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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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in diesem Schloß gehalten hätte. Der Kurfürst ließ die Predigt einfordern,
und wie die Tumultuanten in Berlin auf Befehl des Kurfürsten ungestraft
blieben, so kam Behm mit einem Verweis davon.

Nun ließ König Sigismund III. von Polen durch seine Kommissare die
Stände in Königsberg zusammenrufen. Ein Schreiben des Königs ward vor¬
gelesen, worin der Unterschied der Religion als die Quelle aller Unordnungen
in Preußen genannt wurde und von der Abhaltung des heiligen Abendmahls
nach reformirter Weise im Schloß gesagt wurde, daß sie dem Landesrecht von
1612 zuwider sei, nach welchem alle diejenigen gestraft werden sollten, welche
eine andere als die katholische oder Augsburgische Religion bekennen würden.
Der Kurfürst berief sich daraus, daß sein Gottesdienst kein öffentlicher, sondern
nur eine Privatandacht sei, worin er sich nie zu etwas verbunden habe. Trotz¬
dem verordnete der Landtagsabschied, daß im Lande keine andere als die katho¬
lische und die Augsburgische Religion gelehrt und geübt werden dürfe. Wer
ein Amt haben wolle, müsse katholisch sein oder doch dem Calvinismus entsagen.

Noch einmal gab der Kurfürst eine Verantwortungsschrift seines Glaubens
deutsch und lateinisch heraus. Die Königsberger Geistlichkeit erwiederte mit
einer Gegenschrift, in welcher sie auf dem ersten Blatt die Worte aus den
Statuten der Universität abdrucken ließ, daß Niemandem erlaubt sein solle,
Schriften in öffentlichen Druck zu geben ohne Erlaubniß des Rektors und der
Inspektoren; wer dawider handle, solle des Herrn Rektors willkürlicher Strafe
unterworfen sein.

Schon 1613 hatte den Kurfürsten bei einem Aufenthalte in Preußen ein
leichter Schlaganfall getroffen, von dein er sich nicht ganz wieder erholte. Sechs
Jahre nach seinem Uebertritt zur reformirten Kirche übergab er feinem Sohn
die Regierung, zog in ein Privathaus und starb nach einem Monat, erst 4et
Jahre alt, aber des Lebens müde.

So tief war durch den Uebertritt Johann Sigismund's zur reformirten
Kirche die lutherische Bevölkerung erregt, daß man in Brandenburg, als ein
Jahr vor dem Tode des Kurfürsten in Böhmen der dreißigjährige Krieg aus-
gebrochen war, dem Kaiser den Sieg über die Böhmen, also über die prote¬
stantischen Glaubensgenossen wünschte, nur weil diese der reformirten Kirche
angehörten.

Dem neuen Kurfürsten Georg Wilhelm versagten die Stände in Preußen
die Erbhuldigung, weil er reformirten Glaubens sei. Er war ein haltloser
Mann, der in diesen schwierigen Kriegszeiten schwankend und meist fehlgreifend
einem Katholiken, dem Kanzler Adam von Schwarzenberg, die Regierung an¬
vertraute. Als der Kurfürst einer Schaar von 2 -MM englischen Soldaten,
welche König Jakob von England seinem Schwiegersohn, dem Winterkönig, zu


in diesem Schloß gehalten hätte. Der Kurfürst ließ die Predigt einfordern,
und wie die Tumultuanten in Berlin auf Befehl des Kurfürsten ungestraft
blieben, so kam Behm mit einem Verweis davon.

Nun ließ König Sigismund III. von Polen durch seine Kommissare die
Stände in Königsberg zusammenrufen. Ein Schreiben des Königs ward vor¬
gelesen, worin der Unterschied der Religion als die Quelle aller Unordnungen
in Preußen genannt wurde und von der Abhaltung des heiligen Abendmahls
nach reformirter Weise im Schloß gesagt wurde, daß sie dem Landesrecht von
1612 zuwider sei, nach welchem alle diejenigen gestraft werden sollten, welche
eine andere als die katholische oder Augsburgische Religion bekennen würden.
Der Kurfürst berief sich daraus, daß sein Gottesdienst kein öffentlicher, sondern
nur eine Privatandacht sei, worin er sich nie zu etwas verbunden habe. Trotz¬
dem verordnete der Landtagsabschied, daß im Lande keine andere als die katho¬
lische und die Augsburgische Religion gelehrt und geübt werden dürfe. Wer
ein Amt haben wolle, müsse katholisch sein oder doch dem Calvinismus entsagen.

Noch einmal gab der Kurfürst eine Verantwortungsschrift seines Glaubens
deutsch und lateinisch heraus. Die Königsberger Geistlichkeit erwiederte mit
einer Gegenschrift, in welcher sie auf dem ersten Blatt die Worte aus den
Statuten der Universität abdrucken ließ, daß Niemandem erlaubt sein solle,
Schriften in öffentlichen Druck zu geben ohne Erlaubniß des Rektors und der
Inspektoren; wer dawider handle, solle des Herrn Rektors willkürlicher Strafe
unterworfen sein.

Schon 1613 hatte den Kurfürsten bei einem Aufenthalte in Preußen ein
leichter Schlaganfall getroffen, von dein er sich nicht ganz wieder erholte. Sechs
Jahre nach seinem Uebertritt zur reformirten Kirche übergab er feinem Sohn
die Regierung, zog in ein Privathaus und starb nach einem Monat, erst 4et
Jahre alt, aber des Lebens müde.

So tief war durch den Uebertritt Johann Sigismund's zur reformirten
Kirche die lutherische Bevölkerung erregt, daß man in Brandenburg, als ein
Jahr vor dem Tode des Kurfürsten in Böhmen der dreißigjährige Krieg aus-
gebrochen war, dem Kaiser den Sieg über die Böhmen, also über die prote¬
stantischen Glaubensgenossen wünschte, nur weil diese der reformirten Kirche
angehörten.

Dem neuen Kurfürsten Georg Wilhelm versagten die Stände in Preußen
die Erbhuldigung, weil er reformirten Glaubens sei. Er war ein haltloser
Mann, der in diesen schwierigen Kriegszeiten schwankend und meist fehlgreifend
einem Katholiken, dem Kanzler Adam von Schwarzenberg, die Regierung an¬
vertraute. Als der Kurfürst einer Schaar von 2 -MM englischen Soldaten,
welche König Jakob von England seinem Schwiegersohn, dem Winterkönig, zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/184>, abgerufen am 22.07.2024.