ans Europa kommen, werden unsere Vergleiche nicht zu Gunsten Afrika's ausfallen und wir werden über Mangel an Comfort klagen, kommen wir aber ans dem „Busch", so staunen wir »ut sühlen den Athem der Civilisation uus umHauchen. Erfreut bemerken wir ein gut ausgestattetes Bücherbrett, dessen Schätze — wir finden namentlich naturwissenschaftliche Werke, z. B. Lsntiöv's Nanual ot Lowii?, Oliver's A'lorg, ot trvxioal ^.trilca u. a. in. — uns von den wissenschaftlichen Bestrebungen unseres Engländers Kunde geben, Papierballen mit getrockneten Pflanzen, Gläser und Flaschen mit mancherlei Gethier in Rum, dann Holz- und Rindeprvben, Bilder an den Wänden, eine wohlassortirte Hausapotheke, eine kleine Elektrisirmaschine, zahlreiche Zeitungen und Journale, darunter Blätter, die für Niederguinea ein überraschend neues Datum zeigen, und sogar ein Harmonium mit den Spuren häufigen Gebrauchs; alles das erzählt von der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/63>, abgerufen am 22.07.2024.