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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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rätherischen Templer Robert von Se. Athem, welcher zu Saladin übergelaufen
war und ein sarazenisches Heer gegen Jerusalem führte, von den Kreuzrittern
aber erschlage" wurde.

Die Zeitereignisse um 1187 konnten noch ausgiebiger für die Erklärung
des Gedichtes herangezogen werden; aber aus dem Angeführten wird schon
zur Genüge klar, wie der Dichter "wesentliche Bestandtheile seiner Erzählung
aus dem Wissen und Leben der Gegenwart, aus der Geschichte seiner Zeit
entnahm und sie mit den Elementen der alten Sage von dem Seekönig Orendel
zu einem phantastischen Ganzen verband".

Im Jahre 1512 bewirkte Kaiser Maximilian eine öffentliche Schaustellung
des heiligen Rockes, der lange im Hochaltar der trierischen .Kirche verborgen
gewesen war. Das dadurch für die Geschichte jenes Rockes erwachte Interesse
benutzte ein spekulativer Buchhändler, Haus Froschauer in Augsburg, und
brachte unser Spielmannsgedicht, mit Holzschnitten schön verziert, von Neuem
auf den Markt. Damals also lebte noch die Geschichte vom heiligen Rock,
wie sie das Gedicht erzählt, in der Volkstradition fort.

Die andere Tradition, daß die trierische Kirche seit den Zeiten Constantin's
im Besitze des ungenähten Rockes sei, daß die heilige Helena, die Mutter dieses
Kaisers, ihn uach ihrer Rückkehr aus dem heiligen Lande jener Kirche aus be¬
sonderer Anhänglichkeit an Trier als ihre Vaterstadt geschenkt habe, kam erst
später durch den Einfluß des katholischen Klerus zur ausschließlichen Geltung.




Stanley's Keife durch Afrika.*)
Zanzibar. -- Ausrüstung. -- Die Wcmgwcma und Wanycimwczi. -- Abschied. II.

Vom 21. September bis zum 12. November 1874 verweilte Stanley in
Zanzibar, um hier alle Vorbereitungen für die Abreise nach dem "dunkeln
Kontinent" in Muße zu treffen. Mit Rücksicht auf die herannahende Regen¬
zeit war der Aufenthalt vielleicht etwas zu lang ausgesponnen. Die Opfer,
welche die ersten Wochen und Monate der Stanley'scheu Reise forderten, wären
bei zeitigen, unter günstigeren klimatischen Verhältnissen erfolgten: Aufbruch
theilweise wenigstens vielleicht erspart worden. Aber um aus diesem Grunde
einen Vorwurf zu erheben gegen den erfahrenen und umsichtigen Führer der



') "Durch den dunkeln Welttheil"; 1. Band, F. A. Vrockhaus, Leipzig 1878.

rätherischen Templer Robert von Se. Athem, welcher zu Saladin übergelaufen
war und ein sarazenisches Heer gegen Jerusalem führte, von den Kreuzrittern
aber erschlage« wurde.

Die Zeitereignisse um 1187 konnten noch ausgiebiger für die Erklärung
des Gedichtes herangezogen werden; aber aus dem Angeführten wird schon
zur Genüge klar, wie der Dichter „wesentliche Bestandtheile seiner Erzählung
aus dem Wissen und Leben der Gegenwart, aus der Geschichte seiner Zeit
entnahm und sie mit den Elementen der alten Sage von dem Seekönig Orendel
zu einem phantastischen Ganzen verband".

Im Jahre 1512 bewirkte Kaiser Maximilian eine öffentliche Schaustellung
des heiligen Rockes, der lange im Hochaltar der trierischen .Kirche verborgen
gewesen war. Das dadurch für die Geschichte jenes Rockes erwachte Interesse
benutzte ein spekulativer Buchhändler, Haus Froschauer in Augsburg, und
brachte unser Spielmannsgedicht, mit Holzschnitten schön verziert, von Neuem
auf den Markt. Damals also lebte noch die Geschichte vom heiligen Rock,
wie sie das Gedicht erzählt, in der Volkstradition fort.

Die andere Tradition, daß die trierische Kirche seit den Zeiten Constantin's
im Besitze des ungenähten Rockes sei, daß die heilige Helena, die Mutter dieses
Kaisers, ihn uach ihrer Rückkehr aus dem heiligen Lande jener Kirche aus be¬
sonderer Anhänglichkeit an Trier als ihre Vaterstadt geschenkt habe, kam erst
später durch den Einfluß des katholischen Klerus zur ausschließlichen Geltung.




Stanley's Keife durch Afrika.*)
Zanzibar. — Ausrüstung. — Die Wcmgwcma und Wanycimwczi. — Abschied. II.

Vom 21. September bis zum 12. November 1874 verweilte Stanley in
Zanzibar, um hier alle Vorbereitungen für die Abreise nach dem „dunkeln
Kontinent" in Muße zu treffen. Mit Rücksicht auf die herannahende Regen¬
zeit war der Aufenthalt vielleicht etwas zu lang ausgesponnen. Die Opfer,
welche die ersten Wochen und Monate der Stanley'scheu Reise forderten, wären
bei zeitigen, unter günstigeren klimatischen Verhältnissen erfolgten: Aufbruch
theilweise wenigstens vielleicht erspart worden. Aber um aus diesem Grunde
einen Vorwurf zu erheben gegen den erfahrenen und umsichtigen Führer der



') „Durch den dunkeln Welttheil"; 1. Band, F. A. Vrockhaus, Leipzig 1878.
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[0234] rätherischen Templer Robert von Se. Athem, welcher zu Saladin übergelaufen war und ein sarazenisches Heer gegen Jerusalem führte, von den Kreuzrittern aber erschlage« wurde. Die Zeitereignisse um 1187 konnten noch ausgiebiger für die Erklärung des Gedichtes herangezogen werden; aber aus dem Angeführten wird schon zur Genüge klar, wie der Dichter „wesentliche Bestandtheile seiner Erzählung aus dem Wissen und Leben der Gegenwart, aus der Geschichte seiner Zeit entnahm und sie mit den Elementen der alten Sage von dem Seekönig Orendel zu einem phantastischen Ganzen verband". Im Jahre 1512 bewirkte Kaiser Maximilian eine öffentliche Schaustellung des heiligen Rockes, der lange im Hochaltar der trierischen .Kirche verborgen gewesen war. Das dadurch für die Geschichte jenes Rockes erwachte Interesse benutzte ein spekulativer Buchhändler, Haus Froschauer in Augsburg, und brachte unser Spielmannsgedicht, mit Holzschnitten schön verziert, von Neuem auf den Markt. Damals also lebte noch die Geschichte vom heiligen Rock, wie sie das Gedicht erzählt, in der Volkstradition fort. Die andere Tradition, daß die trierische Kirche seit den Zeiten Constantin's im Besitze des ungenähten Rockes sei, daß die heilige Helena, die Mutter dieses Kaisers, ihn uach ihrer Rückkehr aus dem heiligen Lande jener Kirche aus be¬ sonderer Anhänglichkeit an Trier als ihre Vaterstadt geschenkt habe, kam erst später durch den Einfluß des katholischen Klerus zur ausschließlichen Geltung. Stanley's Keife durch Afrika.*) Zanzibar. — Ausrüstung. — Die Wcmgwcma und Wanycimwczi. — Abschied. II. Vom 21. September bis zum 12. November 1874 verweilte Stanley in Zanzibar, um hier alle Vorbereitungen für die Abreise nach dem „dunkeln Kontinent" in Muße zu treffen. Mit Rücksicht auf die herannahende Regen¬ zeit war der Aufenthalt vielleicht etwas zu lang ausgesponnen. Die Opfer, welche die ersten Wochen und Monate der Stanley'scheu Reise forderten, wären bei zeitigen, unter günstigeren klimatischen Verhältnissen erfolgten: Aufbruch theilweise wenigstens vielleicht erspart worden. Aber um aus diesem Grunde einen Vorwurf zu erheben gegen den erfahrenen und umsichtigen Führer der ') „Durch den dunkeln Welttheil"; 1. Band, F. A. Vrockhaus, Leipzig 1878.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/234>, abgerufen am 22.07.2024.