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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Ermangelung zwischen zwei Steinen, den Weizen zerrieb. Später führte jede
Zeltkameradschaft (clöorrria) eine tragbare Mühle auf Maulthieren mit sich,
und man bereitete statt des Breies Kuchen von Weizen, den man über Kohlen
geröstet, dann gemahlen und endlich unter der Asche gebacken hatte. Mehl¬
speisen blieben immer die Hauptnahrung des römischen Kriegers, und sowohl
Cäsar wie Tacitus schildern es gelegentlich als eine große Noth, wenn die
Soldaten ein paar Tage ohne Mehl waren und von frischem Fleische leben
mußten. Truppentheilen, die sich schlecht benommen hatten, wurde zuweilen
Gerste statt des Weizens verabreicht; Vegetius zufolge wendete man dieses
Strafmittel sogar gegenüber ungelehrigen Rekruten an.

Der gewöhnliche Trank war die angeblich sehr gesunde xosoa, d. h. mit
Weinessig vermischtes Wasser. Jeder Soldat führte solchen Essig bei sich. Wein
war verboten").

Der Weizen wurde den Soldaten gegen Einbehaltung eines Theiles des
Soldes, mit monatlich 4 Scheffeln geliefert; ebenso das Salz, nach welchem
die ganze Portion den Namen 8g.1g.ron (sg.1g.irs) empfing. Fleisch und
Gemüse wurden nur sehr selten geliefert, sondern von den Marketendern bezogen,
deren jeder Legion eine Anzahl zugetheilt waren. Ein Centurio empfing
das doppelte, der Tribun das vierfache 8g.1gr1v.ro..

Zu Polybivs' Zeiten (also im 2. Jhrdt.) betrug der Sold (stlxsiräwirr) des
Legionärs täglich 2 Oboleu (27 Pfg.) also jährlich 120 Denare, während der
des griechischen Soldaten 4 Obolen täglich betrug. Von jenen 120 Denaren
wurden dem Mann aber jährlich wenigstens 26 D. für Weizen abgezogen;
und dazu kamen bei denen, die sich nicht selbst völlig ausgestattet, auch noch
Abzüge für Kleidung und Rüstung.^) Der baare Sold, welcher halbjährlich
oder jährlich bezahlt wurde, das 8glgrwra eingerechnet, betrug ungefähr so
viel, wie der römische Tagesarbeiter durchschnittlich verdiente.

Der römische Soldat war also allerdings besoldet; aber nicht in dem
Maße, daß die Löhnung an sich eine Lockung war. Dies war für den Cha¬
rakter der Armee von großer Bedeutung; denn der einzelne Legionär war in
Folge dessen in hohem Maße auf seine eigene Wirthschaftlichkeit angewiesen,
und er konnte das um so sicherer sein, als er ja stets von einer eigenen Wirth¬
schaft herkam und also die Aufgaben einer solchen kannte.






v. Baumami a. a. O.
"
) Plutarch zufolge brachte C. Gracchus ein Gesetz durch, daß wenigstens die Kleidung
den Soldaten umsonst geliefert werden sollte; dies wird sich aber wohl nur auf die that
sächlich ganz Unvermögenden bezogen haben, da noch Tacitus deu aufrührerischen pnnnoni'
scheu Soldaten nach dem Tode des August die Klage in den Mund legt: ihr Leib und
Leben werde ans nicht mehr als täglich 10 (7N Pfg,) geschätzt, und damit sei noch der
(Göll a. a. O,). Aufwand fiir Kleider, Dienstnrlanb, Waffen und Zelte zu bestreiten

Ermangelung zwischen zwei Steinen, den Weizen zerrieb. Später führte jede
Zeltkameradschaft (clöorrria) eine tragbare Mühle auf Maulthieren mit sich,
und man bereitete statt des Breies Kuchen von Weizen, den man über Kohlen
geröstet, dann gemahlen und endlich unter der Asche gebacken hatte. Mehl¬
speisen blieben immer die Hauptnahrung des römischen Kriegers, und sowohl
Cäsar wie Tacitus schildern es gelegentlich als eine große Noth, wenn die
Soldaten ein paar Tage ohne Mehl waren und von frischem Fleische leben
mußten. Truppentheilen, die sich schlecht benommen hatten, wurde zuweilen
Gerste statt des Weizens verabreicht; Vegetius zufolge wendete man dieses
Strafmittel sogar gegenüber ungelehrigen Rekruten an.

Der gewöhnliche Trank war die angeblich sehr gesunde xosoa, d. h. mit
Weinessig vermischtes Wasser. Jeder Soldat führte solchen Essig bei sich. Wein
war verboten").

Der Weizen wurde den Soldaten gegen Einbehaltung eines Theiles des
Soldes, mit monatlich 4 Scheffeln geliefert; ebenso das Salz, nach welchem
die ganze Portion den Namen 8g.1g.ron (sg.1g.irs) empfing. Fleisch und
Gemüse wurden nur sehr selten geliefert, sondern von den Marketendern bezogen,
deren jeder Legion eine Anzahl zugetheilt waren. Ein Centurio empfing
das doppelte, der Tribun das vierfache 8g.1gr1v.ro..

Zu Polybivs' Zeiten (also im 2. Jhrdt.) betrug der Sold (stlxsiräwirr) des
Legionärs täglich 2 Oboleu (27 Pfg.) also jährlich 120 Denare, während der
des griechischen Soldaten 4 Obolen täglich betrug. Von jenen 120 Denaren
wurden dem Mann aber jährlich wenigstens 26 D. für Weizen abgezogen;
und dazu kamen bei denen, die sich nicht selbst völlig ausgestattet, auch noch
Abzüge für Kleidung und Rüstung.^) Der baare Sold, welcher halbjährlich
oder jährlich bezahlt wurde, das 8glgrwra eingerechnet, betrug ungefähr so
viel, wie der römische Tagesarbeiter durchschnittlich verdiente.

Der römische Soldat war also allerdings besoldet; aber nicht in dem
Maße, daß die Löhnung an sich eine Lockung war. Dies war für den Cha¬
rakter der Armee von großer Bedeutung; denn der einzelne Legionär war in
Folge dessen in hohem Maße auf seine eigene Wirthschaftlichkeit angewiesen,
und er konnte das um so sicherer sein, als er ja stets von einer eigenen Wirth¬
schaft herkam und also die Aufgaben einer solchen kannte.






v. Baumami a. a. O.
"
) Plutarch zufolge brachte C. Gracchus ein Gesetz durch, daß wenigstens die Kleidung
den Soldaten umsonst geliefert werden sollte; dies wird sich aber wohl nur auf die that
sächlich ganz Unvermögenden bezogen haben, da noch Tacitus deu aufrührerischen pnnnoni'
scheu Soldaten nach dem Tode des August die Klage in den Mund legt: ihr Leib und
Leben werde ans nicht mehr als täglich 10 (7N Pfg,) geschätzt, und damit sei noch der
(Göll a. a. O,). Aufwand fiir Kleider, Dienstnrlanb, Waffen und Zelte zu bestreiten
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[0226] Ermangelung zwischen zwei Steinen, den Weizen zerrieb. Später führte jede Zeltkameradschaft (clöorrria) eine tragbare Mühle auf Maulthieren mit sich, und man bereitete statt des Breies Kuchen von Weizen, den man über Kohlen geröstet, dann gemahlen und endlich unter der Asche gebacken hatte. Mehl¬ speisen blieben immer die Hauptnahrung des römischen Kriegers, und sowohl Cäsar wie Tacitus schildern es gelegentlich als eine große Noth, wenn die Soldaten ein paar Tage ohne Mehl waren und von frischem Fleische leben mußten. Truppentheilen, die sich schlecht benommen hatten, wurde zuweilen Gerste statt des Weizens verabreicht; Vegetius zufolge wendete man dieses Strafmittel sogar gegenüber ungelehrigen Rekruten an. Der gewöhnliche Trank war die angeblich sehr gesunde xosoa, d. h. mit Weinessig vermischtes Wasser. Jeder Soldat führte solchen Essig bei sich. Wein war verboten"). Der Weizen wurde den Soldaten gegen Einbehaltung eines Theiles des Soldes, mit monatlich 4 Scheffeln geliefert; ebenso das Salz, nach welchem die ganze Portion den Namen 8g.1g.ron (sg.1g.irs) empfing. Fleisch und Gemüse wurden nur sehr selten geliefert, sondern von den Marketendern bezogen, deren jeder Legion eine Anzahl zugetheilt waren. Ein Centurio empfing das doppelte, der Tribun das vierfache 8g.1gr1v.ro.. Zu Polybivs' Zeiten (also im 2. Jhrdt.) betrug der Sold (stlxsiräwirr) des Legionärs täglich 2 Oboleu (27 Pfg.) also jährlich 120 Denare, während der des griechischen Soldaten 4 Obolen täglich betrug. Von jenen 120 Denaren wurden dem Mann aber jährlich wenigstens 26 D. für Weizen abgezogen; und dazu kamen bei denen, die sich nicht selbst völlig ausgestattet, auch noch Abzüge für Kleidung und Rüstung.^) Der baare Sold, welcher halbjährlich oder jährlich bezahlt wurde, das 8glgrwra eingerechnet, betrug ungefähr so viel, wie der römische Tagesarbeiter durchschnittlich verdiente. Der römische Soldat war also allerdings besoldet; aber nicht in dem Maße, daß die Löhnung an sich eine Lockung war. Dies war für den Cha¬ rakter der Armee von großer Bedeutung; denn der einzelne Legionär war in Folge dessen in hohem Maße auf seine eigene Wirthschaftlichkeit angewiesen, und er konnte das um so sicherer sein, als er ja stets von einer eigenen Wirth¬ schaft herkam und also die Aufgaben einer solchen kannte. v. Baumami a. a. O. " ) Plutarch zufolge brachte C. Gracchus ein Gesetz durch, daß wenigstens die Kleidung den Soldaten umsonst geliefert werden sollte; dies wird sich aber wohl nur auf die that sächlich ganz Unvermögenden bezogen haben, da noch Tacitus deu aufrührerischen pnnnoni' scheu Soldaten nach dem Tode des August die Klage in den Mund legt: ihr Leib und Leben werde ans nicht mehr als täglich 10 (7N Pfg,) geschätzt, und damit sei noch der (Göll a. a. O,). Aufwand fiir Kleider, Dienstnrlanb, Waffen und Zelte zu bestreiten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/226>, abgerufen am 25.08.2024.