Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

hat. Auch wird, was die letztere anbelangt, die außerordentliche Steuer von
30°/g vom 15. August 1867 nur von jenem Theil der Rente erhoben, der bei
den Domherrenstellen die Summe von 800 Lire übersteigt, und dergleichen mehr.
Die Bevorzugung der in Rom und den 6 Subnrbikardiöcesen aufgehobenen oder
weiter bestehenden geistlichen Körperschaften ist in allen Stücken evident.

In Ausführung der entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes vom 19.
Juni 1873 hat der Liquidationsausschuß der römischen Stadtverwaltung ein
Hospital mit Gütern im Werth von über einer Million übergeben. Die Armen¬
pflege bekam ein Hans, eine Rente von beinahe 5000 Lire und 42,000 Lire
auf verschiedene Male als Geschenk. Für die Zwecke des Schulunterrichts
wurden dem Municipium vorschußweise 150,000 Lire überwiesen, der mittlere
und höhere Unterricht kostete dem Liquidationsausschnsse beinahe 200,000 Lire.
Die Vervollständigung der Dotation der Pfarreien, von denen keine die Summe
von 3000 Lire übersteigen soll, hat bis jetzt einen Aufwand von etwas über
100,000 Lire erfordert. Sachverständige finden, daß man in diesem Punkte
im Verhältniß zum Besitz zu freigebig gewesen sei. Für den Unterhalt der in
Rom residirenden Vertretungen der im Auslande fortdauernden Orden wurden
bis jetzt 135,000 Lire, 60,000 pro Jahr im Namen des Kardinalvikars er¬
hoben. Das Gesetz kennt für diesen Zweck, nach Annahme des in der parla¬
mentarischen Geschichte berühmten Amendements Ricasoli, eine Rente bis zu
400,000 Lire. Der Kardinalvikar hat kürzlich bei den Gerichten auf diese
Maximalsumme geklagt, damit keine Verjährung eintrete. Dem Wortlaut des
Gesetzes nach stünde die Erhebung der Summe in erster Linie dem heiligen
Stuhle zu, der die Annahme der ihm im sogenannten Garantiengesetz vom
13. Mai 1871 bewilligten Dotation von 3,225,000 Lire vorerst verweigert, so
daß seit dein Ablauf des fünften Jahres jedes Semester die entsprechende
Summe verjährt. Bekannt ist, daß die Vertretungen, mit Ausnahme des nach
Florenz übergesiedelten Generalats der Jesuiten, in ihren Klöstern fortwohnen
dürfen, doch nur bis zum Ableben der jetzigen Oberen. Beinahe 800,000 Lire
sind für Kultusausgaben und für den Unterhalt von Geistlichen und kirchlichen
Gebäuden in Rechnung gestellt, mehr als 675,000 kommen davon auf den
Neubau der Basilika Se. Paul fuore le aura.

Die Ausgabe, die vielleicht am meisten zu denken gibt, ist die aus Furcht
vor Prozessen geleistete Zahlung von Buchschulden im Belaufe von 1,229,3^0
Lire. Die religiösen Körperschaften zahlten ihre Lieferanten von Nahrungs¬
mitteln und Kleidern nicht mehr, sobald sie hörten, daß die Aufhebung auch
sie treffen würde.

Die aufgehobenen Klöster hatten von den 323 römischen Kirchen 126 inne,
nur 7 wurden aus Gründen des öffentlichen Dienstes geschlossen, wegen der


Grenzboten III. 1S73. 34

hat. Auch wird, was die letztere anbelangt, die außerordentliche Steuer von
30°/g vom 15. August 1867 nur von jenem Theil der Rente erhoben, der bei
den Domherrenstellen die Summe von 800 Lire übersteigt, und dergleichen mehr.
Die Bevorzugung der in Rom und den 6 Subnrbikardiöcesen aufgehobenen oder
weiter bestehenden geistlichen Körperschaften ist in allen Stücken evident.

In Ausführung der entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes vom 19.
Juni 1873 hat der Liquidationsausschuß der römischen Stadtverwaltung ein
Hospital mit Gütern im Werth von über einer Million übergeben. Die Armen¬
pflege bekam ein Hans, eine Rente von beinahe 5000 Lire und 42,000 Lire
auf verschiedene Male als Geschenk. Für die Zwecke des Schulunterrichts
wurden dem Municipium vorschußweise 150,000 Lire überwiesen, der mittlere
und höhere Unterricht kostete dem Liquidationsausschnsse beinahe 200,000 Lire.
Die Vervollständigung der Dotation der Pfarreien, von denen keine die Summe
von 3000 Lire übersteigen soll, hat bis jetzt einen Aufwand von etwas über
100,000 Lire erfordert. Sachverständige finden, daß man in diesem Punkte
im Verhältniß zum Besitz zu freigebig gewesen sei. Für den Unterhalt der in
Rom residirenden Vertretungen der im Auslande fortdauernden Orden wurden
bis jetzt 135,000 Lire, 60,000 pro Jahr im Namen des Kardinalvikars er¬
hoben. Das Gesetz kennt für diesen Zweck, nach Annahme des in der parla¬
mentarischen Geschichte berühmten Amendements Ricasoli, eine Rente bis zu
400,000 Lire. Der Kardinalvikar hat kürzlich bei den Gerichten auf diese
Maximalsumme geklagt, damit keine Verjährung eintrete. Dem Wortlaut des
Gesetzes nach stünde die Erhebung der Summe in erster Linie dem heiligen
Stuhle zu, der die Annahme der ihm im sogenannten Garantiengesetz vom
13. Mai 1871 bewilligten Dotation von 3,225,000 Lire vorerst verweigert, so
daß seit dein Ablauf des fünften Jahres jedes Semester die entsprechende
Summe verjährt. Bekannt ist, daß die Vertretungen, mit Ausnahme des nach
Florenz übergesiedelten Generalats der Jesuiten, in ihren Klöstern fortwohnen
dürfen, doch nur bis zum Ableben der jetzigen Oberen. Beinahe 800,000 Lire
sind für Kultusausgaben und für den Unterhalt von Geistlichen und kirchlichen
Gebäuden in Rechnung gestellt, mehr als 675,000 kommen davon auf den
Neubau der Basilika Se. Paul fuore le aura.

Die Ausgabe, die vielleicht am meisten zu denken gibt, ist die aus Furcht
vor Prozessen geleistete Zahlung von Buchschulden im Belaufe von 1,229,3^0
Lire. Die religiösen Körperschaften zahlten ihre Lieferanten von Nahrungs¬
mitteln und Kleidern nicht mehr, sobald sie hörten, daß die Aufhebung auch
sie treffen würde.

Die aufgehobenen Klöster hatten von den 323 römischen Kirchen 126 inne,
nur 7 wurden aus Gründen des öffentlichen Dienstes geschlossen, wegen der


Grenzboten III. 1S73. 34
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0273" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140624"/>
          <p xml:id="ID_820" prev="#ID_819"> hat. Auch wird, was die letztere anbelangt, die außerordentliche Steuer von<lb/>
30°/g vom 15. August 1867 nur von jenem Theil der Rente erhoben, der bei<lb/>
den Domherrenstellen die Summe von 800 Lire übersteigt, und dergleichen mehr.<lb/>
Die Bevorzugung der in Rom und den 6 Subnrbikardiöcesen aufgehobenen oder<lb/>
weiter bestehenden geistlichen Körperschaften ist in allen Stücken evident.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_821"> In Ausführung der entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes vom 19.<lb/>
Juni 1873 hat der Liquidationsausschuß der römischen Stadtverwaltung ein<lb/>
Hospital mit Gütern im Werth von über einer Million übergeben. Die Armen¬<lb/>
pflege bekam ein Hans, eine Rente von beinahe 5000 Lire und 42,000 Lire<lb/>
auf verschiedene Male als Geschenk. Für die Zwecke des Schulunterrichts<lb/>
wurden dem Municipium vorschußweise 150,000 Lire überwiesen, der mittlere<lb/>
und höhere Unterricht kostete dem Liquidationsausschnsse beinahe 200,000 Lire.<lb/>
Die Vervollständigung der Dotation der Pfarreien, von denen keine die Summe<lb/>
von 3000 Lire übersteigen soll, hat bis jetzt einen Aufwand von etwas über<lb/>
100,000 Lire erfordert. Sachverständige finden, daß man in diesem Punkte<lb/>
im Verhältniß zum Besitz zu freigebig gewesen sei. Für den Unterhalt der in<lb/>
Rom residirenden Vertretungen der im Auslande fortdauernden Orden wurden<lb/>
bis jetzt 135,000 Lire, 60,000 pro Jahr im Namen des Kardinalvikars er¬<lb/>
hoben. Das Gesetz kennt für diesen Zweck, nach Annahme des in der parla¬<lb/>
mentarischen Geschichte berühmten Amendements Ricasoli, eine Rente bis zu<lb/>
400,000 Lire. Der Kardinalvikar hat kürzlich bei den Gerichten auf diese<lb/>
Maximalsumme geklagt, damit keine Verjährung eintrete. Dem Wortlaut des<lb/>
Gesetzes nach stünde die Erhebung der Summe in erster Linie dem heiligen<lb/>
Stuhle zu, der die Annahme der ihm im sogenannten Garantiengesetz vom<lb/>
13. Mai 1871 bewilligten Dotation von 3,225,000 Lire vorerst verweigert, so<lb/>
daß seit dein Ablauf des fünften Jahres jedes Semester die entsprechende<lb/>
Summe verjährt. Bekannt ist, daß die Vertretungen, mit Ausnahme des nach<lb/>
Florenz übergesiedelten Generalats der Jesuiten, in ihren Klöstern fortwohnen<lb/>
dürfen, doch nur bis zum Ableben der jetzigen Oberen. Beinahe 800,000 Lire<lb/>
sind für Kultusausgaben und für den Unterhalt von Geistlichen und kirchlichen<lb/>
Gebäuden in Rechnung gestellt, mehr als 675,000 kommen davon auf den<lb/>
Neubau der Basilika Se. Paul fuore le aura.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_822"> Die Ausgabe, die vielleicht am meisten zu denken gibt, ist die aus Furcht<lb/>
vor Prozessen geleistete Zahlung von Buchschulden im Belaufe von 1,229,3^0<lb/>
Lire. Die religiösen Körperschaften zahlten ihre Lieferanten von Nahrungs¬<lb/>
mitteln und Kleidern nicht mehr, sobald sie hörten, daß die Aufhebung auch<lb/>
sie treffen würde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_823" next="#ID_824"> Die aufgehobenen Klöster hatten von den 323 römischen Kirchen 126 inne,<lb/>
nur 7 wurden aus Gründen des öffentlichen Dienstes geschlossen, wegen der</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1S73. 34</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0273] hat. Auch wird, was die letztere anbelangt, die außerordentliche Steuer von 30°/g vom 15. August 1867 nur von jenem Theil der Rente erhoben, der bei den Domherrenstellen die Summe von 800 Lire übersteigt, und dergleichen mehr. Die Bevorzugung der in Rom und den 6 Subnrbikardiöcesen aufgehobenen oder weiter bestehenden geistlichen Körperschaften ist in allen Stücken evident. In Ausführung der entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes vom 19. Juni 1873 hat der Liquidationsausschuß der römischen Stadtverwaltung ein Hospital mit Gütern im Werth von über einer Million übergeben. Die Armen¬ pflege bekam ein Hans, eine Rente von beinahe 5000 Lire und 42,000 Lire auf verschiedene Male als Geschenk. Für die Zwecke des Schulunterrichts wurden dem Municipium vorschußweise 150,000 Lire überwiesen, der mittlere und höhere Unterricht kostete dem Liquidationsausschnsse beinahe 200,000 Lire. Die Vervollständigung der Dotation der Pfarreien, von denen keine die Summe von 3000 Lire übersteigen soll, hat bis jetzt einen Aufwand von etwas über 100,000 Lire erfordert. Sachverständige finden, daß man in diesem Punkte im Verhältniß zum Besitz zu freigebig gewesen sei. Für den Unterhalt der in Rom residirenden Vertretungen der im Auslande fortdauernden Orden wurden bis jetzt 135,000 Lire, 60,000 pro Jahr im Namen des Kardinalvikars er¬ hoben. Das Gesetz kennt für diesen Zweck, nach Annahme des in der parla¬ mentarischen Geschichte berühmten Amendements Ricasoli, eine Rente bis zu 400,000 Lire. Der Kardinalvikar hat kürzlich bei den Gerichten auf diese Maximalsumme geklagt, damit keine Verjährung eintrete. Dem Wortlaut des Gesetzes nach stünde die Erhebung der Summe in erster Linie dem heiligen Stuhle zu, der die Annahme der ihm im sogenannten Garantiengesetz vom 13. Mai 1871 bewilligten Dotation von 3,225,000 Lire vorerst verweigert, so daß seit dein Ablauf des fünften Jahres jedes Semester die entsprechende Summe verjährt. Bekannt ist, daß die Vertretungen, mit Ausnahme des nach Florenz übergesiedelten Generalats der Jesuiten, in ihren Klöstern fortwohnen dürfen, doch nur bis zum Ableben der jetzigen Oberen. Beinahe 800,000 Lire sind für Kultusausgaben und für den Unterhalt von Geistlichen und kirchlichen Gebäuden in Rechnung gestellt, mehr als 675,000 kommen davon auf den Neubau der Basilika Se. Paul fuore le aura. Die Ausgabe, die vielleicht am meisten zu denken gibt, ist die aus Furcht vor Prozessen geleistete Zahlung von Buchschulden im Belaufe von 1,229,3^0 Lire. Die religiösen Körperschaften zahlten ihre Lieferanten von Nahrungs¬ mitteln und Kleidern nicht mehr, sobald sie hörten, daß die Aufhebung auch sie treffen würde. Die aufgehobenen Klöster hatten von den 323 römischen Kirchen 126 inne, nur 7 wurden aus Gründen des öffentlichen Dienstes geschlossen, wegen der Grenzboten III. 1S73. 34

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/273
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/273>, abgerufen am 22.07.2024.