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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Die pariser Weltausstellung.
Von Adolf Rosenberg.
2. Das Marsfeld. -- Der Jndustriepalast. -- Die Straße der fremden
Nationen.

Die Jenabrücke, welche den Park des Trocadero mit dem des Marsfeldes
verbindet, ist erhöht und verbreitert worden, um sich besser in den neuen, ge¬
waltige,! Nahmen zu fügen. Die steinernen, ungeschlachten Rossebändiger, die
den Ein- und Ausgang der Brücke bewachen, find die einzigen Zeugen jener
Zeit, als der kleine Korporal hier seine Truppenrevüen abhielt. Jetzt schauen
sie auf ein Bild des Friedens. Sie eröffnen gleichsam eine Allee von Statuen
und Gruppen, die den Park des Marsfeldes bis zu der Terrasse durchschneidet,
welche zu dem Jndustriepalaste emporführt. Auch hier hat man keine Mühen
und Kosten gespart, um die öde Fläche in eine lachende anmuthige Landschaft
zu verwandeln. Kleine Teiche sind angelegt worden, über die sich zierliche
gußeiserne Brücken schwingen. Hügel sind aufgeschüttet und künstliche Grotten
so romantisch wie möglich arrangirt worden. Aber das Wasser hält vor den
glühenden Sonnenstrahlen nicht Stand, und die automatischen Gärtnerspritzen
müssen sich unaufhörlich drehen und Labung spenden, um die saftgrüne Frische
des Rasens zu wahren.

Der Park auf dem Marsfelde unterscheidet sich nicht von dem des Tro
cadero: dieselben Blumenbeete, dieselben kleinen Treibhäuser, von denen ein
jedes immer nur eine Blumenspezies enthält, ähnliche Restaurants und Pavil-
ons, nur daß das Amüsement hier mehr zurück und die Arbeit an seine
Stelle tritt.

Der Pavillon der öffentlichen Arbeiten, ein Backsteinbau, der mit ver¬
schiedenfarbigen glasirten Terracotten bekleidet ist, trügt anf seiner Spitze als
Wahrzeichen die Laterne eines Leuchtthurms. Wie der Pavillon der Forst-
kultur auf dem andern Ufer der Seine repräsentirt auch er einen der gerech¬
testen Ruhmestitel Frankreich's oder vielmehr der napoleoniden, die den Wege-
uud Brückenbau stets für eine ihrer ersten Sorgen hielten. Große Karten
veranschaulichen uns das kolossale Netz von Verkehrsstraßen, mit welchen be¬
sonders der dritte Napoleon Frankreich überzogen hat. Wie in der rationellen
Waldkultur ist in diesem genial erdachten und praktisch durchgeführten System
von Verbindungswegen jeglicher Art einer der Haupthebel des französischen
Wohlstandes zu suchen. Eine umfangreiche Ausstellung von Plänen, plastischen
Modellen, Durchschnitten und Baumaterialien belehrt uns über die nnermüd-


Grenzbvtm III. 1S7S. 4
Die pariser Weltausstellung.
Von Adolf Rosenberg.
2. Das Marsfeld. — Der Jndustriepalast. — Die Straße der fremden
Nationen.

Die Jenabrücke, welche den Park des Trocadero mit dem des Marsfeldes
verbindet, ist erhöht und verbreitert worden, um sich besser in den neuen, ge¬
waltige,! Nahmen zu fügen. Die steinernen, ungeschlachten Rossebändiger, die
den Ein- und Ausgang der Brücke bewachen, find die einzigen Zeugen jener
Zeit, als der kleine Korporal hier seine Truppenrevüen abhielt. Jetzt schauen
sie auf ein Bild des Friedens. Sie eröffnen gleichsam eine Allee von Statuen
und Gruppen, die den Park des Marsfeldes bis zu der Terrasse durchschneidet,
welche zu dem Jndustriepalaste emporführt. Auch hier hat man keine Mühen
und Kosten gespart, um die öde Fläche in eine lachende anmuthige Landschaft
zu verwandeln. Kleine Teiche sind angelegt worden, über die sich zierliche
gußeiserne Brücken schwingen. Hügel sind aufgeschüttet und künstliche Grotten
so romantisch wie möglich arrangirt worden. Aber das Wasser hält vor den
glühenden Sonnenstrahlen nicht Stand, und die automatischen Gärtnerspritzen
müssen sich unaufhörlich drehen und Labung spenden, um die saftgrüne Frische
des Rasens zu wahren.

Der Park auf dem Marsfelde unterscheidet sich nicht von dem des Tro
cadero: dieselben Blumenbeete, dieselben kleinen Treibhäuser, von denen ein
jedes immer nur eine Blumenspezies enthält, ähnliche Restaurants und Pavil-
ons, nur daß das Amüsement hier mehr zurück und die Arbeit an seine
Stelle tritt.

Der Pavillon der öffentlichen Arbeiten, ein Backsteinbau, der mit ver¬
schiedenfarbigen glasirten Terracotten bekleidet ist, trügt anf seiner Spitze als
Wahrzeichen die Laterne eines Leuchtthurms. Wie der Pavillon der Forst-
kultur auf dem andern Ufer der Seine repräsentirt auch er einen der gerech¬
testen Ruhmestitel Frankreich's oder vielmehr der napoleoniden, die den Wege-
uud Brückenbau stets für eine ihrer ersten Sorgen hielten. Große Karten
veranschaulichen uns das kolossale Netz von Verkehrsstraßen, mit welchen be¬
sonders der dritte Napoleon Frankreich überzogen hat. Wie in der rationellen
Waldkultur ist in diesem genial erdachten und praktisch durchgeführten System
von Verbindungswegen jeglicher Art einer der Haupthebel des französischen
Wohlstandes zu suchen. Eine umfangreiche Ausstellung von Plänen, plastischen
Modellen, Durchschnitten und Baumaterialien belehrt uns über die nnermüd-


Grenzbvtm III. 1S7S. 4
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[0033] Die pariser Weltausstellung. Von Adolf Rosenberg. 2. Das Marsfeld. — Der Jndustriepalast. — Die Straße der fremden Nationen. Die Jenabrücke, welche den Park des Trocadero mit dem des Marsfeldes verbindet, ist erhöht und verbreitert worden, um sich besser in den neuen, ge¬ waltige,! Nahmen zu fügen. Die steinernen, ungeschlachten Rossebändiger, die den Ein- und Ausgang der Brücke bewachen, find die einzigen Zeugen jener Zeit, als der kleine Korporal hier seine Truppenrevüen abhielt. Jetzt schauen sie auf ein Bild des Friedens. Sie eröffnen gleichsam eine Allee von Statuen und Gruppen, die den Park des Marsfeldes bis zu der Terrasse durchschneidet, welche zu dem Jndustriepalaste emporführt. Auch hier hat man keine Mühen und Kosten gespart, um die öde Fläche in eine lachende anmuthige Landschaft zu verwandeln. Kleine Teiche sind angelegt worden, über die sich zierliche gußeiserne Brücken schwingen. Hügel sind aufgeschüttet und künstliche Grotten so romantisch wie möglich arrangirt worden. Aber das Wasser hält vor den glühenden Sonnenstrahlen nicht Stand, und die automatischen Gärtnerspritzen müssen sich unaufhörlich drehen und Labung spenden, um die saftgrüne Frische des Rasens zu wahren. Der Park auf dem Marsfelde unterscheidet sich nicht von dem des Tro cadero: dieselben Blumenbeete, dieselben kleinen Treibhäuser, von denen ein jedes immer nur eine Blumenspezies enthält, ähnliche Restaurants und Pavil- ons, nur daß das Amüsement hier mehr zurück und die Arbeit an seine Stelle tritt. Der Pavillon der öffentlichen Arbeiten, ein Backsteinbau, der mit ver¬ schiedenfarbigen glasirten Terracotten bekleidet ist, trügt anf seiner Spitze als Wahrzeichen die Laterne eines Leuchtthurms. Wie der Pavillon der Forst- kultur auf dem andern Ufer der Seine repräsentirt auch er einen der gerech¬ testen Ruhmestitel Frankreich's oder vielmehr der napoleoniden, die den Wege- uud Brückenbau stets für eine ihrer ersten Sorgen hielten. Große Karten veranschaulichen uns das kolossale Netz von Verkehrsstraßen, mit welchen be¬ sonders der dritte Napoleon Frankreich überzogen hat. Wie in der rationellen Waldkultur ist in diesem genial erdachten und praktisch durchgeführten System von Verbindungswegen jeglicher Art einer der Haupthebel des französischen Wohlstandes zu suchen. Eine umfangreiche Ausstellung von Plänen, plastischen Modellen, Durchschnitten und Baumaterialien belehrt uns über die nnermüd- Grenzbvtm III. 1S7S. 4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/33>, abgerufen am 03.07.2024.