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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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scheimmg mit Körperkraft verbunden sind seine Waffen gegen etwaige Rache¬
gelüste seiner Sklaven oder der übrigen Eingeborenen. Mancher der Portugiesen
und der dort selten angesiedelten Spanier verschaffte sich früher als Sklaven¬
händler, jetzt als sklavenhaltender Kaufmann durch raffinirte Grausamkeit ein
fast übernatürliches Ansehen unter den Negern; aber doch ereilte auch ihn sein
Schicksal: heute'uoch eine blühende Faktorei, morgen ein rauchender Trümmer-
Hansen über der Leiche des Weißen! --

Grausamkeit zeichnet die meisten Portugiesen in Westafrika ans, gewöhnlich
ist sie aber nur ein Moment der Erregung. Ein Sklave verschuldet das
Mißfallen seines Herrn, einige Faustschläge ins Gesicht und ans den Bauch, ein
Paar Fußtritte, eaetiorro, MKg, eka, -- Hund, H .. Sohn --, dann ist alles
wieder im alten Geleise. Der Schwarze hält still und empfängt die Schläge
ohne Klagelaut; es scheint, als ob der Muth des Weißen, der ja allein einer
Menge Sklaven gegenüber steht, den Schwarzen bezaubert, aber wie viele elende
Feiglinge giebt es unter den Grausamen! -- Oft aber nimmt diese Grausam¬
keit noch krassere, erschütterndere Formen an; nichts Verabscheuenswerther, als
die Verschwisterung vou Brutalität und Raffinement, welche sich in den Strafen
mancher westafrikanischen Häuser kund giebt! -- Ein Sklave stahl ein paar
Fische, vielleicht weil er hungrig war, vielleicht um sie gegen Ruin zu verkaufen.
Dafür wird er an einen Pfahl gebunden, zwei seiner handfesten Mitsklaven
stehen ihm zur Seite, bewaffnet mit der furchtbaren Flußpferdhautpeitsche, und
schlagen auf den konvulsivisch erzitternden Leib des Armen nach dem Komando
ihres Herrn, der Eine von der einen, der Andere von der andern Seite her.
"Va, lluos, ti'ks, quatro, einoo -- ass, -- vintcz" zählt der Weiße und im
sausenden Zug schneidet die Peitsche in das bald blutende Fleisch. Immer
weiter -- endlich Kasta! Nicht weit von der Faktorei steht ein Baum, an
dessen Stamm zahllose schwarze Beißameisen empor- und hinablaufen. Dort,
an diesen Stamm wird jetzt der Ohnmächtige gefesselt, die gereizten Thiere
fallen wüthend über ihn her und peinigen ihn mit ihren Bissen in seinen
Wunden, in den Augen, der Nase, den Ohren, auf dem ganzen Körper in das
schrecklichste Bewußtsein zurück. Ein furchtbares Schmerzgebrüll schallt zum
Himmel, bis es in wiehernden Schluchzen sich auflöst. Endlich wird der halb
Wahnsinnige losgeschnürt und seine Wunden mit Rum gewaschen; hoffentlich
wird er morgen wieder arbeiten können! -- Das klingt schrecklich, aber frage
den Weißen, ob er nicht glaube durch eine menschlichere Behandlung mehr zu
erreichen? und er wird dich verwundert anblicken und sagen: ,,0" non-os s5o
dsstüis!" --

Doch da stören uns Leute aus unseren Erinnerungen nud Betrachtungen;
es sind Eingeborene, die mit Pnlmöl, Palmkernen und Kautschuk zum Handel


scheimmg mit Körperkraft verbunden sind seine Waffen gegen etwaige Rache¬
gelüste seiner Sklaven oder der übrigen Eingeborenen. Mancher der Portugiesen
und der dort selten angesiedelten Spanier verschaffte sich früher als Sklaven¬
händler, jetzt als sklavenhaltender Kaufmann durch raffinirte Grausamkeit ein
fast übernatürliches Ansehen unter den Negern; aber doch ereilte auch ihn sein
Schicksal: heute'uoch eine blühende Faktorei, morgen ein rauchender Trümmer-
Hansen über der Leiche des Weißen! —

Grausamkeit zeichnet die meisten Portugiesen in Westafrika ans, gewöhnlich
ist sie aber nur ein Moment der Erregung. Ein Sklave verschuldet das
Mißfallen seines Herrn, einige Faustschläge ins Gesicht und ans den Bauch, ein
Paar Fußtritte, eaetiorro, MKg, eka, — Hund, H .. Sohn —, dann ist alles
wieder im alten Geleise. Der Schwarze hält still und empfängt die Schläge
ohne Klagelaut; es scheint, als ob der Muth des Weißen, der ja allein einer
Menge Sklaven gegenüber steht, den Schwarzen bezaubert, aber wie viele elende
Feiglinge giebt es unter den Grausamen! — Oft aber nimmt diese Grausam¬
keit noch krassere, erschütterndere Formen an; nichts Verabscheuenswerther, als
die Verschwisterung vou Brutalität und Raffinement, welche sich in den Strafen
mancher westafrikanischen Häuser kund giebt! — Ein Sklave stahl ein paar
Fische, vielleicht weil er hungrig war, vielleicht um sie gegen Ruin zu verkaufen.
Dafür wird er an einen Pfahl gebunden, zwei seiner handfesten Mitsklaven
stehen ihm zur Seite, bewaffnet mit der furchtbaren Flußpferdhautpeitsche, und
schlagen auf den konvulsivisch erzitternden Leib des Armen nach dem Komando
ihres Herrn, der Eine von der einen, der Andere von der andern Seite her.
„Va, lluos, ti'ks, quatro, einoo — ass, — vintcz" zählt der Weiße und im
sausenden Zug schneidet die Peitsche in das bald blutende Fleisch. Immer
weiter — endlich Kasta! Nicht weit von der Faktorei steht ein Baum, an
dessen Stamm zahllose schwarze Beißameisen empor- und hinablaufen. Dort,
an diesen Stamm wird jetzt der Ohnmächtige gefesselt, die gereizten Thiere
fallen wüthend über ihn her und peinigen ihn mit ihren Bissen in seinen
Wunden, in den Augen, der Nase, den Ohren, auf dem ganzen Körper in das
schrecklichste Bewußtsein zurück. Ein furchtbares Schmerzgebrüll schallt zum
Himmel, bis es in wiehernden Schluchzen sich auflöst. Endlich wird der halb
Wahnsinnige losgeschnürt und seine Wunden mit Rum gewaschen; hoffentlich
wird er morgen wieder arbeiten können! — Das klingt schrecklich, aber frage
den Weißen, ob er nicht glaube durch eine menschlichere Behandlung mehr zu
erreichen? und er wird dich verwundert anblicken und sagen: ,,0« non-os s5o
dsstüis!" —

Doch da stören uns Leute aus unseren Erinnerungen nud Betrachtungen;
es sind Eingeborene, die mit Pnlmöl, Palmkernen und Kautschuk zum Handel


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[0029] scheimmg mit Körperkraft verbunden sind seine Waffen gegen etwaige Rache¬ gelüste seiner Sklaven oder der übrigen Eingeborenen. Mancher der Portugiesen und der dort selten angesiedelten Spanier verschaffte sich früher als Sklaven¬ händler, jetzt als sklavenhaltender Kaufmann durch raffinirte Grausamkeit ein fast übernatürliches Ansehen unter den Negern; aber doch ereilte auch ihn sein Schicksal: heute'uoch eine blühende Faktorei, morgen ein rauchender Trümmer- Hansen über der Leiche des Weißen! — Grausamkeit zeichnet die meisten Portugiesen in Westafrika ans, gewöhnlich ist sie aber nur ein Moment der Erregung. Ein Sklave verschuldet das Mißfallen seines Herrn, einige Faustschläge ins Gesicht und ans den Bauch, ein Paar Fußtritte, eaetiorro, MKg, eka, — Hund, H .. Sohn —, dann ist alles wieder im alten Geleise. Der Schwarze hält still und empfängt die Schläge ohne Klagelaut; es scheint, als ob der Muth des Weißen, der ja allein einer Menge Sklaven gegenüber steht, den Schwarzen bezaubert, aber wie viele elende Feiglinge giebt es unter den Grausamen! — Oft aber nimmt diese Grausam¬ keit noch krassere, erschütterndere Formen an; nichts Verabscheuenswerther, als die Verschwisterung vou Brutalität und Raffinement, welche sich in den Strafen mancher westafrikanischen Häuser kund giebt! — Ein Sklave stahl ein paar Fische, vielleicht weil er hungrig war, vielleicht um sie gegen Ruin zu verkaufen. Dafür wird er an einen Pfahl gebunden, zwei seiner handfesten Mitsklaven stehen ihm zur Seite, bewaffnet mit der furchtbaren Flußpferdhautpeitsche, und schlagen auf den konvulsivisch erzitternden Leib des Armen nach dem Komando ihres Herrn, der Eine von der einen, der Andere von der andern Seite her. „Va, lluos, ti'ks, quatro, einoo — ass, — vintcz" zählt der Weiße und im sausenden Zug schneidet die Peitsche in das bald blutende Fleisch. Immer weiter — endlich Kasta! Nicht weit von der Faktorei steht ein Baum, an dessen Stamm zahllose schwarze Beißameisen empor- und hinablaufen. Dort, an diesen Stamm wird jetzt der Ohnmächtige gefesselt, die gereizten Thiere fallen wüthend über ihn her und peinigen ihn mit ihren Bissen in seinen Wunden, in den Augen, der Nase, den Ohren, auf dem ganzen Körper in das schrecklichste Bewußtsein zurück. Ein furchtbares Schmerzgebrüll schallt zum Himmel, bis es in wiehernden Schluchzen sich auflöst. Endlich wird der halb Wahnsinnige losgeschnürt und seine Wunden mit Rum gewaschen; hoffentlich wird er morgen wieder arbeiten können! — Das klingt schrecklich, aber frage den Weißen, ob er nicht glaube durch eine menschlichere Behandlung mehr zu erreichen? und er wird dich verwundert anblicken und sagen: ,,0« non-os s5o dsstüis!" — Doch da stören uns Leute aus unseren Erinnerungen nud Betrachtungen; es sind Eingeborene, die mit Pnlmöl, Palmkernen und Kautschuk zum Handel

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/29>, abgerufen am 22.07.2024.