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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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lichen Anstrengungen, welche auch die neue Regierung macht, ulu das Bestehende
zu erhalten und zu verbessern und dem alten Netze immer neue Maschen ein-
zufügen. Auf großen Tischen sehen wir Modelle von Brücken, Via- und Aquä¬
dukten, die sich oft in doppelter Reihe übereinanderschwingen, Miniatnrkvpien
der berühmtesten Leuchtthürme, Siguallaternen und Rettungsböte. Eines der
Leuchtthurmmodelle, das eiues fünfstöckigen, ist der Länge nach durchgeschnitten.
Wir erhalten einen Blick in's Innere und sehen, wie die Franzosen, welche
die Kunst zu leben, wie keine zweite Nation verstehen, anch für die Männer
sorgen, deren Wachsamkeit das Leben von Tausenden anvertraut ist. Eine saubere
Küche, eine kleine Bibliothek, ein Wohnzimmer und hoch oben, der Laterne am
nächsten, das Schlafgemach -- also ein Komplex von Räumen, der auch dem
einsamen, von der Brandung umtobten Bewohner des Leuchtthurmes das
Leben werth und angenehm macht. Eine besondere Sorgfalt wird auf die
Politur und die Zusammenstellung der Metallscheiben verwandt, welche das
Licht der Leuchtthurmslaterue umschließen und dasselbe oft zwanzig und drei¬
ßigfach reflektiren.

Dicht neben dem Pavillon der öffentlichen Arbeiten ist die Maschinenaus¬
stellung Schneider's in Creuzot, des französischen Krupp, etablirt. Es ist ihm
gelungen, kürzlich einen Dampfhammer zu konstruiren, der den Tausendeentner-
hammer der Krupp'schen Werke uoch um 500 Centner übertrifft.

Wie im Jahre 1867 die Krupp'sche Gußstahlkanone das Mirakel der Aus¬
stellung war, sollte es Heuer der Creuzot'sche Dampfhammer sein. Aber die
Bahnverwaltnugen weigerten sich das Ungethüm zu transportiren, und so mußte
man sich damit begnügen, vor dem Creuzot'scheu Pavillon ein hölzernes Modell
des Giganten aufzurichten. Der Haupteffekt ist dadurch freilich verloren gegangen,
denn das grau angestrichene Gerüst, das beinahe der Eindruck einer Guillotine
macht, imponirt nicht sonderlich, am wenigsten dem, dessen Trommelfell bereits
unter dem furchtbaren Dröhnen des Hammers "Fritz" in Essen vibrirt hat.

Wir lassen die Ausstellung der Cementfabriken, die Eisengießereien, die
englische Maschinenhalle mit ihren säe- und Mähmaschinen, die alles bisher
Dagewesene in den Schatten stellen, bei Seite und steigen die Stufen empor,
die uns zu der mächtigen Hauptfront des Jndustriepalastes, zur 6u.1ni'I(z
et'llormsur, fuhren.

Der Jndustriepalast ist eine einzige, gewaltige Halle, die größte, die jemals
von Menschenhand ausgeführt ist. Sie bedeckt ein Areal vou 252,000 Quad¬
ratmetern und hat eine Länge von 700 Metern bei einer Breite von 300.
Glas und Eisen sind die Hauptmaterialien, die zur Herstellung dieses Riesen¬
baues gedient haben. Dem Eisen, aus welchen sich der Baustil der Zukunft
herausbilden soll, sind bis jetzt noch keine decorativer Reize abgewonnen wor-


lichen Anstrengungen, welche auch die neue Regierung macht, ulu das Bestehende
zu erhalten und zu verbessern und dem alten Netze immer neue Maschen ein-
zufügen. Auf großen Tischen sehen wir Modelle von Brücken, Via- und Aquä¬
dukten, die sich oft in doppelter Reihe übereinanderschwingen, Miniatnrkvpien
der berühmtesten Leuchtthürme, Siguallaternen und Rettungsböte. Eines der
Leuchtthurmmodelle, das eiues fünfstöckigen, ist der Länge nach durchgeschnitten.
Wir erhalten einen Blick in's Innere und sehen, wie die Franzosen, welche
die Kunst zu leben, wie keine zweite Nation verstehen, anch für die Männer
sorgen, deren Wachsamkeit das Leben von Tausenden anvertraut ist. Eine saubere
Küche, eine kleine Bibliothek, ein Wohnzimmer und hoch oben, der Laterne am
nächsten, das Schlafgemach — also ein Komplex von Räumen, der auch dem
einsamen, von der Brandung umtobten Bewohner des Leuchtthurmes das
Leben werth und angenehm macht. Eine besondere Sorgfalt wird auf die
Politur und die Zusammenstellung der Metallscheiben verwandt, welche das
Licht der Leuchtthurmslaterue umschließen und dasselbe oft zwanzig und drei¬
ßigfach reflektiren.

Dicht neben dem Pavillon der öffentlichen Arbeiten ist die Maschinenaus¬
stellung Schneider's in Creuzot, des französischen Krupp, etablirt. Es ist ihm
gelungen, kürzlich einen Dampfhammer zu konstruiren, der den Tausendeentner-
hammer der Krupp'schen Werke uoch um 500 Centner übertrifft.

Wie im Jahre 1867 die Krupp'sche Gußstahlkanone das Mirakel der Aus¬
stellung war, sollte es Heuer der Creuzot'sche Dampfhammer sein. Aber die
Bahnverwaltnugen weigerten sich das Ungethüm zu transportiren, und so mußte
man sich damit begnügen, vor dem Creuzot'scheu Pavillon ein hölzernes Modell
des Giganten aufzurichten. Der Haupteffekt ist dadurch freilich verloren gegangen,
denn das grau angestrichene Gerüst, das beinahe der Eindruck einer Guillotine
macht, imponirt nicht sonderlich, am wenigsten dem, dessen Trommelfell bereits
unter dem furchtbaren Dröhnen des Hammers „Fritz" in Essen vibrirt hat.

Wir lassen die Ausstellung der Cementfabriken, die Eisengießereien, die
englische Maschinenhalle mit ihren säe- und Mähmaschinen, die alles bisher
Dagewesene in den Schatten stellen, bei Seite und steigen die Stufen empor,
die uns zu der mächtigen Hauptfront des Jndustriepalastes, zur 6u.1ni'I(z
et'llormsur, fuhren.

Der Jndustriepalast ist eine einzige, gewaltige Halle, die größte, die jemals
von Menschenhand ausgeführt ist. Sie bedeckt ein Areal vou 252,000 Quad¬
ratmetern und hat eine Länge von 700 Metern bei einer Breite von 300.
Glas und Eisen sind die Hauptmaterialien, die zur Herstellung dieses Riesen¬
baues gedient haben. Dem Eisen, aus welchen sich der Baustil der Zukunft
herausbilden soll, sind bis jetzt noch keine decorativer Reize abgewonnen wor-


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[0034] lichen Anstrengungen, welche auch die neue Regierung macht, ulu das Bestehende zu erhalten und zu verbessern und dem alten Netze immer neue Maschen ein- zufügen. Auf großen Tischen sehen wir Modelle von Brücken, Via- und Aquä¬ dukten, die sich oft in doppelter Reihe übereinanderschwingen, Miniatnrkvpien der berühmtesten Leuchtthürme, Siguallaternen und Rettungsböte. Eines der Leuchtthurmmodelle, das eiues fünfstöckigen, ist der Länge nach durchgeschnitten. Wir erhalten einen Blick in's Innere und sehen, wie die Franzosen, welche die Kunst zu leben, wie keine zweite Nation verstehen, anch für die Männer sorgen, deren Wachsamkeit das Leben von Tausenden anvertraut ist. Eine saubere Küche, eine kleine Bibliothek, ein Wohnzimmer und hoch oben, der Laterne am nächsten, das Schlafgemach — also ein Komplex von Räumen, der auch dem einsamen, von der Brandung umtobten Bewohner des Leuchtthurmes das Leben werth und angenehm macht. Eine besondere Sorgfalt wird auf die Politur und die Zusammenstellung der Metallscheiben verwandt, welche das Licht der Leuchtthurmslaterue umschließen und dasselbe oft zwanzig und drei¬ ßigfach reflektiren. Dicht neben dem Pavillon der öffentlichen Arbeiten ist die Maschinenaus¬ stellung Schneider's in Creuzot, des französischen Krupp, etablirt. Es ist ihm gelungen, kürzlich einen Dampfhammer zu konstruiren, der den Tausendeentner- hammer der Krupp'schen Werke uoch um 500 Centner übertrifft. Wie im Jahre 1867 die Krupp'sche Gußstahlkanone das Mirakel der Aus¬ stellung war, sollte es Heuer der Creuzot'sche Dampfhammer sein. Aber die Bahnverwaltnugen weigerten sich das Ungethüm zu transportiren, und so mußte man sich damit begnügen, vor dem Creuzot'scheu Pavillon ein hölzernes Modell des Giganten aufzurichten. Der Haupteffekt ist dadurch freilich verloren gegangen, denn das grau angestrichene Gerüst, das beinahe der Eindruck einer Guillotine macht, imponirt nicht sonderlich, am wenigsten dem, dessen Trommelfell bereits unter dem furchtbaren Dröhnen des Hammers „Fritz" in Essen vibrirt hat. Wir lassen die Ausstellung der Cementfabriken, die Eisengießereien, die englische Maschinenhalle mit ihren säe- und Mähmaschinen, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen, bei Seite und steigen die Stufen empor, die uns zu der mächtigen Hauptfront des Jndustriepalastes, zur 6u.1ni'I(z et'llormsur, fuhren. Der Jndustriepalast ist eine einzige, gewaltige Halle, die größte, die jemals von Menschenhand ausgeführt ist. Sie bedeckt ein Areal vou 252,000 Quad¬ ratmetern und hat eine Länge von 700 Metern bei einer Breite von 300. Glas und Eisen sind die Hauptmaterialien, die zur Herstellung dieses Riesen¬ baues gedient haben. Dem Eisen, aus welchen sich der Baustil der Zukunft herausbilden soll, sind bis jetzt noch keine decorativer Reize abgewonnen wor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/34>, abgerufen am 03.07.2024.