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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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wurden.*) Trotz Sulla's Sieg endete dieser Marsische Krieg damit, daß durch
die Isx ^rüia des Jahres 90 und durch die Isx ?1s,rckiÄ ?Mria. des folgen¬
den Jahres allen Jtalikern das Bürgerrecht verliehen ward, wobei jedoch
im Begriff "Italien" das Po-Land noch nicht enthalten war. Jetzt traten also
die bisherigen socii ebenfalls in die bürgerlichen Legionen ein, und das römische
Heer bestand nur noch aus zwei Bestandtheilen: Legionaren und Auxiliaren. --
Die Folge dieses Schrittes, d. h. einer ungeheueren Vermehrung der Zahl der
römischen Bürger und zwar zum großen Theile gerade durch Solche, deren Be-
sitzthum durch den Marsischen Krieg schwer gelitten hatte, war eine weitere Steige¬
rung des Angebotes von Freiwilligen für den Kriegszweck, eine weitere Ab¬
wendung von der ächten, allgemeinen Wehrpflicht, eine weitere Vermehrung
des eigentlichen, vom Volke losgelösten Soldatenstandes.

Der Veränderung des Heeresstoffes entspricht die Veränderung der Rekru-
tirungsweise. Das ehemals nur in tumulto angewendete summarische Ver¬
fahren des äilöews fand jetzt ausschließlich statt, und zwar geschah die Aus¬
hebung nicht wie früher nur zu Rom, fondern in ganz Italien und nicht mehr
durch den Konsul sondern durch con^isitorss. Diese bedienten sich zwar noch
immer der offiziellen Listen über die kriegsfähige Mannschaft, nahmen jedoch
mehr und mehr den Charakter von Werbeoffizieren an, die nur allzubereit
waren, aus Gunst oder für Geld den Dienstunlustigen die og.Ls.dio zu ertheilen
und an deren Stelle Freiwillige dnrch Versprechungen zu gewinnen. Seine
höchste Entwickelung erhielt dies Verfahren zur Zeit der Bürgerkriege, als die
Konquisitoren ohne eigentliche öffentliche Vollmacht für die Häupter der Par¬
teien warben."*)

Früher noch als bei der Mannschaft wurde bei den Offizieren die
Kriegführung zur Berufsthätigkeit. -- Wenn neue Heere gebildet wurden, war
jeder tüchtige Legionstribun seiner Wiederwahl sicher, und noch weit stabiler
war das Element der Centurionen. Diese nehmen im Heere eine ähnliche
Stellung ein, wie die soriba,s xudliei in den Magistratnren: es sind Sub¬
alternbeamte ; aber sie beherrschen die Technik des Amtes, und ohne ihren Bei¬
stand wären die Anführer im Felde ebenso hilflos gewesen wie die oberen
Magistrate in der Verwaltung.

Das Konsulat war im Laufe der Zeit mehr und mehr reines Militär¬
amt geworden, und einen je größeren Umfang die Operationen annahmen, desto
schwieriger fiel es dem Senate, eine wirksame Oberleitung der Kriegführung
eintreten zu lassen. Die Stellung der Konsuln gestaltete sich also immer un-




*) tlo. ep. 74; Naerob. Ls,t. 1, 11, 32. -- Dasselbe geschah auch später. Cato sogar
hob in Utica Libertinen aus. (^.net, b. ^.kr. 36.)
**
) Marquard II. S. 418 ff.

wurden.*) Trotz Sulla's Sieg endete dieser Marsische Krieg damit, daß durch
die Isx ^rüia des Jahres 90 und durch die Isx ?1s,rckiÄ ?Mria. des folgen¬
den Jahres allen Jtalikern das Bürgerrecht verliehen ward, wobei jedoch
im Begriff „Italien" das Po-Land noch nicht enthalten war. Jetzt traten also
die bisherigen socii ebenfalls in die bürgerlichen Legionen ein, und das römische
Heer bestand nur noch aus zwei Bestandtheilen: Legionaren und Auxiliaren. —
Die Folge dieses Schrittes, d. h. einer ungeheueren Vermehrung der Zahl der
römischen Bürger und zwar zum großen Theile gerade durch Solche, deren Be-
sitzthum durch den Marsischen Krieg schwer gelitten hatte, war eine weitere Steige¬
rung des Angebotes von Freiwilligen für den Kriegszweck, eine weitere Ab¬
wendung von der ächten, allgemeinen Wehrpflicht, eine weitere Vermehrung
des eigentlichen, vom Volke losgelösten Soldatenstandes.

Der Veränderung des Heeresstoffes entspricht die Veränderung der Rekru-
tirungsweise. Das ehemals nur in tumulto angewendete summarische Ver¬
fahren des äilöews fand jetzt ausschließlich statt, und zwar geschah die Aus¬
hebung nicht wie früher nur zu Rom, fondern in ganz Italien und nicht mehr
durch den Konsul sondern durch con^isitorss. Diese bedienten sich zwar noch
immer der offiziellen Listen über die kriegsfähige Mannschaft, nahmen jedoch
mehr und mehr den Charakter von Werbeoffizieren an, die nur allzubereit
waren, aus Gunst oder für Geld den Dienstunlustigen die og.Ls.dio zu ertheilen
und an deren Stelle Freiwillige dnrch Versprechungen zu gewinnen. Seine
höchste Entwickelung erhielt dies Verfahren zur Zeit der Bürgerkriege, als die
Konquisitoren ohne eigentliche öffentliche Vollmacht für die Häupter der Par¬
teien warben."*)

Früher noch als bei der Mannschaft wurde bei den Offizieren die
Kriegführung zur Berufsthätigkeit. — Wenn neue Heere gebildet wurden, war
jeder tüchtige Legionstribun seiner Wiederwahl sicher, und noch weit stabiler
war das Element der Centurionen. Diese nehmen im Heere eine ähnliche
Stellung ein, wie die soriba,s xudliei in den Magistratnren: es sind Sub¬
alternbeamte ; aber sie beherrschen die Technik des Amtes, und ohne ihren Bei¬
stand wären die Anführer im Felde ebenso hilflos gewesen wie die oberen
Magistrate in der Verwaltung.

Das Konsulat war im Laufe der Zeit mehr und mehr reines Militär¬
amt geworden, und einen je größeren Umfang die Operationen annahmen, desto
schwieriger fiel es dem Senate, eine wirksame Oberleitung der Kriegführung
eintreten zu lassen. Die Stellung der Konsuln gestaltete sich also immer un-




*) tlo. ep. 74; Naerob. Ls,t. 1, 11, 32. — Dasselbe geschah auch später. Cato sogar
hob in Utica Libertinen aus. (^.net, b. ^.kr. 36.)
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) Marquard II. S. 418 ff.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/500>, abgerufen am 22.07.2024.