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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Landsleute keine Vorstellung machen können, angekündigt worden, und das erste
erfreute sich auch eines gewissen Erfolges. Aber schon dem zweiten und dritten
fehlte es an dem nöthigen Publikum. Nur wenige waren aufopferungsfähig
genug, die steile Höhe zum Trvcaderopalaste emporzuklimmen, um sich an den
Kompositionen längst verschollener, zweifelhafter Klassiker der französischen
Musikliteratur zu erbauen. Mau sieht, die Bemühungen des Herrn Krantz,
seine Landsleute zu deu republikanischen Tugenden der Enthaltsamkeit und
Resignation heranzuziehen, sind nur von sehr geringem Erfolge begleitet.

Die Ausstellung von 1867 war amüsanter! Das ist das einstimmige
Urtheil, das man zu hören bekommt. Und im Munde eiues Franzosen, der
nur lernt, wenn er sich dabei amüsirt, ist dieses Urtheil bedeutsam. --

Das Fischgrätensystem der Wiener Weltausstellung hat sich als unpraktisch
erwiesen. Das Nadialsystem, d. h. die strahlenförmige Anordnung von be¬
deckten Hallen um einen Centralbau, welche der Weltausstellung von 1867 zu
Grunde lag, ließ sich bei einer Ausstellung von dreifachem Umfang nicht durch¬
führen. Man versuchte deshalb die Durchführung eines dritten Systems, das
sich in der Folge als durchaus praktisch und übersichtlich erwiesen hat.

Man theilte den ganzen Komplex des Riesengebäudes in drei Gruppen,
die parallel, aber durch zwei breite Promenaden getrennt, neben einander her¬
laufen. Die Ehrengalerie in der Front und die entsprechende (Zalüris du tra-
vail, der Arbeitsraum der kleinen Industrieen, an der Rückseite halten den
architektonischen Zusammenhang zwischen diesen drei Abtheilungen äußerlich
aufrecht. Die Abtheilung zur Linken, deren Ausdehnung mit der der andern
zur Rechten übereinstimmt, enthält die Ausstellung Frankreichs und seiner
Kolonieen. Sie ist der Länge nach, von der Ehrenhalle ans gerechnet, in fünf
Galerien getheilt, die fünf von den sechs Hauptgruppen entsprechen, in welche
die Massen der Ansstellungsgegenstäude zusammengefaßt sind: Unterricht,
Wissenschaft, Musik n. s. w. -- Mobiliar - Bekleidungsgegenstände -- Roh¬
stoffe -- Maschinen. Der Quere uach ist die französische Abtheilung von 24
Galerieen durchschnitten.

Die mittlere Abtheilung umfaßt die Kunstausstellungen sämmtlicher
Länder, die 6Mrio Sos Lo"ux ^res. Sie ist auf beiden Seiten von den
oben erwähnten Promenaden umgeben, die hie und da durch Baumgruppen
und Gartenanlagen belebt sind, und wird in der Mitte von dem aus Backsteinen
mit reicher Terrakottadekoration aufgeführten Pavillon der Stadt Paris unter¬
brochen. Die dritte Abtheilung umfaßt die Ausstellung der fremden Lnudcr.
Hier erst zeigt sich das neue Organisationssystem von seiner besten Seite.
Passirt man nämlich die fünf Galerien der Länge nach, so gewinnt man einen
Ueberblick über die gleichartigen Jndustrieprodukte aller Länder, während


Landsleute keine Vorstellung machen können, angekündigt worden, und das erste
erfreute sich auch eines gewissen Erfolges. Aber schon dem zweiten und dritten
fehlte es an dem nöthigen Publikum. Nur wenige waren aufopferungsfähig
genug, die steile Höhe zum Trvcaderopalaste emporzuklimmen, um sich an den
Kompositionen längst verschollener, zweifelhafter Klassiker der französischen
Musikliteratur zu erbauen. Mau sieht, die Bemühungen des Herrn Krantz,
seine Landsleute zu deu republikanischen Tugenden der Enthaltsamkeit und
Resignation heranzuziehen, sind nur von sehr geringem Erfolge begleitet.

Die Ausstellung von 1867 war amüsanter! Das ist das einstimmige
Urtheil, das man zu hören bekommt. Und im Munde eiues Franzosen, der
nur lernt, wenn er sich dabei amüsirt, ist dieses Urtheil bedeutsam. —

Das Fischgrätensystem der Wiener Weltausstellung hat sich als unpraktisch
erwiesen. Das Nadialsystem, d. h. die strahlenförmige Anordnung von be¬
deckten Hallen um einen Centralbau, welche der Weltausstellung von 1867 zu
Grunde lag, ließ sich bei einer Ausstellung von dreifachem Umfang nicht durch¬
führen. Man versuchte deshalb die Durchführung eines dritten Systems, das
sich in der Folge als durchaus praktisch und übersichtlich erwiesen hat.

Man theilte den ganzen Komplex des Riesengebäudes in drei Gruppen,
die parallel, aber durch zwei breite Promenaden getrennt, neben einander her¬
laufen. Die Ehrengalerie in der Front und die entsprechende (Zalüris du tra-
vail, der Arbeitsraum der kleinen Industrieen, an der Rückseite halten den
architektonischen Zusammenhang zwischen diesen drei Abtheilungen äußerlich
aufrecht. Die Abtheilung zur Linken, deren Ausdehnung mit der der andern
zur Rechten übereinstimmt, enthält die Ausstellung Frankreichs und seiner
Kolonieen. Sie ist der Länge nach, von der Ehrenhalle ans gerechnet, in fünf
Galerien getheilt, die fünf von den sechs Hauptgruppen entsprechen, in welche
die Massen der Ansstellungsgegenstäude zusammengefaßt sind: Unterricht,
Wissenschaft, Musik n. s. w. — Mobiliar - Bekleidungsgegenstände — Roh¬
stoffe — Maschinen. Der Quere uach ist die französische Abtheilung von 24
Galerieen durchschnitten.

Die mittlere Abtheilung umfaßt die Kunstausstellungen sämmtlicher
Länder, die 6Mrio Sos Lo»ux ^res. Sie ist auf beiden Seiten von den
oben erwähnten Promenaden umgeben, die hie und da durch Baumgruppen
und Gartenanlagen belebt sind, und wird in der Mitte von dem aus Backsteinen
mit reicher Terrakottadekoration aufgeführten Pavillon der Stadt Paris unter¬
brochen. Die dritte Abtheilung umfaßt die Ausstellung der fremden Lnudcr.
Hier erst zeigt sich das neue Organisationssystem von seiner besten Seite.
Passirt man nämlich die fünf Galerien der Länge nach, so gewinnt man einen
Ueberblick über die gleichartigen Jndustrieprodukte aller Länder, während


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[0037] Landsleute keine Vorstellung machen können, angekündigt worden, und das erste erfreute sich auch eines gewissen Erfolges. Aber schon dem zweiten und dritten fehlte es an dem nöthigen Publikum. Nur wenige waren aufopferungsfähig genug, die steile Höhe zum Trvcaderopalaste emporzuklimmen, um sich an den Kompositionen längst verschollener, zweifelhafter Klassiker der französischen Musikliteratur zu erbauen. Mau sieht, die Bemühungen des Herrn Krantz, seine Landsleute zu deu republikanischen Tugenden der Enthaltsamkeit und Resignation heranzuziehen, sind nur von sehr geringem Erfolge begleitet. Die Ausstellung von 1867 war amüsanter! Das ist das einstimmige Urtheil, das man zu hören bekommt. Und im Munde eiues Franzosen, der nur lernt, wenn er sich dabei amüsirt, ist dieses Urtheil bedeutsam. — Das Fischgrätensystem der Wiener Weltausstellung hat sich als unpraktisch erwiesen. Das Nadialsystem, d. h. die strahlenförmige Anordnung von be¬ deckten Hallen um einen Centralbau, welche der Weltausstellung von 1867 zu Grunde lag, ließ sich bei einer Ausstellung von dreifachem Umfang nicht durch¬ führen. Man versuchte deshalb die Durchführung eines dritten Systems, das sich in der Folge als durchaus praktisch und übersichtlich erwiesen hat. Man theilte den ganzen Komplex des Riesengebäudes in drei Gruppen, die parallel, aber durch zwei breite Promenaden getrennt, neben einander her¬ laufen. Die Ehrengalerie in der Front und die entsprechende (Zalüris du tra- vail, der Arbeitsraum der kleinen Industrieen, an der Rückseite halten den architektonischen Zusammenhang zwischen diesen drei Abtheilungen äußerlich aufrecht. Die Abtheilung zur Linken, deren Ausdehnung mit der der andern zur Rechten übereinstimmt, enthält die Ausstellung Frankreichs und seiner Kolonieen. Sie ist der Länge nach, von der Ehrenhalle ans gerechnet, in fünf Galerien getheilt, die fünf von den sechs Hauptgruppen entsprechen, in welche die Massen der Ansstellungsgegenstäude zusammengefaßt sind: Unterricht, Wissenschaft, Musik n. s. w. — Mobiliar - Bekleidungsgegenstände — Roh¬ stoffe — Maschinen. Der Quere uach ist die französische Abtheilung von 24 Galerieen durchschnitten. Die mittlere Abtheilung umfaßt die Kunstausstellungen sämmtlicher Länder, die 6Mrio Sos Lo»ux ^res. Sie ist auf beiden Seiten von den oben erwähnten Promenaden umgeben, die hie und da durch Baumgruppen und Gartenanlagen belebt sind, und wird in der Mitte von dem aus Backsteinen mit reicher Terrakottadekoration aufgeführten Pavillon der Stadt Paris unter¬ brochen. Die dritte Abtheilung umfaßt die Ausstellung der fremden Lnudcr. Hier erst zeigt sich das neue Organisationssystem von seiner besten Seite. Passirt man nämlich die fünf Galerien der Länge nach, so gewinnt man einen Ueberblick über die gleichartigen Jndustrieprodukte aller Länder, während

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/37>, abgerufen am 22.07.2024.