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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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von Dilettanten, welche alle berühmten Gemälde des Louvre oft mit großem
Geschick und meist mit geradezu bildmäßiger Wirkung kopiren, beschäftigen die
größeren Fabriken Künstler ersten Ranges, die es nicht verschmähen, einem
scheinbar so untergeordneten Zwecke zu dienen. Darin, daß zwischen Kunst und
Kunsthandwerk keine Grenze gezogen ist, wie in den goldnen Zeiten der Renaissance,
ist eine der Hauptursachen der reichen Blüthe der Kunstindustrie in Frankreich
zu suchen. Während sich unsere Maler hochmüthig abwenden, wenn man ihre
Kräfte für dekorative Zwecke solcher Art in Anspruch nehmen wollte, betheiligen
sich in Paris Maler und Bildhauer ersten Ranges an der Förderung des
Kunstgewerbes. Man sieht Fächer auf der Ausstellung, die ihren bildlichen
Schmuck von berühmten Modemalern erhalten haben, dafür aber auch 3 bis
10,000 Franks kosten.

Unter den französischen Porzellanmalern ist der ausgezeichnetste Anker, der
mit Legrain und Regnier für Th. Deck malt. Köpfe und Einzelfiguren, die
in Farbenpracht und Leuchtkraft, in Schönheit und Harmonie des Thors
mit den besten italienischen Majoliken der Renaissance wetteifern, sind seine
Spezialität. Im Vollbewußtsein ihrer Künstlerschaft setzen diese Maler ihre
vollen Namen unter ihre Malereien. So wird jede einzelne Schüssel zu einem
Kunstwerk für sich, das natürlich auch in einem entsprechend hohen Werthe
steht. Von den Preisen, die in Frankreich für Teller gezahlt werden, die mit
den Bildern von der Hand berühmter Meister geziert sind, kann man sich in
Deutschland keine Vorstellung machen. Wenn der Franzose den Deutschen in
vielen Zweigen der Kunstindustrie überlegen ist, so liegt das nicht in seiner
höheren Begabung, sondern einerseits in seiner ästhetischen Erziehung, anderer¬
seits daran, daß er dreimal und viermal so gut bezahlt wird wie der Deutsche.
Es ist eine bekannte, schon oft erzählte Thatsache, daß die besten, die rührigsten
und phantasievollsten Kunsthandwerker in den Pariser Ateliers -- auch nach
dem Kriege -- Deutsche sind. Die besten Pariser Photographen sind Deutsche,
die besten Bronzearbeiter, die besten Ciseleure sind Deutsche. Ueberall wo
Ausdauer, Beharrlichkeit, Solidität in der Arbeit erforderlich ist, trägt der zähe
Deutsche den Sieg über den beweglichen Romanen davon, während er zugleich
Aneigungsfähigkeit genug besitzt, um in der Fremde auf dem Gebiete des
Kunsthandwerks mit dem erfindungsreichen Franzosen und dem phantasievollen
Italiener zu wetteifern.

Das dritte Feld der Thonwaarenindustrie, auf welchem die Franzosen alle
Rivalen aus dem Felde schlagen, am meisten die Engländer, die klug genug
waren, in ihrer Ausstellung diesen Zweig fast gänzlich zu ignoriren, ist die
dekorative und monumentale Plastik in gebranntem Thon. Hier verbindet sich
mit der saubersten Technik der erlesenste Geschmack, die vollkommenste Grazie


von Dilettanten, welche alle berühmten Gemälde des Louvre oft mit großem
Geschick und meist mit geradezu bildmäßiger Wirkung kopiren, beschäftigen die
größeren Fabriken Künstler ersten Ranges, die es nicht verschmähen, einem
scheinbar so untergeordneten Zwecke zu dienen. Darin, daß zwischen Kunst und
Kunsthandwerk keine Grenze gezogen ist, wie in den goldnen Zeiten der Renaissance,
ist eine der Hauptursachen der reichen Blüthe der Kunstindustrie in Frankreich
zu suchen. Während sich unsere Maler hochmüthig abwenden, wenn man ihre
Kräfte für dekorative Zwecke solcher Art in Anspruch nehmen wollte, betheiligen
sich in Paris Maler und Bildhauer ersten Ranges an der Förderung des
Kunstgewerbes. Man sieht Fächer auf der Ausstellung, die ihren bildlichen
Schmuck von berühmten Modemalern erhalten haben, dafür aber auch 3 bis
10,000 Franks kosten.

Unter den französischen Porzellanmalern ist der ausgezeichnetste Anker, der
mit Legrain und Regnier für Th. Deck malt. Köpfe und Einzelfiguren, die
in Farbenpracht und Leuchtkraft, in Schönheit und Harmonie des Thors
mit den besten italienischen Majoliken der Renaissance wetteifern, sind seine
Spezialität. Im Vollbewußtsein ihrer Künstlerschaft setzen diese Maler ihre
vollen Namen unter ihre Malereien. So wird jede einzelne Schüssel zu einem
Kunstwerk für sich, das natürlich auch in einem entsprechend hohen Werthe
steht. Von den Preisen, die in Frankreich für Teller gezahlt werden, die mit
den Bildern von der Hand berühmter Meister geziert sind, kann man sich in
Deutschland keine Vorstellung machen. Wenn der Franzose den Deutschen in
vielen Zweigen der Kunstindustrie überlegen ist, so liegt das nicht in seiner
höheren Begabung, sondern einerseits in seiner ästhetischen Erziehung, anderer¬
seits daran, daß er dreimal und viermal so gut bezahlt wird wie der Deutsche.
Es ist eine bekannte, schon oft erzählte Thatsache, daß die besten, die rührigsten
und phantasievollsten Kunsthandwerker in den Pariser Ateliers — auch nach
dem Kriege — Deutsche sind. Die besten Pariser Photographen sind Deutsche,
die besten Bronzearbeiter, die besten Ciseleure sind Deutsche. Ueberall wo
Ausdauer, Beharrlichkeit, Solidität in der Arbeit erforderlich ist, trägt der zähe
Deutsche den Sieg über den beweglichen Romanen davon, während er zugleich
Aneigungsfähigkeit genug besitzt, um in der Fremde auf dem Gebiete des
Kunsthandwerks mit dem erfindungsreichen Franzosen und dem phantasievollen
Italiener zu wetteifern.

Das dritte Feld der Thonwaarenindustrie, auf welchem die Franzosen alle
Rivalen aus dem Felde schlagen, am meisten die Engländer, die klug genug
waren, in ihrer Ausstellung diesen Zweig fast gänzlich zu ignoriren, ist die
dekorative und monumentale Plastik in gebranntem Thon. Hier verbindet sich
mit der saubersten Technik der erlesenste Geschmack, die vollkommenste Grazie


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[0364] von Dilettanten, welche alle berühmten Gemälde des Louvre oft mit großem Geschick und meist mit geradezu bildmäßiger Wirkung kopiren, beschäftigen die größeren Fabriken Künstler ersten Ranges, die es nicht verschmähen, einem scheinbar so untergeordneten Zwecke zu dienen. Darin, daß zwischen Kunst und Kunsthandwerk keine Grenze gezogen ist, wie in den goldnen Zeiten der Renaissance, ist eine der Hauptursachen der reichen Blüthe der Kunstindustrie in Frankreich zu suchen. Während sich unsere Maler hochmüthig abwenden, wenn man ihre Kräfte für dekorative Zwecke solcher Art in Anspruch nehmen wollte, betheiligen sich in Paris Maler und Bildhauer ersten Ranges an der Förderung des Kunstgewerbes. Man sieht Fächer auf der Ausstellung, die ihren bildlichen Schmuck von berühmten Modemalern erhalten haben, dafür aber auch 3 bis 10,000 Franks kosten. Unter den französischen Porzellanmalern ist der ausgezeichnetste Anker, der mit Legrain und Regnier für Th. Deck malt. Köpfe und Einzelfiguren, die in Farbenpracht und Leuchtkraft, in Schönheit und Harmonie des Thors mit den besten italienischen Majoliken der Renaissance wetteifern, sind seine Spezialität. Im Vollbewußtsein ihrer Künstlerschaft setzen diese Maler ihre vollen Namen unter ihre Malereien. So wird jede einzelne Schüssel zu einem Kunstwerk für sich, das natürlich auch in einem entsprechend hohen Werthe steht. Von den Preisen, die in Frankreich für Teller gezahlt werden, die mit den Bildern von der Hand berühmter Meister geziert sind, kann man sich in Deutschland keine Vorstellung machen. Wenn der Franzose den Deutschen in vielen Zweigen der Kunstindustrie überlegen ist, so liegt das nicht in seiner höheren Begabung, sondern einerseits in seiner ästhetischen Erziehung, anderer¬ seits daran, daß er dreimal und viermal so gut bezahlt wird wie der Deutsche. Es ist eine bekannte, schon oft erzählte Thatsache, daß die besten, die rührigsten und phantasievollsten Kunsthandwerker in den Pariser Ateliers — auch nach dem Kriege — Deutsche sind. Die besten Pariser Photographen sind Deutsche, die besten Bronzearbeiter, die besten Ciseleure sind Deutsche. Ueberall wo Ausdauer, Beharrlichkeit, Solidität in der Arbeit erforderlich ist, trägt der zähe Deutsche den Sieg über den beweglichen Romanen davon, während er zugleich Aneigungsfähigkeit genug besitzt, um in der Fremde auf dem Gebiete des Kunsthandwerks mit dem erfindungsreichen Franzosen und dem phantasievollen Italiener zu wetteifern. Das dritte Feld der Thonwaarenindustrie, auf welchem die Franzosen alle Rivalen aus dem Felde schlagen, am meisten die Engländer, die klug genug waren, in ihrer Ausstellung diesen Zweig fast gänzlich zu ignoriren, ist die dekorative und monumentale Plastik in gebranntem Thon. Hier verbindet sich mit der saubersten Technik der erlesenste Geschmack, die vollkommenste Grazie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/364>, abgerufen am 22.07.2024.