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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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bemerkte man wieder einen Aufschwung der Historienmalerei, und im Jahre
1875 "konstatirte, so heißt es in der Vorrede wörtlich, der Minister des öffent¬
lichen Unterrichts und der schönen Künste offiziell eine allgemeine Rückkehr zu
den ernsten Studien und endlich, im Jahre 1876, konnte er auf den außer¬
gewöhnlichen Glanz einer Kunstausstellung hinweisen, in der man der herrlichen
Bewegung einer Renaissance beiwohnte." Obwohl man den Direktor der
schönen Künste, den Marquis de Chennevicres, unter dessen Amtsführung der
offizielle Katalog noch erschienen ist, sicherlich allzu starker republikanischer
Neigungen nicht verdächtigen darf, wird man doch in jener historischen Dar¬
stellung den Stolz nicht verkennen, mit welchem die Republik sich die Verdienste
um die Hebung der ^rancls xsiuwrg beimißt. Im Jahre 1867, d. h. als das
zweite Kaiserreich im Zenith seines Glanzes stand, war die Historienmalerei
in Verfall gerathen. Während der Jahre 1873--1876 ist sie wieder, unter
den schützenden Fittigen der Republik, zu ihrem alten Glänze emporgediehen
Und heute, im Jahre 1878, wo die Republik sich mit der Gloriole einer Welt¬
ausstellung schmücken konnte, hat die Malerei großen Stils wieder die alte
Stellung eingenommen, die sie während des Kaiserreichs verloren hatte! Kommt
her und glaubt! Ein riesiges Historienbild reiht sich an das andere, und alle
sind sie in den Jahren 1873--1877 geschaffen worden, in den Jahren der
Republik!

Aber was ihr hier seht, so heißt es in der Vorrede weiter, ist nur ein
Bruchtheil von dem, was wirklich auf diesem Gebiete geleistet worden ist. Man
muß die großen Wandmalereien hinzunehmen, die seit 1867 innerhalb der öffent¬
lichen Bauten, der Kirchen, der Verwaltnngsgebäude des Staates und der
Städte ausgeführt worden sind. Es werden aus Paris zitirt: die Wand¬
malereien in der großen Oper, im Palais des Ordens der Ehrenlegion, im
Justizpalast, in der Kirche Sainte-Genevieve und Trinite; ans den Provinzen:
die Wandgemälde in den Museen von Marseille und Amiens, im Stadthaus
von Polders, in den Theatern von Bordeaux und Reims. Endlich enthält die
Vorrede noch ein paar interessante Zahlen, die ein Helles Licht auf die fran¬
zösischen Künstlerverhältnisse werfen. Wenn mau ihnen glauben darf, beträgt
die Zahl derjenigen französischen Maler, die bereits Werke im "Salon" aus¬
gestellt haben, 5000. Durchschnittlich werden zu dieser Jahresausstellung 4000
Gemälde eingesandt, von denen 2--3000 zur Ausstellung gelangen. Jeder
Künstler hat dabei nur das Recht, zwei Gemälde einzusenden. Im "Salon"
von 1878, der mit besonderem Glänze in Seene gesetzt worden ist, beträgt die
Anzahl der Oelgemälde 2330, die Summe der Gemälde, Zeichnungen, Aqua¬
rellen, Miniaturen u. s. w. 3987, die Gesammtsumme der ausgestellten Kunst¬
werke überhaupt einschließlich der Skulptur und der Architektur 4985. Die


Grenzboten III. 1873. Is

bemerkte man wieder einen Aufschwung der Historienmalerei, und im Jahre
1875 „konstatirte, so heißt es in der Vorrede wörtlich, der Minister des öffent¬
lichen Unterrichts und der schönen Künste offiziell eine allgemeine Rückkehr zu
den ernsten Studien und endlich, im Jahre 1876, konnte er auf den außer¬
gewöhnlichen Glanz einer Kunstausstellung hinweisen, in der man der herrlichen
Bewegung einer Renaissance beiwohnte." Obwohl man den Direktor der
schönen Künste, den Marquis de Chennevicres, unter dessen Amtsführung der
offizielle Katalog noch erschienen ist, sicherlich allzu starker republikanischer
Neigungen nicht verdächtigen darf, wird man doch in jener historischen Dar¬
stellung den Stolz nicht verkennen, mit welchem die Republik sich die Verdienste
um die Hebung der ^rancls xsiuwrg beimißt. Im Jahre 1867, d. h. als das
zweite Kaiserreich im Zenith seines Glanzes stand, war die Historienmalerei
in Verfall gerathen. Während der Jahre 1873—1876 ist sie wieder, unter
den schützenden Fittigen der Republik, zu ihrem alten Glänze emporgediehen
Und heute, im Jahre 1878, wo die Republik sich mit der Gloriole einer Welt¬
ausstellung schmücken konnte, hat die Malerei großen Stils wieder die alte
Stellung eingenommen, die sie während des Kaiserreichs verloren hatte! Kommt
her und glaubt! Ein riesiges Historienbild reiht sich an das andere, und alle
sind sie in den Jahren 1873—1877 geschaffen worden, in den Jahren der
Republik!

Aber was ihr hier seht, so heißt es in der Vorrede weiter, ist nur ein
Bruchtheil von dem, was wirklich auf diesem Gebiete geleistet worden ist. Man
muß die großen Wandmalereien hinzunehmen, die seit 1867 innerhalb der öffent¬
lichen Bauten, der Kirchen, der Verwaltnngsgebäude des Staates und der
Städte ausgeführt worden sind. Es werden aus Paris zitirt: die Wand¬
malereien in der großen Oper, im Palais des Ordens der Ehrenlegion, im
Justizpalast, in der Kirche Sainte-Genevieve und Trinite; ans den Provinzen:
die Wandgemälde in den Museen von Marseille und Amiens, im Stadthaus
von Polders, in den Theatern von Bordeaux und Reims. Endlich enthält die
Vorrede noch ein paar interessante Zahlen, die ein Helles Licht auf die fran¬
zösischen Künstlerverhältnisse werfen. Wenn mau ihnen glauben darf, beträgt
die Zahl derjenigen französischen Maler, die bereits Werke im „Salon" aus¬
gestellt haben, 5000. Durchschnittlich werden zu dieser Jahresausstellung 4000
Gemälde eingesandt, von denen 2—3000 zur Ausstellung gelangen. Jeder
Künstler hat dabei nur das Recht, zwei Gemälde einzusenden. Im „Salon"
von 1878, der mit besonderem Glänze in Seene gesetzt worden ist, beträgt die
Anzahl der Oelgemälde 2330, die Summe der Gemälde, Zeichnungen, Aqua¬
rellen, Miniaturen u. s. w. 3987, die Gesammtsumme der ausgestellten Kunst¬
werke überhaupt einschließlich der Skulptur und der Architektur 4985. Die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/153>, abgerufen am 22.07.2024.